Die Ausstellung »Streamlines - Ozeane, Welthandel und Migration« ist ein Meilenstein in der Geschichte der Deichtorhallen. Sie zeigt vom 4. Dezember 2015 bis 13. März 2016 nicht nur hochaktuelle, unseren Erfahrungsraum erweiternde Kunst, sondern verbindet erstmals die Globalisierung von Kunst und Kultur mit der Geschichte Hamburgs als Hafenstadt und seiner gegenwärtigen wie prospektiven Bedeutung als »Tor zur Welt«. Ein konzeptueller Bezug auf die von Hamburg ausgehenden Seehandelswege ergibt sich
schon durch die direkte Hafennähe der Deichtorhallen. Diese Lage und die koloniale Vergangenheit der Hansestadt bilden die Ausgangspunkte für eine genreübergreifende, größtenteils ortsspezifische Arbeiten umfassende Ausstellung in der Halle für aktuelle Kunst.
Zusammengestellt von Koyo Kouoh, Gründungsdirektorin der RAW Material Company und Kuratorin der 2016 EVA International—Ireland's Biennial, beschäftigen sich 15 künstlerische Projekte zu Seewegen, Flucht, Hafen und Welthandel mit den Ozeanen als »sechstem Kontinent«. Seit dem 15. Jahrhundert werden die globalen Warenströme über die Weltmeere gelenkt und entwickeln sich die Wasserwege zu zentralen Lebensadern der Weltwirtschaft. Die Ozeane verwandeln sich in einen gewaltigen transkulturellen Kontinent, verbinden Menschen und Dinge, schaffen eigene Welterlebnisse. Die Beherrschung der Wasserwege, die immer auch Wege zur Entdeckung neuer Welten waren, ist nun
ökonomisch und geopolitisch von größter Bedeutung. Seit Beginn des 20. Jahrhunderts reagieren die Künstler unmittelbar auf das Fremde und versuchen damit feste Grenzen zu verwischen, ja gar aufzulösen. Die Ausstellung »Streamlines« präsentiert Werke unterschiedlichster Ausrichtung: In Zeichnungen, Collagen, textilen und skulpturalen Arbeiten, in Fotografien und Filmen zeigen die Künstler die Meere so, wie sie sind, nämlich als ein Areal der Menschen- und Warenströme, der dramatischen Übergänge, der Kommunikations- und Informationsströme.
»Streamlines« macht die Ozeane zum metaphorischen Fokus, um die kulturellen Auswirkungen des globalen Handels und Warenstroms vom Süden in den Norden zu untersuchen. Die Ausstellung regt zum Nachdenken darüber an, wie Ozeane genutzt werden: Wie kann man soziale, politische und wirtschaftliche Ungleichheiten durch die Meere veranschaulichen, wie den Status unsichtbarer Grenzen und den Begriff Eigentum in Bezug auf die Ozeane verstehen? Wie deutet man Migrationsströme? Wer erlässt Gesetze für dieses allumfassende und seltsame Gebiet der Meere? Nicht nur die europäische Sehnsucht nach dem Exotischen hat das Gesicht der Welt verwandelt, etwa durch den Einfluss der außereuropäischen Kunst- und Kultobjekte auf die moderne Kunst. Auch der Handel und die Einfuhr von Rohstoffen wie Kakao, Baumwolle oder Gold aus anderen Kontinenten hat unsere Lebensgewohnheiten unwiderruflich geprägt.
Für die Ausstellung wurden zeitgenössische Künstlerinnen und Künstler aus verschiedenen Teilen der Welt eingeladen. Sie kommen aus Regionen, bei denen eine enge historische Verbindung mit dem Hamburger Hafen besteht. Hierzu gehören Asien, Lateinamerika, Afrika und natürlich auch Europa. In den Kunstwerken geht es um Migration, Mobilität, die Hoffnung auf ein besseres Leben, um globalisierten Warenverkehr, die Isolation auf der See, Arbeitsbedingungen, die verlorene Beziehung zur Heimat, um geografische Grenzziehungen und psychologische Entfremdung. Die Erfahrungen, die der Betrachter in der Ausstellung macht, werden von künstlerischen Strategien geleitet, für die Begriffe wie Aktion, Konsum, Konfrontation, Umgestaltung, Teilnahme und Narration bestimmend sind. So ist diese Schau über die Geopolitik der Meere auch als ein Kompendium kritischer, transnationaler künstlerischer Interpretationen zu lesen: Sie versammelt humanistische und ästhetische Reaktionen auf die Herausforderungen der Geschichte, der Politik und unserer Umwelt.
BETEILIGE KÜNSTLER UND SCHRIFTSTELLER:
Kader Attia, Mark Boulos, Peter Buggenhout, Ken Bugul, Godfried Donkor, Theo Eshetu, Joana Hadjithomas, Alfredo Jaar, Khalil Joreige, Bouchra Khalili, Abdoulaye Konaté, Otobong Nkanga, Arin Rungjang, Thomas Rentmeister, Ulrike Ottinger, Wendelien van Oldenborgh
Deichtorhallen Hamburg,
Deichtorstr. 1-2
20095 Hamburg,
deichtorhallen.de/
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