Den Hintergrund von Christodoulos Panayiotous Einzelausstellung in der GfZK bildet die sozialpolitische Geschichtskonstruktion seiner Heimat Zypern. Der Künstler beschäftigt sich mit Fragen der Konstituierung nationaler Identität bzw. mit den ihnen zugrundeliegenden Konzepten. Aus Panayiotous Recherchen in Fotoarchiven sind mehrere Arbeiten des Künstlers entstanden. Seine neueste, die speziell für die Ausstellung in der GfZK entwickelt wurde, geht einem signifikanten Wechsel in der Identitätspolitik Zyperns nach: In einer Serie von Schwarz-Weiß-Fotografien, die zwischen Anfang der 1960er und Ende der 1970er Jahre aufgenommen und nach Themen wie „Die Erfindung der Antike“, „Die Erfindung der Tradition“ oder „Das Neue: Tourismus“ geordnet wurden, zeigt Panayiotou, wie nach der Unabhängigkeit des Landes im Jahr 1960 seitens der politischen Elite zunächst Schritte unternommen wurden, eine an der griechischen Antike angelehnte „hellenistische“ Identität aufzubauen. Dieses Konzept wurde nach dem Krieg und der Teilung Zyperns durch die These der „Kontinuität der Tradition“ und später durch einen neuen Faktor, den „Tourismus“, ausgetauscht. In dieser Arbeit von Panayiotou wird auch die Rolle der Fotografie und der Medien in diesem Prozess der Identitätsstiftung hinterfragt.
Ein weiteres Werk in der Ausstellung – „Never Land“, eine Projektion von 153 Diapositiven – ist in Zusammenarbeit mit dem Fotoarchiv der nationalen Zeitung „Phileleftheros“ entstanden. Es bietet einen aus der heutigen Perspektive geradezu poetischen Einblick auf die sozial- und politisch hoch aufgeladene letzte Dekade des 20. Jahrhunderts, in der sich Zypern für die Mitgliedschaft in der EU vorbereitet hat. Der Künstler bedient sich in dieser wie auch in anderen Arbeiten der Dokumentarfotografie anderer. Er trifft jedoch eine Auswahl von Bildern, darunter auch solche, die noch nie veröffentlicht wurden. So entstehen Brüche, „Zwischenräume“ im offiziellen Narrativ der Nation. Das Interesse an Abweichungen und bestimmten Momenten des „Scheiterns“ prägt Panayiotous künstlerische Haltung.
Trotz des starken Bezugs zu Zypern versteht der Künstler seine Arbeiten eher als paradigmatische Beispiele. Er sieht sein Werk als Kommentar zu Historie, Geschichtsschreibung und damit zusammenhängender Ikonografie im allgemeinen.
Ein wichtiger Aspekt in Panayotous Werken ist die Abwesenheit bestimmter bedeutungstragender Elemente. Arbeiten wie das Video „Guysgocrazy“ oder die Installation „The End“ konfrontieren die RezipientInnen mit den Spuren einer Aktion, die man selbst nicht sieht. So werden sie eingeladen, ihre eigenen Narrative zu konstruieren.
Christodoulos Panayiotou wurde 1978 in Limassol (Zypern) geboren. Er studierte performative Kunst, Theater und Anthropologie. Seine künstlerische Arbeit umfasst Video, Fotografie, Diaprojektionen sowie Installationen. Er hatte schon Einzelausstellungen u. a. in der Nationalgalerie in Sarajewo, in der Galerie RODEO Istanbul und in der Kunsthalle Zürich. Werke von Panayiotou wurden in Gruppenschauen in Stockholm (Bonniers Konsthall), London (Serpentine Gallery), Rotterdam (Witte de With), Bordeaux (CAPC Musée d´art contemporain) u.v.a. gezeigt.
Der vom Unternehmen alpha 2000 gestiftete Kunstpreis „Europas Zukunft“ wird seit 2003 jährlich in enger Zusammenarbeit mit der Galerie für Zeitgenössische Kunst Leipzig verliehen. Von 2003 bis 2008 richtete er sich an jüngere KünstlerInnen aus postkommunistischen Ländern. 2008 beteiligte sich alpha 2000 an „Carte Blanche“, einem Projekt der Galerie für Zeitgenössische Kunst, das privates Engagement in der Kunst untersuchte. In diesem Zusammenhang wurden Arbeiten der ersten fünf Preisträgerinnen und Preisträger gezeigt. Gleichzeitig wurde die Ausrichtung des Preises überarbeitet. Seit 2010 überschreitet die Auslobung des Preises die Grenzen der Europäischen Union und bezieht sich auf ein Europa, das einen gemeinsamen kulturellen und geistigen Raum beschreibt und dessen Grenzen nicht scharf zu ziehen sind.
Der mit 5.000 Euro dotierte Kunstpreis, inzwischen einer der wichtigen Preise im Bereich der gegenwärtigen Kunst, ist nicht mit einem bestimmten künstlerischen Projekt oder mit dem Ankauf eines Kunstwerkes verbunden, sondern als eine Ermutigung für junge Künstlerinnen und Künstler gedacht, ihren künstlerischen Weg fortzusetzen.
kuratiert von Ilina Koralova
Galerie für Zeitgenössische Kunst Leipzig
Karl-Tauchnitz-Str. 9-11
D-04107 Leipzig
gfzk.de
Pressemitteilung
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Japanisch-Deutsches Zentrum Berlin
Verein Berliner Künstler
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Galerie Parterre
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