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Boris Lurie

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Olga Fröbe-Kapteyn. Anderes Wissen

verlängert bis 01.10.2023 | Kunsthalle Mainz

Wir leben in einer Zeit, in der sich viele Weichen neu stellen: Denker*innen, Aktivist*innen, Kunstschaffende und Forscher*innen fragen, wie eine lebenswerte und gerechtere Zukunft aussehen könnte. Sie hinterfragen Dogmen und produzieren neues Wissen. Wissen, dass die Grenzen akademischer Disziplinen und die Probleme westlicher Epistemologien anerkennt und herausfordert; Wissen, das sich an ganzheitlichen Weltanschauungen oder die Wissenssysteme indigener Lebensweisen orientiert und im Sinne von Boaventura de Sousa Santos postuliert: „Another Knowledge is Possible“ (Anders Wissen ist möglich). Zentral ist dabei auch der Blick in die Geschichte, um darin freizulegen, was vergessen, übergangen oder ausgelöscht wurde. In den Künsten gelangen Positionen an die Oberfläche, die aufgrund ihrer sozio-kulturellen Kontexts, ihres Geschlechts oder ihrer Ethnie lange ausgegrenzt wurden. Als Aussenseiter*innenkunst, Kunsthandwerk, rituelle Artefakte oder Forschungspraxis fanden sie keinen Platz im allgemeinen Kunstdiskurs.

Olga Fröbe-Kapteyn (geb. 1881, London, Großbritannien; gest. 1962, Ascona, Schweiz) ist eine solche Figur. Ihr Leben als Frau, Forscherin, Mystikerin und Künstlerin ist faszinierend. In den kulturell und politisch widrigen Jahren vor dem zweiten Weltkrieg setzte sie sich mit Theosophie und ostasiatischer Philosophie auseinander, legte ein riesiges Bildarchiv an und förderte den Austausch zwischen verschiedenen Disziplinen, viele Jahrzehnte bevor Transdisziplinarität in aller Munde war. 1933 gründete sie in Ascona das interdisziplinäre Eranos-Forum. Bis heute finden dort jährlich Konferenzen statt, die Fröbe-Kapteyn mit dem Ziel, über den Menschen und die
Geschichte der Spiritualität und Kultur zu diskutieren, initiierte. Zeitgleich begann sie eine umfangreiche Sammlung von Abbildungen kulturgeschichtlicher Artefakte und Symbole aus fast allen Regionen der Welt anzulegen, die es ermöglichen sollte, Traumvisionen zu interpretieren. Ihr bildnerisches Werk, die geometrisch-kraftvollen Meditationstafeln und die später auf Papier entstandenen sogenannten Visionen, die auf ihrem Austausch mit dem Psychologen Carl Gustav Jung beruhen, sind Teil ihrer umfassenden Praxis. Sie sind Ausdruck von Fröbe-Kapteyns Streben, spirituelles, humanistisches und wissenschaftliches Wissen über die Grenzen von Disziplinen und Kulturen hinweg in Einklang zu bringen – und Ausdruck ihrer Faszination an der Welt der Bilder. Von ihr soll die Aussage stammen: „Die tiefsten Dinge im menschlichen Leben sind nur bildhaft (...) auszudrücken.“

Die Ausstellung in der Kunsthalle Mainz gibt erstmals einen umfassenden Einblick in Olga Fröbe-Kapteyns bildnerisches Schaffen. Zunächst ist es zentral, uns vor Augen zu halten, dass ihre Werke Werkzeuge von spirituellen und psychologischen Untersuchungen waren. Anhand eines vielgestaltigen Bildsystems suchte Fröbe-Kapteyn nach Antworten zur Weltordnung und zielte, ausgehend von der Vorstellung, dass Formen psychoaffektive Bedeutungen besitzen, auf Wirkungen und Effekte ab. Nicht als Spektakel, sondern im Glauben an die Handlungsfähigkeit von Bildern; überzeugt, dass sie heilende und erneuernde Kraft besitzen.

Hier setzen die zeitgenössischen Arbeiten in der Ausstellung an, welche die Brücke von Fröbe-Kapteyns Werken in die Gegenwart schlagen. Die fünf Künstlerinnen beschäftigen sich mit Gegenkonzepten zu rational, weiß, patriarchisch und kolonial geprägtem Wissen. Sie schaffen in ihren Arbeiten Räume und Erzählungen, in denen sie zu Begegnungen mit solchen alternativen Formen von Wissen einladen – Wissen, das unterbewusst, körperlich, natürlich, spirituell, etc. ist – Wissen, das meist nicht über Worte, Sprache und Konzepte produziert und weitergegeben wird. Rituelle Praktiken in Geschichte und Gegenwart sind dabei häufig Ausgangspunkt. Wie auch Fröbe-Kapteyn thematisieren sie Kunst als Werkzeug von Forschung, Heilung, Kommunikation, usw. und nehmen dabei anti-koloniale, machtkritische Positionen ein.

Deutlich wird dabei, wie das Prinzip von L’Art pour L’Art (Kunst-um-der-Kunst-Willen) nicht mehr wirklich in unsere Zeit passt. Stattdessen rückt das Wirken von Kunst (und von Bildern ganz allgemein) in den Vordergrund. Für solche Beschäftigungen können Fröbe-Kapteyns Arbeiten, mit denen sie spirituelle und wissenschaftliche Ideen erforschte, eine Inspirationsquelle darstellen. Ihre holistische und posthumanistische Weltsicht nimmt vieles, was im Zuge der Erweiterung der Kategorien der Kunst und des Denkens diskutiert werden, vorweg.

Die Ausstellung erlaubt es, eine herausragende Figur der visionären Kunst des frühen 20. Jahrhundert zu entdecken. Dank der Zusammenarbeit mit der Bühnenbildnerin Belle Santos und der von ihr entwickelten Szenografie erschafft sie auch eine Atmosphäre, in dem das Wirken von Bildern erfahrbar wird – aus historischer wie zeitgenössischer Warte.

Beteiligte Kunstschaffende
Monia Ben Hamouda (*1991 in Mailand, lebt und arbeitet zwischen al-Qayrawan und Mailand) Kerstin Brätsch (b. 1979 in Hamburg, lebt in New York) Olga Fröbe-Kapteyn (geb. 1881, London, Großbritannien; gest.1962, Ascona, Schweiz) Hylozoic/Desires (Himali Singh Soin, geb. in Delhi, lebt in London und New Delhi, Indien & David Soin Tappeser, *1985 in Deutschland, lebt in London und New Delhi) Mountain River Jump! (Huang Shan & Huang He, beide *1985, leben in Foshan, Guangdong, China) Sriwhana Spong (* 1979 in Auckland, Neuseeland, lebt in London, Großbritannien)

Kunsthalle Mainz
Am Zollhafen 3 – 5, 55118 Mainz
www.kunsthalle-mainz.de


Presse





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