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Tuấn Andrew Nguyễn. When Water Embraces Empty Space

30.10.24 - 5.1.2025 | Haus für Medienkunst, Oldenburg
Eingabedatum: 26.10.2024

Tuấn Andrew Nguyễn. When Water Embraces Empty Space

Tuấn Andrew Nguyễn, When Water Embraces Empty Space, still, work in progress, 2024, courtesy of the artistbilder


In seiner neuesten Arbeit thematisiert der vietnamesisch-amerikanische Künstler die deutsche Kolonialgeschichte des heutigen Papua-Neuguineas. Er setzt sich mit dem Luf-Boot auseinander, das sich in den ethnologischen Sammlungen des Humboldt Forums in Berlin befindet. Nicht zuletzt durch die Publikation von Götz Aly ist eine Debatte um die Provenienz des Bootes entbrannt – Nguyễn nähert sich der Geschichte des Bootes künstlerisch in mehreren Videoinstallationen sowie mit einer Reihe von Objekten, die er in Zusammenarbeit mit den Nachfahren der damaligen Einwohner von Luf produziert.

Die Bilder eines majestätischen, handgeschnitzten Holzbootes stehen im Mittelpunkt der Einzelausstellung von Tuấn Andrew Nguyễn, When Water Embraces Empty Space. Videoinstallationen und Objekte, die im gesamten Haus verteilt sind, erzählen die bis in die Gegenwart reichende Geschichte dieses Boots. Das Luf-Boot, ein 16 Meter langes Ausleger-Segelboot, ist nach der Insel Luf in Papua-Neuguinea benannt, von der es stammt. Generationen von Menschen, die in Berlin aufgewachsen sind, kennen dieses großartige Objekt von Schulausflügen in das Ethnologische Museum in Dahlem. Seit 2020 befinden sich Stücke aus der Sammlung dieses Museums im Humboldt Forum, wo das Luf-Boot als Prunkstück der Institution präsentiert wird.

Das Humboldt Forum gab 2021 ein Video-Interview mit Nachfahren der wenigen Menschen von Luf in Auftrag, die die koloniale Gewalt überlebt hatten. Darin äußerten sie den Wunsch, das Boot zu sehen. Sie bedauerten, dass ihre Gemeinschaft das Wissen verlor, wie man solche Schiffe baut, und sie formulierten die Hoffnung, eine neue Verbindung zu dem Boot herzustellen.

An diesem Punkt setzten Tuấn Andrew Nguyễns Erkundungen an. In Zusammenarbeit mit dem Edith-Russ-Haus für Medienkunst in Oldenburg gelang es ihm, diese Delegation aus dem Video des Humboldt Forums nach Berlin zu holen und eine Begegnung mit dem Boot zu ermöglichen. Diese Begegnung wird in der Arbeit des Künstlers dokumentiert: Die Gruppe reflektiert über die Begegnung und die Möglichkeit, ein Boot nachzubauen - den Nachbau vielleicht gegen das Original auszutauschen?

Der Künstler sieht im Luf-Boot eine Brücke zwischen der Vergangenheit und der Zukunft, zwischen der vorherrschenden Erzählung des deutschen Kolonialismus und den ausgelöschten Geschichten der Menschen in Papua-Neuguinea. Es ist eine Brücke zwischen Fakt und Fiktion, zwischen Zeugnis und Resilienz.

Aufregung um dieses Boot gab es zuletzt 2021, denn der Historiker Götz Aly hat in seinem Buch Das Prachtboot aufgedeckt, dass hinter der Ankunft des Luf-Boots in Berlin eine düstere und beunruhigende Geschichte steht. Das Objekt ist untrennbar verbunden mit der anhaltenden Gewalt, die von der kaiserlichen Marine und deutschen Kaufleuten auf die Bevölkerung von Papua-Neuguinea ausgeübt wurde. Der Wald und die natürlichen Lebensgrundlagen der Insel wurden zerstört und durch Plantagen ersetzt, auf denen die indigene Bevölkerung Zwangsarbeit leisten musste; indigene Frauen wurden von den Kolonisatoren vergewaltigt. Wenn sich Menschen auf der Insel gegen diese Grausamkeiten wehrten, befahl die kaiserliche Krone – wie im Fall von Luf – ihre Tötung durch sogenannte „Strafexpeditionen“.

Nach ihrer ersten Station in Oldenburg wird die Ausstellung in The Showroom, London und in The Goldfarb Gallery der York University in Toronto gezeigt.

Kuratiert von Edit Molnár und Marcel Schwierin.

EDITH-RUSS-HAUS für Medienkunst
Katharinenstraße 23
D-26121 Oldenburg
www.edith-russ-haus.de

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