Mit dieser Ausstellung setzt das Haus der Kunst sein Engagement für herausragende Positionen skulpturalen Schaffens in der zeitgenössischen Kunst fort. Zu den bisherigen Präsentationen gehört die Ausstellung "Skulpturales Handeln" (2011). Den Objekten, die dort gezeigt wurden, waren die Handlungen eingeprägt, die zu ihrem Entstehen geführt haben: das Umweben, Reißen, Falten, Biegen oder Zerdrücken von Material. Die Installation von Manfred Pernice vom Herbst 2013 für die zentrale Mittelhalle bewegt sich in der vieldeutigen Zone zwischen Beständigkeit und Unbeständigkeit und kombiniert Versatzstücke früherer Arbeiten (DER ÖFFENTLICHKEIT - VON DEN FREUNDEN HAUS DER KUNST. Manfred Pernice, Tutti IV). "The Autoconstrucción Suites" des in Mexiko geborenen Künstlers Abraham Cruzvillegas stellt nun ein spannendes gedankliches Konzept von Skulptur in ihrem urbanen und sozialen Zusammenhang vor.
"Ich will keine Modelle von Armeleute-Architektur vorzeigen. Vielmehr möchte ich Wissen und Verständnis vermitteln, wie menschliches Handeln Formen erzeugt. Buckminster Fuller hat einmal gesagt, dass man die Materie nach Sympathie ordnen sollte; dieser Idee folge ich nicht nur in meiner dreidimensionalen Arbeit, sondern auch, wenn ich Objekte, Bilder und Geräusche sammle." Abraham Cruzvillegas
Im Laufe der letzten zehn Jahre hat Abraham Cruzvillegas (geb. 1968) ein Œuvre geschaffen, das sein Interesse an Form und Materie der Gegend von Ajusco spiegelt, einer Vulkanlandschaft südlich von Mexiko-Stadt. Dort entstand in den 1960er-Jahren im Zuge einer Landflucht eine Eigenbausiedlung. Grund für die Landflucht war die staatliche Vernachlässigung landwirtschaftlicher Produktion zugunsten der industriellen Entwicklung, die als Erfolgsrezept galt. Die zahlreichen in Mexiko-Stadt eingetroffenen Immigranten befanden sich wirtschaftlich in einer prekären Lage. So besaßen ihre Unterkünfte oft weder Fundament noch Bauplan, und die Materialien und Bautechniken, die sie verwendeten, waren meist improvisiert; man nahm, was in der Gegend zur Verfügung stand.
Die Eigenbauten in Ajusco spiegelten die konkreten Bedürfnisse der beteiligten Familien, ihr Wachstum, ihre Krisen und ihre Anpassung an wichtige Ereignisse: Jemand brauchte ein extra Zimmer, musste ein Dach umbauen, wollte diesen oder jenen Raum ändern oder beseitigen. Am Entstehen der Eigenbausiedlung war die gesamte Gemeinschaft von Familienmitgliedern und Nachbarn beteiligt. Die autoconstrucción (Eigenbau) war damit in der Regel ein Ergebnis menschlicher Solidarität. Abraham Cruzvillegas hat selbst in der Siedlung Ajusco gelebt und "in den ersten zwanzig Jahren seines Lebens" den langsamen Bau seines Elternhauses beobachtet und mitgestaltet.
In dem Video "Autoconstrucción: A Dialogue between Ángeles Fuentes and Rogelio Cruzvillegas" (2009) - den Eltern des Künstlers - wird deutlich, dass bei der kollektiven Erschaffung von städtischem Raum auch der Zugang zu Wasser und Bildung sichergestellt werden sollte. Ángeles Fuentes erinnert sich daran, wie das Duschwasser der Familie, das nur mit größter Mühe zu besorgen war, nachher dazu verwendet wurde, die ungepflasterten Straßen zu planieren - der private und der öffentliche Raum wuchsen gleichzeitig. Sie erzählt auch, wie Frauen eine Avenida mit Schmutzwäsche blockierten, um Zugang zur Wasserversorgung einzufordern, oder wie sie unabhängige Volksschulen organisierten. Ihre Protestaktionen begleiteten die Frauen mit dem Schlachtruf "No somos machos pero somos muchas" ("Wir sind keine Männer, aber wir sind viele").
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