Auch in diesem Jahr thronte das Logo "made in Germany" über zwölf von insgesamt vierzehn ausgewählten deutschen Ausstellern, die auf der Armory Show (10.3.-13.3.2006) an den New Yorker Piers vertreten waren. Das vom Bundesverband Deutscher Galerien e.V. Köln unterstützte Projekt, das sich nun zum dritten Mal auf der international renommierten Kunstmesse präsentierte, wurde auch in diesem Jahr vom Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit finanziell gefördert.
Wie aus der Pressemitteilung hervorging, versteht sich die Armory als eine Art Schaufenster für Neue Kunst von noch lebenden Künstlern. Fakt ist, dass dort im Jahr zuvor über 45 Millionen Dollar für den Verkauf von Kunst umgesetzt wurden. Auf Grund dieser Tatsache war die Ausstellernachfrage für 2006 enorm groß: Von den 500 Galerieanfragen wurden vom Armory-Komitee nur 154 Galerien aus insgesamt 38 Städten ausgewählt. Von den New Yorker Galerien abgesehen, war die deutsche Galeriepräsenz im Vergleich zu anderen europäischen Ländern sehr stark; vor allem, wenn man auch einen Blick auf die zeitgleich in New York stattfindende Kunstmesse PULSE warf. Die Berliner Galerie Giti Nourbakhsch zählte laut Armory Pressemitteilung gar zu den "fresh & emerging" Galerien dieser Ausstellung.
Und was gibt es nun Neues von der Armory zu berichten, die ihren Namen von der spektakulären Ausstellung im Jahre 1913 erhielt und seiner Zeit die Europäische Moderne in Amerika einführte? Behält man dies im Hinterkopf, hat die Armory diesen Anspruch zweifellos über die Jahre beibehalten. Im Vergleich zu anderen internationalen Kunstausstellungen in Amerika, war Europa in dieser Ausstellung sowohl künstlerisch als auch was die Zahl der Galerien angeht, sehr gut vertreten.
Durch die Reduzierung der Aussteller und die dadurch entstandene Vergrößerung der einzelnen Standflächen war das bisherige Gefühl, Kunst wie in einem Wandschrank zu betrachten, verschwunden. Die Kunst erhielt wieder Platz zum Atmen. Dieses Mal war von allem etwas zu sehen, um es salopp auszudrücken.
Auf den ersten Blick erinnerte die Ausstellung an ein Sammelsurium verschiedener Kunstgattungen, einem Wust von Objekten, die sich bewegten, zusammenhanglos von der Decke hingen, die sinnentleert aufeinander getürmt waren oder undefinierte Töne von sich gaben. So seltsam es vielleicht klingen mag: viele der Ausstellungsstücke hatten etwas von Effekthascherei. Der Besucher wurde zwar angelockt, verlor jedoch sehr schnell das Interesse. Auffallend war, dass die großflächige Fotografie der Becherschüler, die noch vor drei Jahren in fast jeder zweiten Galerie auf der Armory gezeigt wurde, nur noch vereinzelt anzutreffen war.
Das Phänomen jedoch, dass Arbeiten eines Künstlers, die aus einer Serie stammen, gleichzeitig bei verschiedenen Ausstellern zu sehen waren, konnte man nach wie vor feststellen: So gesehen bei Werken des schottischen Malers Callum Innes, der bei drei verschiedenen Ständen zu sehen war.
Gott sei Dank gibt es dann auch immer die Highlights, die man dieses Jahr zum Beispiel bei der Galerie Kurimanzutto aus Mexiko vorfand, die mit Papierarbeiten von Gabriel Orozco hervorstach.
In der Kukje Gallery aus Seoul blieb ich lange vor den wunderbaren mixed-media Arbeiten aus gefaltetem mulberry Papier von Kwang-Young Chun stehen. In Chuns skulpturalen Arbeiten findet man eine gelungene Überlagerung von minimaler Kunst und kultureller Geschichte seines Heimatlandes.
Nachhaltigen Eindruck haben auch die Fotografien der Britin Susan Derges, die in der New Yorker Paul Kasimin Gallery gezeigt wurden, auf mich gemacht. In der Eden-Serie aus dem Jahre 2005 thematisiert die Fotokünstlerin die Bewegung von Wasser in sehr eigenwilliger und poetischer Weise.
Atul Bodiyas Installation "Devoured Darkness" (verschlungene Dunkelheit), die bei der Galerie Nature Morte aus New Delhi ausgestellt wurde, ist ein gutes Beispiel für die Tiefgründigkeit, die in vielen, nur auf Effekt ausgerichteten Arbeiten der Armory vermisst wurden. Die Installation aus Galgenstricken, Spiegeln und Textauszügen von tamilisch religiösen Schriftstücken zwingt den Betrachter geradezu sich mit dem Werk eingehend auseinander zu setzen.
Stellt sich die Frage, ob die Effekthascherei, die derzeit in einigen künstlerischen Arbeiten der westlichen Kunst zu sehen ist, als wegweisender Trend in der bildenden Kunst zu werten ist?
Zu guter Letzt sollte auch angesprochen werden, dass auf dieser Armory keine Galerien aus Südamerika, Afrika, Russland und ausser Japan, Korea und Indien, aus dem übrigen Asien vertreten waren. Im Zeitalter der Globalisierung sollten Galerien aus den oben genannten Ländern, besonders im multi-kulturellen Amerika auf Kunstmessen eingeladen oder gar gefördert werden. Es gibt doch sonst in Amerika für alles eine Quotenregelung!
Katrin Elia (US-Korrespondenz, Kultur-Kanal) - kultur-kanal.de
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