Der Badische Kunstverein zeigt in Kooperation mit dem Heidelberger Kunstverein eine zweiteilige Ausstellung des französischen Künstlers Aurélien Froment, die parallel an beiden Orten stattfindet. Es ist die bislang größte Einzelausstellung des Künstlers in Deutschland.
Während sich die Präsentation in Heidelberg auf Froments umfassende Untersuchung zu der Spieltheorie des Kindergarten-Erfinders Friedrich Fröbel konzentriert, verschränken sich in Karlsruhe drei Projekte, die sich historischen Schauplätzen widmen: dem „Palais idéal“ des Autodidakten Ferdinand Cheval, der experimentellen Stadt Arcosanti des Architekten
Paolo Soleri und dem Gedächtnistheater des Philosophen Giulio Camillo.
Aurélien Froment untersucht in seiner Arbeit die Rezeption, Montage und Erfahrung von Bildern sowie die Räume, in denen sie existieren. Hierfür schafft er Dokumente und Ausstellungssituationen, die er aus Quellen schöpft, deren Heterogenität seine Praxis charakterisieren. Dokumentation und deren Inszenierung sind wichtige Aspekte der
Ausstellung im Badischen Kunstverein. Drei historische Gedankengebäude werden in unterschiedlicher Form zur Aufführung gebracht und jedes von ihnen zeugt von historischen Verschiebungen und markiert ein exzentrisches Engagement, das sich jenseits des klassischen Kunstkanons verortet.
Zentrales Werk der Präsentation ist Froments aktuelle Fotoarbeit „Tombeau idéal de Ferdinand Cheval“ (2014), die erstmals in Deutschland zu sehen ist. In 90 Schwarz-Weiß-Fotografien dokumentiert er die einzigartige Formensprache, mit der Ferdinand Cheval von 1879 bis 1912 seinen Idealpalast gestaltete. Cheval selbst ist nie gereist. Er war Postbote und Autodidakt und seine fantastischen, naiven Figuren, Formen und Objekte sind vor allem durch Abbildungen in Büchern inspiriert. Um diese Wunderkammer eines einzelnen Mannes in den
Ausstellungsraum zu übertragen, aktiviert Froment eine neue Form des Archivs: Zahlreiche Elemente wurden separat fotografiert, indem der Künstler den Hintergrund der Motive mit schwarzem Stoff verhüllte und sie so aus ihrem Gesamtzusammenhang isolierte. Teile von Chevals Werk werden entblößt, andere verdeckt und der Index kurioser Formen für die eigene Fantasie und Interpretation geöffnet.
Deutliche Parallelen aber auch konkrete Unterschiede ergeben sich zwischen der Architektur Chevals und dem so genannten Gedächtnistheater des italienischen Philosophen Giulio Camillo (1480-1544), mit dessen Werk sich die zweite Arbeit der Ausstellung, „Camillo’s idea“ (2013), auseinandersetzt. Für Froment ist das Palais idéal von Cheval die konkrete Umsetzung einer mentalen Architektur, wie sie auch in den Ideen Camillos zum Tragen kommt. Dieser hatte einen Theaterraum erdacht, in dem das gesamte Wissen der Welt wie in einer
Enzyklopädie in Bildern verwahrt wird. Froment nähert sich dem Wissensgebäude Camillos mit filmischen Mitteln und konzentiert die Erzählung auf den Monolog einer weiblichen Person auf einer Bühne. Der überwältigenden Anzahl an Bildern in Chevals Palais idéal steht nun ein strenger Bühnenraum gegenüber, der ganz bewusst auf eine Bilderflut verzichtet.
Die dritte und aktuellste Gruppe von Arbeiten umkreist das Werk des italienischen Architekten Paolo Soleri, dessen lebenslanges Projekt – die Idealstadt Arcosanti – als Alternative zur Urbanisierung geplant wurde. Mitteder 1950er-Jahre entworfen, wird die Stadt Arcosanti seit den 70er-Jahren in der Wüste Arizonas gebaut. Um die Wirkung dieser imposanten
Anlage auf andere repräsentative Räume zu übertragen, hat Froment in einem Workshop mit Studierenden des Institut supérieur des arts de Toulouse einige der signifikanten Strukturen aus Arcosanti in Soleris so genannter Erdabguss-Technik modellhaft nachempfunden. Diese Objekte sind als „Earthworks“ (2015) in der Ausstellung erstmals zu sehen und werden von einer Serie neuer Fotografien mit Titel „Negative Architecture“ (2015) begleitet.
Aurélien Froment (*1976 in Angers, Frankreich) lebt in Dublin. Seine jüngsten Einzelausstellungen wurden 2014 im Le Plateau–FRAC Ile de France, Paris, und unter dem Titel „Fröbel Fröbeled“ in der Contemporary Art Gallery, Vancouver, Villa Arson, Nizza, und Spike Island, Bristol, präsentiert. Außerdem wurden seine Arbeiten u.a. in folgenden Institutionen gezeigt: CCA Wattis, San Francisco, Le Crédac, Ivry-sur-Seine, Musée de Rochechouart, und Gasworks, London. Er war auf der Sydney Biennale (2014), der Venedig Biennale (2013), der Lyon Biennale (2011), der Yokohama Triennale (2011) und der Gwangju Biennale (2010) vertreten.
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