Im Dresdner Residenzschloss liegen die Wurzeln der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden (SKD). Aus Münzkabinett, Rüstkammer und Kunstkammer entstand in den vergangenen 500 Jahren einer der weltweit wichtigsten Museumsverbünde. Nach seiner Zerstörung im Zweiten Weltkrieg begann 1986 der Wiederaufbau des Residenzschlosses. Heute ist es ein Geflecht aus restaurierten, rekonstruierten und neu entworfenen Bauteilen; ein hybrides, artifizielles und mehrdeutiges Gebilde, Identitätsgenerator und eine Geschichtskonstruktion zugleich.
Als Wissens- und Kunstspeicher wird das Residenzschloss nun durch ein Archiv der Gegenwart ergänzt. Hier werden Werke aus der Schenkung Sammlung Hoffmann – einer der bedeutendsten Schenkungen in der jüngeren Geschichte der SKD –, aber auch aus dem Kupferstich-Kabinett, dem Kunstfonds und dem Albertinum gezeigt. So wird das Residenzschloss verstärkt zu einem Ort, an dem neben der Geschichte des Sammelns auch das Sammeln in der Gegenwart vielfältig sichtbar wird. Ein Ort für einen Austausch zwischen den Jahrhunderten.
Mit jährlich wechselnden Schwerpunkten will die Kunstkammer Gegenwart somit ergänzende und verdichtete Einblicke in die großen und beständig wachsenden Schätze zeitgenössischer Kunst der SKD geben.
Die erste Präsentation in der ehemaligen Fürstengalerie versammelt Werke von Ashley Bickerton, Christian Boltanski, Joseph Beuys, Peter Bux, Miriam Cahn, Jake & Dinos Chapman, Tracey Emin, Eberhard Havekost, Georg Herold, Candida Höfer, Nan Goldin, Janet Grau, Bertram Kober, Dieter Roth, Frank Stella, Yoshihiro Suda und Hiroshi Sugimoto und kreist um die Leitworte Speichern, Erinnern, Verwandeln. Damit verbundene Fragen, wie „Was wird in Museen gespeichert?“, „Wie funktionieren Kunstwerke als Gedächtnis, als Behältnisse für das Flüchtige?“ und „Wie verwandeln sie sich im Laufe der Zeit?“ werden thematisiert.
Für das Anliegen eines verdichteten Einblicks in die eigenen Sammlungsbestände entwarf der Designer Konstantin Grčić eine modulare Struktur, die als wandumspannendes Gerüst an die Einrichtung eines Depots erinnert und je nach Bedarf der ausgestellten Kunstwerke in den nächsten Jahren verändert werden kann. Neben der Inspiration durch und die Nutzung von industriell gefertigten Elementen ist der respektvolle, distanzwahrende Umgang mit der Bestandsarchitektur ein Kennzeichen von Grčićs Entwurf, der den gegebenen Raum unberührt lässt. Dem folgt auch die grafische Gestaltung des Büros HelloMe, die ihrerseits von den Aspekten des Archivierens und Sortierens geprägt ist.
Dem Anliegen, der Öffentlichkeit Einblicke in die für Museen jenseits des Ausstellens relevanten Tätigkeitsfelder zu geben, entspricht auch eine Schauwerkstatt, in der der konservatorische und restauratorische Umgang mit fragilen Materialien der zeitgenössischen Kunst anhand konkreter Projekte dargelegt wird. Zum Auftakt wird hier das „Zweite Modell der Kunsthalle Dresden“ aus den frühen 1990er-Jahren des Künstlers Frank Stella restauriert. Das Architekturmodell geht auf die damalige Initiative des Sammlerpaares Erika und Rolf Hoffmann zurück, in Dresden eine Kunsthalle für zeitgenössische Kunst zu erbauen. So erinnert die erste Präsentation der Kunstkammer Gegenwart an jenen aufregenden Versuch, in unmittelbarere Nachbarschaft des Zwingers die Gegenwartskunst zu verankern; ein Projekt, das den Beginn des Austauschs der Sammlung Hoffmann mit Dresden markierte.
In der Kunstkammer Gegenwart treffen die Besucher*innen zudem auf das Team der „Transformer“, die für Austausch zur Verfügung stehen. Das Format ist von der Idee einer transformativen und ermächtigenden Vermittlungsarbeit geleitet, die den Austausch sucht, um (Ver-)Lernprozesse auf Seiten der Institution anzustoßen und zu vertiefen. Dies ist ein erster Schritt zur Vorbereitung einer engen Zusammenarbeit der SKD mit der Technischen Universität Dresden und der Hochschule für Bildende Künste (HfBK) Dresden mit dem Ziel, gemeinsam und im Austausch mit Studierenden progressive Vermittlungsansätze zu entwickeln.
Residenzschloss ∙ Taschenberg 2 ∙ 01067 Dresden
www.skd.museum
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