Carol Rama (1918–2015) gehört zu den herausragenden Künstlerinnen der Moderne, die trotz ihres eindrucksvollen facettenreichen Schaffens erst spät zu Ruhm gelangten. Die Schirn Kunsthalle Frankfurt präsentiert die Turiner Künstlerin vom 11. Oktober 2024 bis zum 2. Februar 2025 in einer ersten umfangreichen Überblicksausstellung in Deutschland mit rund 120 Arbeiten aus allen Schaffensphasen ihres außergewöhnlichen Gesamtwerks.
Sexualität, Wahn, Krankheit, Tod – es sind die großen menschlichen Themen und elementaren Erfahrungen, denen Rama ihre Kunst widmete. Mit Darstellungen weiblicher Lust bereitete sie in den 1940er-Jahren heutiger feministischer Kunst den Weg. Unabhängig von Schulen und künstlerischen Gruppierungen schuf die Autodidaktin in rund 70 Jahren ein unkonventionelles und zudem sehr persönliches Œuvre. Ramas Schaffen zeichnet sich durch große Experimentierfreude aus und entzieht sich einfachen Kategorisierungen. Von ihren künstlerischen Anfängen in den 1930er-Jahren bis in die frühen 2000er-Jahre erfand sie sich etwa alle zehn Jahre mit unterschiedlichen Werkgruppen stetig neu und blieb sich dabei selbst gänzlich treu. Als eine Meisterin ikonoklastischer Verfahren ging sie formal wie inhaltlich immer wieder an die Grenzen von künstlerischen und gesellschaftlichen Konventionen. Ihr langes Leben verbrachte Rama in Turin, wo sie in ihrer als Gesamtkunstwerk gestalteten Atelierwohnung im Dachgeschoss der Via Napione 15 lebte und arbeitete. Bestens vernetzt, versammelte sie einen Kreis Intellektueller und Künstler*innen um sich und war dennoch lange Zeit außerhalb Italiens eher unbekannt. Internationale Werkschauen und hohe Auszeichnungen wie etwa 2003 den Goldenen Löwen der Biennale von Venedig für ihr Lebenswerk erhielt sie erst in hohem Alter.
Die Ausstellung in der Schirn präsentiert das Gesamtwerk der Künstlerin mit Hauptwerken aus allen Werkphasen, darunter Ramas mittlerweile legendäre frühe Aquarelle, eindringliche expressive Porträts in Öl auf Leinwand, abstrakte Gemälde aus ihrer Zeit als Mitglied im Movimento per l’Arte Concreta, sensationelle Materialbilder und Objektmontagen in surrealistischer Tradition sowie minimalistische Werke aus Stoff und industriellen Materialien bis hin zu ihren späten, erneut figurativen Bildern und Zeichnungen.
Die Ausstellung wird gefördert durch die Dr. Marschner Stiftung und den Verein der Freunde der Schirn Kunsthalle, mit zusätzlicher Unterstützung durch die Georg und Franziska Speyer’sche Hochschulstiftung.
Sebastian Baden, Direktor der Schirn Kunsthalle Frankfurt, über die Ausstellung: „Carol Rama gelang es, mit ihrer Kunst elementare Erfahrungen, abgründige Fantasien und unscheinbar Alltägliches in ein kraftvolles, eigenständiges Werk zu übersetzen. Die Schirn stellt diese herausragende Persönlichkeit und Rebellin der Moderne nun erstmals mit einer großen Überblicksschau in Deutschland vor. In der Fachwelt ist sie längst eine hochangesehene Künstlerin, deren Ausstellung dem Publikum einige wahre Entdeckungen bietet. Sie ermöglicht die Begegnung mit Ramas unkonventionellem Gesamtwerk und ihrem Leben, das nahezu ein ganzes Jahrhundert umfasst.“
Martina Weinhart, Kuratorin der Ausstellung, über die Künstlerin: „Ramas Werke sind von einer persönlichen Kultur geprägt, die ihnen eine verführerische Unmittelbarkeit und Authentizität verleiht. ‚Alles und nichts ist autobiografisch‘, sagte die Künstlerin, und das ist vielleicht der Kern, mit dem sich ihr gesamtes Schaffen fassen lässt. Als Frau in einer Welt, in der nicht nur die Kunst von Männern dominiert wurde, blieben künstlerische Freiheit und Selbstermächtigung ihre lebenslangen Themen. Dabei verschmolz ihr Werk mit ihrer imposanten Erscheinung, mit ihrer Biografie, mit ihrem spektakulär gestalteten Turiner Studio, das für sich bereits als Gesamtkunstwerk gelten kann. Nicht selten wurde durch die Inszenierung dieser schillernden Persona der Blick auf ihr einzigartiges künstlerisches Werk auch abgelenkt.“
SCHIRN KUNSTHALLE FRANKFURT
Römerberg
D-60311 Frankfurt am Main
www.schirn.de
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