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Die KI-Kunst-Debatte: Wolfgang Ullrichs Skepsis und die Grenzen der Betrachtungsweise


Eingabedatum: 11.07.2024

Die KI-Kunst-Debatte: Wolfgang Ullrichs Skepsis und die Grenzen der Betrachtungsweise

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Seit über 100 Jahren wissen wir, dass ein Kunstwerk als Repräsentation eines Ideenkomplexes gelesen werden kann. Formen und Farben erhalten eine eigene Bedeutung und stehen nicht mehr für konkrete Dinge. Das Kunstwerk selbst kann ein Objekt, ein Prozess, eine Handlung, eine Idee oder eine Dokumentation sein.

Das Kunstwerk wird nicht mehr nur als Abbild der Realität oder als ästhetisches Objekt wahrgenommen, sondern als ein komplexes Gefüge von Ideen, Gedanken und Emotionen. Der Betrachter wird aktiv in den Interpretationsprozess eingebunden und kann das Kunstwerk aus verschiedenen Perspektiven betrachten, verstehen und vollenden.

Vor diesem Hintergrund erscheint eine Relativierung von KI-Output fragwürdig. Die Stimmen, die dies taten, werden inzwischen auch seltener erhoben. Wie seinerzeit Hito Steyerl mit "Artificial Stupidity", oder Jörg Scheller mit "Mehr Kitsch als Kunst". Jetzt, also Wolfgang Ullrich mit "KI kocht auch nur mit Wasser", "beeindruckt mich nicht".

In dem Interview mit dem Standard erläutert Wolfgang Ullrich seine Position. Er betrachtet KI-generierte Kunst mit einer gewissen Gelassenheit. Er glaubt nicht, dass KI menschliche Künstler ersetzen kann, da sie auf von Menschen erstellten Daten basiert und daher nicht wirklich autonom ist. KI-Programme sind laut Ullrich eher als Werkzeuge zu sehen, mit denen man experimentieren und Ideen entwickeln kann. Die von KI generierten Ergebnisse findet er wenig beeindruckend und bezeichnet sie als "bekannt" und "vertraut", da sie letztendlich nur Variationen von bereits Existierendem darstellen.

Obwohl KI-Programme aufgrund ihrer Funktionsweise als Blackbox erscheinen mögen, sieht Ullrich sie nicht als mystische Wesen. Stattdessen betont er, dass alles, was von ihnen kommt, letztendlich auf menschliche Artefakte und Traditionen zurückzuführen ist. Daher betrachtet er KI-generierte Kunstwerke als eine weitere Form menschlicher Artefakte, anstatt sie als etwas völlig Neues oder Anderes zu sehen.

Ullrich räumt ein, dass KI-Programme die menschliche Vorstellung von Autonomie in Frage stellen, indem sie uns vor Augen führen, dass auch wir in unserem Denken und Schaffen auf Vorbilder und Traditionen zurückgreifen. Er sieht dies jedoch nicht als negativ an, sondern als eine Chance, die Illusion der Autonomie zu durchschauen und zu erkennen, dass wir alle Teil eines größeren kulturellen und kreativen Netzwerks sind.

Obwohl Ullrich angibt, KI-Output könne nur Leute beeindrucken, die den Prozess nicht verstehen, übergeht er einen nicht unwesentlichen Aspekt in eben diesem Prozess, wenn er nicht auf den mathematischen Zufallsraum (Seed-Faktor) eingeht, der eine Ergebnisbreite von über 4 Milliarden Resultaten zu einem Thema zu produzieren in der Lage ist, von denen nach eigenen Erfahrungen ca. 10 - 20% sehr interessant auch für menschliche Rezipienten sind. Es werden gewichtete Kontexte erstellt, die ihre Logik im System haben, aber auch für menschliche Sphären relevant sind.

Der wesentliche Unterschied zwischen einem menschlichen genialen Gedanken und den vielen Möglichkeiten der KI, etwas zu generieren, liegt darin, dass menschliche Kreativität oft durch einzigartige, subjektive Erfahrungen und intuitives Denken geprägt ist, während KI-generierte Inhalte auf großen Mengen vorgegebener Daten und statistischer Mustererkennung basieren.
Aber: Ist Intuition wirklich ein Privileg des Menschen? Kann KI nicht auch neue, unerwartete Ergebnisse hervorbringen, die über die bloße Kombination vorhandener Daten hinausgehen?

Es fällt auf, dass in der Diskussion um "KI-Output" gern Bedingungen erstellt werden, die außerhalb des Objekts liegen, da KI-generierte Werke von menschengemachten Werken nicht zu unterscheiden sind. Bei Ullrich "Und wenn sich etwas in künstlerischer Hinsicht als gelungen empfinden lässt, dann nur, weil eine Künstlerin, ein Künstler ein kluges Konzept entwickelt hat, durch das die KI-Produkte auf einmal witzig, aussagekräftig oder abgründig werden." oder bei Daniel Martin Feige "Ob etwas Kunst oder Nichtkunst sei, hängt jedoch von der Kenntnis um die Entstehungsbedingungen eines Objektes ab."

Künstliche Intelligenz ist in ihren Erscheinungsformen so vielfältig und bietet so viele Betrachtungsebenen, dass es fast jedem möglich scheint, eine eigene Position einzunehmen und diese auch zu begründen. Oft sind es sicher auch spezielle Interessen, die zu speziellen Sichtweisen führen, so erinnere ich mich an KI-Belletristik, die, ins Absurde und Lächerliche getrieben, immer auch einen Funken möglicher Assoziation bot. Lässt sich menschliches Denken vielleicht immer auf Gründe/Absichten/Auftraggeber zurückführen?

Führt die Fixierung auf die "Entstehungsbedingungen" in die Irre? Verpassen wir die Chance, KI-Kunst mit neuen Bewertungskriterien zu begegnen?

P.S. Es existiert eine Studie der Stiftung Kunstfonds und der Initiative Urheberrecht zu KI und Kunst. Hier unsere Betrachtung.

ct





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