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Sir Nicholas Serota, Direktor der Londoner Tate Gallery, erhält den ART COLOGNE-Preis 2004 (14.9.04)


Eingabedatum: 14.09.2004

Sir Nicholas Serota, Direktor der Londoner Tate Gallery, erhält den ART COLOGNE-Preis 2004 (14.9.04)

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Seit 1988 leitet er eines der renommiertesten Kunstinstitute der Welt, die Londoner Tate Gallery mit rund 700 Mitarbeitern. Zuvor arbeitete er für das British Arts Council, führte er das Museum of Modern Art in Oxford, war er Direktor der Whitechapel Art Gallery. Sir Nicholas Serota, 1999 von der Queen geadelt, ist ein angesehener und einflussreicher Museumsmann und lenkt den Großbetrieb Tate mit Um- und Weitsicht. Seine mittlerweile 16 Jahre Tate-Dienst tun dem Institut gut, denn Museen brauchen Kontinuität, "Kontinuität in der Zusammenarbeit mit Künstlern, Sammlern, mit Kollegen im Kunsthandel. Häufige personelle Wechsel wären abträglich," sagt Sir Nicholas.

Unter Serotas Regie hat sich die Tate verändert. Bis zu Beginn der siebziger Jahre verweigerte sich das Institut jedweder Sonderschau, präsentierte in Permanenz ausschließlich seine Bestände. Erst als weltweit der Ruf erschall, die Museen der breiten Öffentlichkeit verstärkt zugänglich zu machen, folgte auch die Tate dieser Losung. Ab den neunziger Jahren, also kurz nach Serotas Dienstantritt, verfolgt die Tate eine Doppelstrategie. Seither zeigt sie weiter hin bedeutende Einzelausstellungen, rückt aber um so energischer ihre eigene Sammlung ins Licht der Öffentlichkeit: "Wir zeigen die Kollektion aus immer neuen Blickwinkeln, in ganz unterschiedlichen Zuordnungen und Zusammenhängen. Die Besucher begreifen, wofür eine Institution wie die Tate steht, was ihren Ruf rechtfertigt. Sie hegt, pflegt und erweitert ihre wunderbare Sammlung, hortet sie nicht bloß, sondern sucht sie interessant darzustellen und erfüllt die vordringlichen Erwartungen des Publikums."

Vordringlich schien Serota nach der Übernahme der Direktion eine räumliche Erweiterung der Tate. Sie eröffnete zügig Dependancen in St. Ives und in Liverpool und bezog 2000 mit Sammlungsteilen ein von Hertzog de Meuron umgebautes ehemaliges Kraftwerk von gigantischen Ausmaßen. Tate Britain und Tate Modern sind Publikumsattraktionen ohnegleichen. "Bedenken Sie bitte," sagt Serota, "bis zum Jahre 2000 existierte in London kein Museum Moderner Kunst. Die Tate stand zur Hälfte Britischer Kunst von 1500 bis zur Gegenwart, zur anderen Hälfte der Kunst des 20. Jahrhunderts zur Verfügung. Das Raumvolumen für Kunst des 20. Jahrhunderts entsprach etwa der Kapazität der Stuttgarter Staatsgalerie. Mit Tate Modern ist es uns gelungen, ein angemessenes Domizil für internationale Kunst des vergangenen Jahrhunderts zu schaffen."

Ambitionen, vergleichbar jenen Expansionsaktivitäten des Guggenheim-Museums, treiben Serota nicht: "Die Tate möchte ihre Sammlung mit jenen teilen, denen sie gehört, den Menschen im Vereinigten Königreich. Unsere Sammlungsbestände sprengen unsere Räumlichkeiten, deshalb teilen wir sie mit unseren Dependancen."

Das Dilemma der Vermittlung
Wie jedes andere Haus, steht auch die Tate vor einem schwierigen Vermittlungsproblem. Serota spricht vom "Dilemma der Museen der Modernen Kunst". Es ist eine Art Gewohnheit der Kuratoren, Kunstwerke in Ausstellungen im Rahmen eines historischen, enzyklopädischen, erzählenden Kontexts zu präsentieren. Das missfällt Serota zutiefst. Er beklagt: "Die meisten Museen akzentuieren historische Abläufe, so dass die Werke zur Nebensache eines wie auch immer gearteten Konzepts schrumpfen." Dem steuert er entgegen und möchte zuallererst "das einzelne Werk an der Wand in seiner ganzen Komplexität für den Betrachter erfahrbar machen." Erst nachdem das gelungen sei, empfiehlt sich die Hinwendung zur historischen Dimension des Kunstwerks.

Außer Frage ist die Leitung der Tate mit der Fähigkeit eines sensiblen Managements verbunden. Die Aufgaben füllen ein breites Spektrum "Ständig bin ich damit befasst," gesteht Serota, "Werke für die Sammlung zu akquirieren. Ich kooperiere mit Sammlern, Händlern und Künstlern. Das ist eine Aufgabe, die Verstand, Charme, Überzeugungskraft, Verhandlungsgeschick und dergleichen mehr voraussetzt." Und wo bleibt die Passion für die Kunst? Serota säumt sein Revier weitherziger: "All das hält mein Engagement für die Kunst lebendig. Wäre es nicht so, ich hätte den Job längst hingeworfen."

Verwunderlich, dass die Tate in für Museen schwierigen Zeiten, noch immer über ein stattliches Budget verfügt. Zwar kommen von der Regierung statt der ehemals drei Millionen Euro nunmehr nur noch eine Million Euro. Doch Förderkreise und Sponsoren stocken die Summe um weitere zwei Millionen Euro auf. Wer was wann kaufen darf, ist fein geregelt. Im Board of Trustees werden sechsmal pro Jahr mögliche Ankäufe beraten. Das Gremium delegiert Verantwortung und Ausführung an Nicholas Serota, der in einem gewissen Spielraum auch unabhängig entscheiden kann. Bis zu 100.000 Euro darf er ohne Rücksprache kaufen: "Würde ich diese Freiheit zu arg strapazieren, etwa jede Woche einen Ankauf realisieren oder mit allzu eigenwilligen Entscheidungen die Trustees bewusst provozieren, wäre meine Autorität schnell verspielt."

Mit Geduld zum Erfolg
Zu Serotas aufwendigen Neuerwerbungen gehören Werke von Beuys, Twombly und Arte Povera, Favoriten des Museumsmannes aber auch der Trustees. Serota verweist auf verpasste Gelegenheiten, insbesondere im Falle Beuys., Versäumnisse der siebziger und achtziger Jahre: "Ich bedauere, dass die Chance verpasst wurde. Jetzt haben wir keine Beuys-Sammlung, sondern eine Beuys-Repräsentation. Ich hoffe auf mehr." Mit fast fernöstlicher Gelassenheit ergänzt er: "Ich habe gelernt, Geduld zu üben. Es klappt niemals mit einem Schritt. Man braucht viele Schritte."

Ruinös auf Programm und Ankaufspolitik der Museen wirken sich, und dies nicht nur allein aus der Sicht Serotas, die gigantischen Preise auf dem Kunstmarkt aus. Auch die Tate kann da nicht mehr mithalten. Serota befürchtet, öffentliche Sammlungen müssten in Zukunft auf bestimmte Künstler verzichten, sofern diese nicht gewillt sind zu kooperieren: "Wir müssen ihnen klar machen, dass das Museum nicht Teil des Marktes ist, so dass wir über sie Werke zu Sonderkonditionen bekommen. Es liegt an den Künstlern, ob sie sich für die großen Museen entscheiden oder doch lieber für große Privatsammlungen und damit für den persönlichen Reichtum."

Kunstmessen genießen
Den Handel umgehen, geschieht offenbar aus purer Notlage heraus. "Den Galeristen sind unsere Probleme durchaus geläufig", sagt Serota, "sie sind sicherlich befremdet, wenn wir beim Künstler kaufen. Andererseits müssen sie bei den Museen oft lange auf ihr Geld warten. Als Museumsleute sind wir für unsere Häuser verantwortlich. Zu viele Rücksichten auf den Handel können wir aus Eigennutz für die Museen also nicht nehmen." Dass er für Handel, Markt und Messen nichtsdestoweniger große Sympathien hat, gibt er offenherzig zu. "Ich gehe regelmäßig zu Kunstmessen. Sie geben mir Gelegenheit, mich über den Markt zu informieren, Händler zu treffen, Leute wiederzusehen, neue Kontakte zu knüpfen. Ich genieße die Zeit auf den Messen, genieße die Überraschungen, erfreue mich an bemerkenswerten Stücken."

Den mit 10.000 Euro dotierten ART COLOGNE-Preis, verliehen vom Bundesverband Deutscher Galerien (BVDG) und der Koelnmesse, nimmt Sir Nicholas Serota mit Freude entgegen. Der diesjährige Preisträger hielt 1993 auf die damalige Preisträgerin Annely Juda die Laudatio. Er weist auf den 90jährigen Geburtstag Judas in diesem Jahre hin und ist erstaunt über die Rüstigkeit der Galeristin, die nach wie vor in ihrer Galerie tätig ist: "Sie hat der Londoner Kunstwelt jahrzehntelang gedient. Ihr und vielen anderen Preisträgern zu folgen, ist mir eine große Ehre." Für besonders bemerkenswert hält Serota, dass der Preis sowohl Persönlichkeiten aus dem Handel als auch aus den Museen zuerkannt wird. "Wie wir wissen," sagt Serota, "bilden wir eine kleine Welt. Wir arbeiten eng miteinander zusammen, und wenn wir das tun, können wir bemerkenswerte Dinge bewegen."

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