Seit den 1970er Jahren erforscht Marc Camille Chaimowicz den Raum zwischen Kunst, Leben und Dekoration. Er entwickelt in seinem Œuvre Interieurs und Raum-Arrangements sowie verschiedene Einrichtungsgegenstände, Gemälde, Vasen, Vorhänge, Möbel, Tapeten und andere Raumobjekte. In seiner Kunst lässt Chaimowicz die Grenzen zwischen privatem und öffentlichem Raum verschwimmen.
Seine Formensprache – in Malerei, Interieurs und Arrangements – lehnt sich an die intimistische Malerei an, dazu gehören beispielsweise Werke von Pierre Bonnard oder Édouard Vuillard von Ende des 19. Jahrhunderts. Gleichzeitig ist sie mit der Vorliebe für funktionales Design der Moderne, wie zum Beispiel von Dieter Rams oder Charles und Ray Eames verbunden.
Für die Kestner Gesellschaft entsteht die neue Installation »One to One...« (2017), eine künstlerische Auseinandersetzung, die im Maßstab 1:1 seine neue Wohnung in Vauxhall, London, aufnimmt, die parallel eingerichtet wird. Als solches wird die Ausstellung »One to One…« zum Surrogat und zur Bühne für die Gestaltung des Wohnraums im wirklichen Leben von Marc Camille Chaimowicz. In der raumgreifenden Installation wird Chaimowicz’ Wohnraum durch salbeigrüne Sockelleisten sowie gemusterte Vorhänge angedeutet. Die Wände in staubigem Rosa erinnern durch ihre provisorische Konstruktion an ein Bühnenbild. Tapezierte Campari-Flaschen markieren einen Bereich des Arbeitszimmers. Das Wohnzimmer erstreckt sich über den teilweise offenen Rahmen der Sockelleisten in den Ausstellungsraum der Kestner Gesellschaft, in dem weitere Zeichnungen und Pläne seiner Werke zu sehen sind. Eine Korkwand dokumentiert das Entstehen der Londoner Wohnung und der Ausstellung in der Kestner Gesellschaft. In Zusammenarbeit mit Lise Queinnec entstand eigens für die Ausstellung eine Foto-Serie von Chaimowicz’ Wohnung in Vauxhall.
Im zweiten Ausstellungsraum des Obergeschosses zeigt Marc Camille Chaimowicz das Werk »The Props and Wardrobe Room« (2011/2017), einen Requisiten- und Kostümraum, der sich auf das Theaterstück »Die Zofen« (1947) von Jean Genet bezieht, sowie eine Reihe von ihm entworfenen Bühnenvorhängen, die »Rideaux de scène, Théâtre Jean-Vilar, Bourgoin-Jallieu« (1991-1992). »The Props and Wardrobe Room«, ein freistehender Raum mit zwei kleinen Fenstern, erlaubt den Besucherinnen und Besuchern einen Einblick in die materielle Konstruktion der Charaktere des Stücks. Es handelt sich um ein Kammerspiel über Machtverhältnisse und menschliche Abgründe, in welchem sich Fiktion und Wirklichkeit, Rolle und Identität verwischen. Die zentralen Themen des Stücks, wie das Spiel mit Rolle und Identität oder der Übergang zwischen Bühne und intimem Raum, spiegeln sich im Œuvre von Chaimowicz wider.
Marc Camille Chaimowicz wurde nach dem Zweiten Weltkrieg in Paris geboren, er lebt und arbeitet in London und im Burgund. Einzelausstellungen von Chaimowicz waren unter anderem zu sehen in Flat Time House, London (2016); Indipendenza, Rom (2016); MD72, Berlin (2011); Nottingham Contemporary (2011); Inverleith House, Edinburgh (2011); Secession, Wien (2009); Artists Space, New York (2009) und De Appel, Amsterdam (2008). Er hat an zahlreichen Gruppenausstellungen teilgenommen, darunter im Nouveau Musée National de Monaco (2014); bei der Manifesta 10, Hermitage, St. Petersburg (2014); im Musée d'Art Moderne de la Ville de Paris, (2014); in der Tate Modern, London (2012); im SculptureCenter, New York (2011); in der Hayward Gallery, London (2010); in der Staatlichen Kunsthalle Baden-Baden (2009) und bei der 5. Berlin Biennale (2008). Die Ausstellung wird unterstützt von der Stiftung Niedersachsen und dem Förderkreis der Kestner Gesellschaft.
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