Das Medium Film steht bei Filipa César im Mittelpunkt ihrer Arbeiten. Die in den letzten Jahren weltweit beachteten Werke Césars beschäftigen sich mit der Beziehung zwischen dem bewegten Bild und dessen Wahrnehmung durch die Gesellschaft. Themen wie Erinnerung, Gedächtnis und deren Rezeption durch das Filmische, untersucht César unter anderem entlang historischer Ereignisse in ihrer Heimat Portugal Mitte der 1970er-Jahre wie beispielsweise das Ende der Salazar-Diktatur und die damit einhergehende Entkolonialisierung afrikanischer Besitzungen. Ihre Teilnahme an weltweit beachteten Grossausstellungen wie der Manifesta 8 2010 in Cartagena und der Biennale São Paulo zeichnen César als gefragte Vertreterin des Genres aus. Die Ausstellung im Kunstmuseum St.Gallen ist ihre erste Einzelpräsentation in einem Schweizer Museum.
Packend verwebt die Künstlerin überlieferte Geschichte mit subjektiven Erzählungen von Protagonisten, die – marginalisiert von der offiziellen und tradierten Geschichtsschreibung – Ideologien neu beleuchten. Mit Ihrer Arbeit The Embassy (2011) begibt sich Filipa César in die ehemalige westafrikanische Kolonie Guinea-Bissau. Der Journalist Armando Lona blättert in einem vergilbten Fotoalbum, auf das César in einem verwahrlosten Staatsarchiv gestossen ist, und lässt die koloniale Vergangenheit auf den vorgefundenen Aufnahmen anschaulich werden. Die weiche, sonore Stimme des Archivars kommentiert aus dem Off ausdrucksstark und wortgewaltig die Schwarzweiss-Aufnahmen aus den 1940erund 1950er-Jahren. Anhand fotografischer Bilder, die mit dem Blick der ehemaligen Unterdrücker entstanden sind, erzählt er Geschichten aus dem Alltag der Bewohner Guinea-Bissaus.
Weitere filmische Werke wie Cuba (2012) thematisieren das kollektive Gedächtnis, den politischen wie gesellschaftlichen Hintergrund Portugals und dessen Vergangenheit als Kolonialmacht. Ein Ausgangspunkt ist dabei der Unabhängigkeitskämpfer Amílcar Cabral (1921–1973) und sein Einfluss auf das kinematografische Vermächtnis Guinea Bissaus. Die lokale Filmproduktion spielte eine wesentliche Rolle im Unabhängigkeitskampf der Kolonie von 1961 bis 1973
gegen Portugal.
In der Arbeit Porto, 1975 (2010) kondensiert die Künstlerin Gegenwart und Vergangenheit am Beispiel von Bouça – ein Projekt dessozialen Wohnungsbaus. 1973 vom Architekten Álvaro Siza geplant und begonnen, wurde es 1978 eingestellt und konnte erst 2006 abgeschlossen werden. Filipa Césars Videoarbeit führt in einer einzigen Kamerafahrt durch die Anlage und endet in einem Architekturstudio. Die Erinnerung an die kontroversen Reaktionen auf das Bauprojekt ist hier abschliessend als Telefonnachricht eines Zeugen zu hören.
Kuratorin: Nadia Veronese
Öffnungszeiten Kunstmuseum:
Di bis So 10 - 17 Uhr
Mi 10 - 20 Uhr
Kunstmuseum St.Gallen
Museumstrasse 32
9000 St.Gallen
T +41 71 242 06 71
F +41 71 242 06 72
www.kunstmuseumsg.ch
pm
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