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Casa Río. Die Lehren der Flut

8. 11. 2024 - 22. 03. 2025 | Künstlerhaus Stuttgart
Eingabedatum: 08.11.2024

Casa Río. Die Lehren der Flut

Casa Río, Aktivierung des Tisches zum biokulturellen Dialog, Oktober 2024. Foto: Pablo Ungarobilder


Was ist ein Fluss? Es gibt folgendes Sprichwort: „Ein Fluss ist das, was fließt, und das, was in seinem Strom auftaucht.“

Ein Fluss ist nicht nur die tiefe Strömung des Hauptstroms, sondern umfasst auch die Nebenflüsse mit all ihren Verzweigungen und Quellen, die sich ausbreitenden und zurückziehenden Gewässer, die schimmernden Auen und feuchten Wiesenböden. Ein Fluss endet nur an den Grenzen seines Wassereinzugsgebietes - in diesem Fall das La-Plata-Becken, das Teile von Argentinien, Uruguay, Paraguay, Bolivien und Brasilien umfasst.

Casa Río ist eine ökologisch aktivistische NRO, die Kunst als transformative Praxis an der Basis der Bevölkerung einsetzt. Casa Río ist in erster Linie ein realer Ort – ein “River House” und ein “Building Power Lab” – inmitten vieler alternativer Gemeinschaften an der Mündung des Río de la Plata in Argentinien, eine kurze Zugfahrt südlich von Buenos Aires. Das Kollektiv ist auch Teil von Wetlands Without Borders, einer Allianz für die gesamte Region, die schon seit über 30 Jahren für eine vielfältige Bevölkerung und alternative Entwicklungsformen kämpft. Die Lehren der Flut, eine Erweiterung der Rivermap-Atmosphäre im Künstlerhaus Stuttgart, bietet einen besonderen Einblick in dieses Wassereinzugsgebiet heute und offenbart dessen Zustand nach drei Jahrzehnten räuberischer, neoliberaler Entwicklungen an der sogenannten “Soybean Frontier”, welche ganze lateinamerikanische Biome in den Weltmarkt drängt.

Das Schöne ist, dass der Paraguay-Paraná trotz allem immer noch ohne Dämme oder Deiche über viertausend Kilometer als offener Fluss fließt, vom Pantanal-Feuchtgebiet bis zum Südatlantik. Das bedeutet, dass sich das Wasser immer noch in einem saisonalen Hochwasserimpuls mit dem Boden vermischt und neben natürlichen auch menschliche ökologische Nischen schafft. Und dieses Fortbestehen ist ein lebendiger Beweis dafür, wie viele Menschen sich über Landesgrenzen, Sprachen, Kontinente und Jahrzehnte hinweg für den Erhalt des Lebens am Fluss eingesetzt haben. Casa Río wendet sich an alle, denen die Umwelt der Feuchtgebiete am Herzen liegt. Das Kollekiv produziert Kunst und Informationen, entwirft und fördert Gesetze, führt ökosoziale Wiederherstellungsprojekte durch, organisiert und beteiligt sich an vielen lokalen Initiativen, unterstützt Forderungen im Rahmen von Wetlands Without Bordersund arbeitet mit internationalen Kolleg*innen und Partner*innen zusammen, alles mit der Idee, „biokulturelle Korridore“ zwischen Lebensräumen zu öffnen, die von Natur aus sozial und ökologisch sind. Kunst wird hier als kollektive ästhetische Begegnung, die zu einer Auseinandersetzung mit der Umgebung, dem Land, dem Wasser, den Anderen und den Nicht-Menschen führt, nicht nur neu konzipiert sondern auch durchgeführt.

Gleichzeitig zeigt Die Lehren der Flut konstant zwei Seiten: Die biokulturellen Korridore werden ständig mit den Realitäten der unternehmerischen Ausbeutung, den Förderkorridoren, konfrontiert. Der breite Kanal des Flusses ist der erste von ihnen. Genmanipuliertes Getreide ergießt sich auf endlose Reihen von Hochseefrachtern, die den Hauptstrom der ausgebaggerten und bewirtschafteten Wasserstraße befahren. Und alles andere im Flussbecken folgt demselben industriellen Entwicklungspfad, insbesondere die weit entfernten Wälder am Rande des Wassereinzugsgebiets, die in verheerenden Brandrodungen zerstört werden, wenn sie nicht für Sojabohnen, Futtermittellager oder Tagebaue abgeholzt werden. Der Grundgedanke hinter dieser doppelten Kartierung der gegenwärtigen Situation ist, dass jedes Gebiet gleichzeitig biokulturell und extraktiv ist, weder Zuflucht noch Apokalypse, sondern ein dramatisches Zusammenspiel von Welten.

Der Begriff „metabolic rift“ ist für Casa Río in den letzten Jahren zu einem Schlüsselwort geworden. Er verweist auf eine weltumspannende Kraft hin, die die biogeochemischen Kreisläufe auf der Ebene des Erdsystems unterbricht, mit spürbaren Folgen. Berghänge werden abgetragen, tiefe Löcher in den Boden gegraben, riesige Dämme werden unaufhaltsam gefüllt, gigantische Propellermaschinen drehen sich. Ganze Wälder verschwinden in einem Jahr oder einem Jahrzehnt. Flüsse überschwemmen wie nie zuvor - oder versiegen in der Dürre. Auch du wirst diese Dinge erleben.

Also komm vorbei, um diese zwei Seiten zu sehen. In Die Lehren der Flut geht es um die Gegenwart und die Zukunft. Versuche dir ein fernes Land vorzustellen. Spüre deine eigene lokale Flusslandschaft. Finde einen Weg hinunter zum Fluss. Lass es regnen.
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Künstlerhaus Stuttgart
Reuchlin 4b
Stuttgart 70178
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