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Zur Lage der Künstler


Eingabedatum: 22.02.2005

Zur Lage der Künstler

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Der "Arme Poet" von Carl Spitzweg aus dem Jahr 1839 besitzt anscheinend immer noch seine Gültigkeit: Das Kunstmetier ist auch fast 200 Jahre später immer noch ein unsicheres Berufsfeld, das nur wenigen gewährt, gemäß ihrer langwierigen Ausbildung einen adäquaten Lohnausgleich zu genießen. Denn was bei der Großen Anfrage der CDU/CSU- und FDP-Fraktion bezüglich der "Wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung der künstlerischen Berufe und des Kunstbetriebs in Deutschland" an Fakten am Ende stehen blieb, zeichnet ein düsteres Bild.
Die Zahlen sprechen für sich: Unter den 140.000 Mitgliedern der Künstlersozialkasse verfügen gerade einmal 0,66% in Westdeutschland über ein Einkommen über der Grenze von 61.000 Euro im Jahr, im Osten sind es gerade mal 0,28%. Die jährlichen Durchschnittsbezüge beziffern sich gerade mal auf 11.100 Euro, gesetzlich Renten- und Sozialversicherte dagegen verdienen durchschnittlich 29.200 Euro.
So zeichnet sich ein wahrlich paradoxes Bild ab, das erst bei genauerer Betrachtung seine antisynergetische Wirkung zeigt: In den letzten acht Jahren sei schließlich die Beschäftigungszahl der im Bereich Kunst- und Kultur Engagierten um ganze 30% gestiegen, die Branche boome also regelrecht. Gleichzeitig schnellte allerdings auch die Zahl der in der Künstlersozialkasse Versicherten von anfangs ca. 30. bis 40.000 auf mittlerweile 140.000 hoch. Zudem stehen die demografischen Faktoren der Bundesrepublik und die erhöhte Zahl an schlecht einzahlenden Selbstständigen der Negativbilanz bei. Das Gefälle zwischen KSK- und Gesetzlich-Versicherten ist immens: Erstgenannte verfügen gerade mal über ein Drittel der Mittel zur Konsolidierung der maroden Kasse. Die Berufsanfänger" - also Künstler mit teilweise zehn Jahre währender Studienausbildung - bringen gerade mal ein Viertel davon auf.
Nun wurde also erst einmal der Abgabensatz an die Künstlersozialkasse von 4,3% auf 5,8% erhöht - ob dies die erwünschte Konsolidierung erwirkt, sei dahingestellt, die Bundesregierung jedenfalls bringe laut dem Geschäftsführer des Deutschen Kulturrat, Olaf Zimmermann, nicht wirklich das notwendige Engagement auf, "die soziale Lage der Künstler durch Maßnahmen in der Sozialgesetzgebung zu verbessern". Dabei gäbe es weitaus bessere Optionen, die leeren Kassen zu füllen - aber vielleicht will man ja erst mal auch nur die Zahl der Versicherten reduzieren...
Eine Art von Rettungsanker stellen beispielsweise Stipendien dar. In Deutschland sind elf große Stiftungen bekannt, wie etwa die parteinahe Friedrich-Ebert- oder die Konrad-Adenauer-Stiftung, die ihren Stipendiaten im Schnitt 800 Euro pro Monat zukommen lassen. Leider geht die Zahl der Auserwählten nicht konform mit den wirklichen Absolventen. Viele Künstler schreiben mehr als 20 Bewerbungen pro Jahren bis sie im Alter von 35 Jahren gar kein Anrecht mehr auf eine solche Zuwendung haben. Diese magische Altersgrenze ist demnach auch meist die Endfrist einer künstlerischen Karriere, die Aussicht auf einen Job in einem anderen Metier aufgrund der wirtschaftlichen Lage der gesamten Bundesrepublik geradezu verschwindend. Wieso werden also immer neue Museen von Mäzenen gebaut, deren Entstehungskosten vielleicht besser in einen gemeinsamen Fond für Stipendienprogramme investiert werden könnten? Schließlich ist Deutschland in der Förderung von Wissenschaftlern bereits "Weltklasse", wie Armin Himmelrath in "Campus & Karriere" bemerkte. Lediglich einem peinlichen "Young German Art"-Auftritt auf internationalen Messen wollte man seitens der Bundesregierung finanziell beistehen. Wenn kein entsprechender Nachwuchs mehr in den Startlöchern steht, bleiben wohl auch solche - durchaus löblichen - Trenderscheinungen aus.
Zudem - und das haben zahlreiche Autoren, wie etwa Günter Grass, in ihrem Brief an Christina Weiss klargestellt - steht auch generell die Frage nach den Abgaben der Verwerter im Raum. Wieso sollte nicht ein Fonds von Drittnutzern, wie sie etwa Theater darstellen, gebildet werden, in den prozentual zu den Gewinnmargen eingezahlt wird, um die Künstlersozialkasse liquid zu halten. Schließlich kann es auch nicht in deren Interesse liegen, den Künstlern eine Aussicht auf 400 Euro Rente pro Monat zu bieten, um sie dann schließlich als Produzenten von Kulturgut zu verlieren. Beim Kunsthandelsverband echauffiert man sich schließlich über die hohe Zahl an "Missbrauch" Vieler, die - gemäß ihres meist mäßig kreativen Berufs - eigentlich überhaupt nicht der Künstlersozialkasse beitreten dürften.
So düster also die ersten Erkenntnisse aus der von der Enquete-Komission veröffentlichten Zahlen sind, mindestens genauso düster dürften sie sich auch bei der endgültigen Veröffentlichung Mitte des Jahres bewahrheiten. Schließlich ist man seitens der Bundesregierung auch jetzt nicht bereit, die seit 2000 gültigen 20% an Zuschüssen wieder auf die vormals 25% zu korrigieren, auch wenn der talentierte Nachwuchs ausdünnen dürfte: Schließlich erwarten die Studienanfänger nun auch noch die vielzitierten Studiengebühren - und diese könnten ja nicht einmal mehr mit der späteren Rente bezahlt werden...

M.M.

Michael Marth - kultur-kanal.de





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