Mit Die Zugezogenen präsentieren die Kunstmuseen Krefeld die erste Einzelausstellung von Elmgreen & Dragset im Rheinland. Die Künstler werden Haus Lange so nutzen, wie es ursprünglich intendiert war: als Wohnhaus einer Familie. Elmgreen & Dragset inszenieren den Moment des Einzugs einer fiktiven deutschen Familie, die sich aufgrund des Brexit entschieden hat, aus Großbritannien nach Deutschland zurückzukehren.
Sie kombinieren ihre eigenen skulpturalen Arbeiten mit vorgefundenen Möbeln und Artefakten, um ein häusliches Setting zu kreieren. Einige Gegenstände sind bereits ausgepackt und eingerichtet, andere noch in Kartons; neben dem „Zu Verkaufen“-Schild vor dem Haus steht der alte Jaguar der Familie mit noch voll bepacktem Dachgepäckträger. Die Ausstellung nimmt auf zwei europäische und dennoch sehr verschiedene Kulturen Bezug.
Statt einer linearen Geschichte entwerfen Elmgreen & Dragset eine eher offene Erzählung. Vergleichbar dem experimentellen französischen nouveau roman der 1950er und 1960er Jahre verschränkt die Ausstellung verschiedene Geschichten und Zeitebenen und präsentiert sie neben-, nicht nacheinander. Der Zusammenbruch einer chronologisch verlaufenden Erzählung kann als eine Parallele zum drohenden Kollaps Europas gelesen werden. Die Wertvorstellungen der Moderne mit ihren Utopien für neue, fortschrittliche Lebensmodelle scheinen brüchig und nicht mehr verlässlich. Mies van der Rohe begann mit der Planung von Haus Lange 1927; das Gebäude im Bauhaus-Stil mit seinen schlichten, rechteckigen und weitgehend schmucklosen Formen zeigt beispielhaft die modernen, architektonischen Prinzipien von Funktionalität, Rationalität und Transparenz. Indem der Umzug der Familie als ein Symbol für das sich verändernde Europa präsentiert wird, reflektiert die Ausstellung die Visionen der Moderne im Licht der heutigen Realität: Inwieweit haben sich diese Ideale von aktuellen Lebensweisen und geopolitischen Situationen entfernt? Auch die
Sehnsucht nach einer verklärten Vergangenheit klingt hier an – eine Nostalgie, die angesichts der scheinbar nicht zu bewältigenden Herausforderungen der Zukunft weite Teile der europäischen Bevölkerung befällt.
Elmgreen & Dragset schreiben die Tradition ortsspezifischen Arbeitens fort, die sich im Haus Lange bereits seit den frühen 1960er Jahren etabliert hat. Ihre Intervention transformiert den Ort als Ganzes und unterstreicht die dem Haus eigene Spannung zwischen Privatheit und Öffentlichkeit, zwischen Architektur, Kunst und Gesellschaft. Häufig präsentieren Elmgreen & Dragset bereits existierende Arbeiten in neuen Kombinationen und erschaffen somit ortsspezifische Settings, die in verschiedenen Kontexten neue Bedeutungen erzeugen.
Im Haus Lange spielen sie mit der ursprünglichen Funktion als Wohnhaus für eine Familie und verwandeln die Räume in Ess- und Studienzimmer, Wohnraum, Bade- und Kinderzimmer. Einige Möbel, darunter auch Originalstücke des Hauses, decken sich mit der reduzierten Ästhetik der Architektur, während andere einen gegensätzlichen Stil verkörpern. Die Räume sind durchzogen von Doppelungen und Spiegelungen. Konkrete und symbolische Wirklichkeiten prallen aufeinander und schaffen Indizien, denen die Besucher*innen nachgehen können. Auf ihren Streifzügen durch die Räume entspinnen sich so jeweils eigene Interpretationen und Geschichten, in denen sich das Überkommene mit dem Angeeigneten, das sonst Unsichtbare mit Spuren des Vergangenen mischen.
Kunstmuseen Krefeld,
Joseph-Beuys-Platz 1,
47798 Krefeld
kunstmuseenkrefeld.de
BESUCHERADRESSEN
Museen Haus Lange / Haus Esters, Wilhelmshofallee 91-97, 47800 Krefeld
Kaiser Wilhelm Museum, Joseph-Beuys-Platz 1, 47798 Krefeld
ÖFFNUNGSZEITEN
Dienstag – Sonntag 11 – 17 Uhr
Presse
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