Wilhelm Frederking, "Casino", 2010, Hinterglasmalerei, 12-teilig, variable Größe. Foto: Phillip Hiersemann
Vom 13. bis 16. September werden sich 57 internationale Galerien, 11 Projekträume und 8 Kunsthochschulen aus 14 Ländern im Hangar2 des Flughafens Berlin Tempelhof im Rahmen der Preview Berlin 2012 präsentieren. Seit 2009 wendet sich die Preview Berlin mit dem Focus Academy dezidiert auch an Kunsthochschulen, um den Studierenden am Übergang vom Studium zur künstlerischen Selbstständigkeit die Möglichkeit zu geben, sich einer kunstinteressierten Öffentlichkeit zu präsentieren und erste Erfahrungen auf dem Kunstmarkt zu sammeln.
In diesem Jahr werden vier junge Künstlerinnen und Künstler, die zu den Interessantesten der jeweiligen Klassen zählen, die Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle auf der Preview Berlin vertreten. Mit Wilhelm Frederking (Studienrichtung Bild-Raum-Objekt-Glas), Sara Möbius (Studienrichtung Grafik), Claus Stoermer (Studienrichtung Zeitbasierte Künste) und Paul Werner (Studienrichtung Bildhauerei/Figur) zeigt sich die Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle als lebendiger Ort, der trotz oder gerade wegen seiner fast einhundertjährigen Tradition als Kunsthochschule außergewöhnliche und künstlerisch begabte Talente anzieht.
Die in Berlin gezeigten Arbeiten lassen das Potenzial an talentierten Newcomern aus Halle ausschnitthaft aufleuchten. Mit Qualität und Eigensinn stehen sie exemplarisch für das Ganze: für die hohen Ansprüche an Ausbildung und Auseinandersetzung in den unterschiedlich geprägten Fachklassen und für eine fundierte Grundlagenausbildung, welche die Künstler in die Lage versetzt, Bildfindungen, Projekte und Konzepte stimmig und überzeugend umzusetzen. Das Team der Burggalerie (siehe burg-halle.de/hochschule) begleitet diesen externen Auftritt.
Wilhelm Frederking (*1982)
Die Arbeit „Casino“ (2010) von Wilhelm Frederking, eine aus 12 Glaskugeln bestehende Wandinstallation, erzeugt die Wirkung von Hinterglasmalerei in transparenten Kugeln. Sie verströmt etwas vom Zauber orientalischer Märchen und lässt den Gedanken an in Flaschen eingesperrte Fabelwesen aufkommen. Die Auseinandersetzung mit der Spielsucht zeigt „in der fiebrigen Atmosphäre eines schrillen Gelbtones“, so der Künstler, verschiedene Szenen zu Daseinszuständen wie Rausch, Spieltrieb und Glückssuche. Die außergewöhnlichen Bildträger wirken wie Behältnisse zur Aufbewahrung von Präparaten, in denen Antlitz und Gestalt von Spielern aufscheinen, die alle den Gesichtszügen des Künstlers ähneln. Apparate wie „Einarmige Banditen“ und Situationen wie Pokerrunden sind in der Bildsprache von Comics und Street-Art dargestellt. Dem sechsarmigen indischen Gott Shiva (Glückverheißender) ist es vorbehalten, mit verschiedenen Spielangeboten zu locken. Im Werk „General Bergfrühling“ (2011) präsentieren sich genähte Uniformen als Ölbilder. Frederking bringt die Malerei in die Mode und die Mode in die Kunst. Anstelle von Leinwand auf Keilrahmen wählt der Künstler die Kleidung als Bildträger. Kleider machen Bilder.
Sara Möbius, "see me", 2011, Kohlezeichnung, circa 300 x 300 cm. Foto: Nils Kinder
Sara Möbius (*1985)
Die großformatigen Kohlezeichnungen von Sara Möbius leben von ihrer Bildkraft durch die Farben Schwarz und Weiß, von ihrem Duktus und ihrer Reduktion auf das Wesentliche. Naturphänomene ziehen sich als wiederkehrendes Grundthema und als Projektionsfläche durch das Werk. Der Wald, ein romantisches und mythisches Motiv deutscher Kultur, findet als Sehnsuchtslandschaft und Metapher seit Beginn des 19. Jahrhunderts in Gedichten, Märchen und Sagen seinen Ort und seine Überhöhung. Die Zeichnungen von Sara Möbius setzen sich in Konfrontation zu der Deutung des Waldmotivs als Sinnbild germanischen Naturverständnisses oder als reines Gegenbild zum urban zentrierten Leben. Im Mittelpunkt ihrer Arbeit steht vielmehr der Impetus, Assoziationsräume zu erschließen und im Bewusstsein der Betrachter kreative Prozesse anzustoßen. Die Zeichenkunst der Assoziation bleibt dabei bewusst fragmentarisch und ermöglicht Empfindungen zwischen Ruhe und Entrückung. So entsteht eine Atmosphäre der Intimität, in der eine stille Sehnsucht ihren Sog entfaltet.
Claus Stoermer, "PingPong", 2011, Video, HD, 2:40 min., s/w, Stereo
Claus Stoermer (*1981)
In seiner Arbeit „PingPong“ (2011) lotet Claus Stoermer die Grenzziehungen zwischen Statik und Bewegung, zwischen Fakt und Fiktion, zwischen der Welt und unserer Vorstellung von ihr aus. Der Künstler belebt in seinen Videos die Dinge als Darsteller, indem er auf eine spielerische Weise mit ihnen interagiert und performt. Die Videoinstallation zeigt eine Aktion zwischen anarchischem Gestus und Poesie, in der die „ausgeklügelte Choreografie zwischen dem Performer und den Objekten“ (Michaela Schweiger) zugleich dem Weg der Aleatorik folgt. Das führt im Ergebnis zu vollkommen unvorhersehbaren, zufälligen Bewegungsmustern. Der Zufall als ästhetisches Prinzip befördert die Improvisation im Moment des künstlerischen Tuns. Die Bewegung von Ping-Pong-Bällen ist durch das eigene Erleben hinlänglich bekannt. Im Video von Stoermer wird dieser gängige Blick jedoch durch eine manipulierte Wahrnehmung irritiert, indem er die Handlung rückwärts laufen lässt. Das Illusionspotenzial der Neuen Medien setzt die Wirklichkeitsbilder außer Kraft und konstruiert eine neue Erfahrungswelt.
Paul Werner, "Fleder-Pimmel", 2011, Wachs, Draht, Hirschkäfer, Holzkasten, 27 x 34 cm
Paul Werner (*1984)
Der Künstler Paul Werner beschäftigt sich in seinem Schaffen mit einer „Ästhetik des Hässlichen“, wie sie der Philosoph Karl Rosenkranz bereits 1853 formuliert hat. Das „Hässliche“ steht für den Philosophen jener Zeit als auch für den Künstler unserer Tage in der Mitte zwischen dem Schönen und dem Merkwürdigem. Sowohl mit der Serie von „Schmetterlingskästen“ als auch mit der Reihe von „Präparaten im Glas“ gestaltet Werner eine komische, faszinierende und unbekannte Wesenswelt, die den herkömmlichen Schönheitsbegriff mit dem Blick auf Missratenes, Abnormes und vermeidlich Unnatürliches sowohl irritiert als auch anreichert. In den Arbeiten werden die Abformungen unterschiedlicher in Wachs gegossener Dinge präsentiert. In der Kombination mit freien Formen, anderen Materialien und Tierpräparaten entstehen affektive Arbeiten, die mit ambivalenten Gefühlen wie Lust und Unlust, Angst und Interesse oder Anziehung und Ekel besetzt sind. Die aus einem obsessiven Arbeitsprozess sich entwickelnden Werke vereinen Skurriles und Surreales, so dass eine skurreale Ästhetik Form annehmen kann. Filme, Tattoos, Comics und wohl auch die eigene Gefühlswelt dienen dem Künstler als Inspiration für diese ver-rückte Bildwelt.
Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle: burg-halle.de
Preview Berlin: previewberlin.de/Sites
13. – 16. September 2012
Preview Berlin
Flughafen Berlin Tempelhof
Hangar2
Columbiadamm 10
12101 Berlin
- Professional Preview: Donnerstag, 13. September 2012, 14 – 18 Uhr (nur mit Einladung)
- Eröffnung: Donnerstag, 13. September 2012, 18 – 2 Uhr (Eintritt frei)
- Eröffnungsparty: Donnerstag, 13. September 2012, ab 22 Uhr (Eintritt frei bis Mitternacht)
Öffnungszeiten:
Freitag, 14. September bis Sonntag, 16. September täglich 13 – 20 Uhr
Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle
University of Art and Design
Neuwerk 7 | D-06108 Halle (Saale)
Telefon: +49 (0) 345 7751 526
Telefax: +49 (0) 345 7751 525
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