Vom 23. September 2016 bis 8. Januar 2017 präsentiert die Schirn Kunsthalle Frankfurt die Installation Blind Volumes der in Berlin lebenden Künstlerin Rosa Barba (*1972). In der eigens für die Rotunde der Schirn geschaffenen Arbeit, mit der sie auf die spezifischen Bedingungen des frei zugänglichen, öffentlichen Ortes reagiert, verbindet Barba die künstlerischen Medien Film und Skulptur. Im Inneren der Rotunde errichtet sie eine raumgreifende, 12 Meter hohe und aus rund 80 seriellen Rahmenelementen montierte, geometrisch verschachtelte Stahlkonstruktion, die den Eingangsbereich der Schirn nahezu vollständig ausfüllt. Die komplexe Struktur, die ebenso an einen Rohbau wie an die konstruktivistischen Visionen des frühen 20. Jahrhunderts erinnert, eröffnet den Besuchern vielfältige Assoziationsmöglichkeiten. Rosa Barba nutzt die Installation als Bühne für eine
dynamische Choreografie aus Bild, Licht und Sound. Dabei greift die Künstlerin auf eine Auswahl eigener Arbeiten zurück, die hier in einem neuen Zusammenspiel zu sehen sind. Neben der filmbezogenen Skulptur One Way Out (2009) und dem rhythmisch pulsierenden Klangobjekt Conductor (2014) zeigt die Schirn im Rahmen von Blind Volumes auch zwei neue Arbeiten Rosa Barbas: In White Museum – Live (2016) werden 70mm- und 16mm-Filmprojektoren zu Akteuren eines akustisch gesteuerten Lichtspiels. Die Arbeit ist aus einer gleichnamigen Live-Performance hervorgegangen, die Barba im Frühjahr dieses Jahres zusammen mit dem bekannten USamerikanischen Schlagzeuger Chad Taylor im MoMA PS1 in New York aufgeführt hat. Damit setzt sie ihre bereits 2010 begonnene Serie White Museum fort, bei der ein weißes 70mm-Filmbild in den Außenraum verschiedener Museen projiziert worden ist, um deren Umgebung in den Blick zu rücken. Der ebenfalls in der Schirn gezeigte 16mm-Film About the Plate and Receiver (2016) ist eine von elektronischer Musik begleitete poetische Reflexion über Raum und Zeit, das Eigenleben
der Technik und die Grenzen des Wissens. Er entwickelte sich aus Barbas jüngster Installation der White Museum-Serie, die sie im Hirsch Observatory des Rensselaer Polytechnic Institute realisierte.
In der Schirn-Rotunde werden die verschiedenen filmischen und skulpturalen Arbeiten in einer von der Künstlerin konzipierten Anordnung fortlaufend gezeigt.
Esther Schlicht, Kuratorin der Ausstellung, über die Installation: „In der für die Rotunde der Schirn konzipierten Installation Blind Volumes überführt Rosa Barba zum ersten Mal das filmische Prinzip der Montage in eine räumlich-architektonische Dimension. Davon ausgehend schafft sie durch das Zusammenspiel neuer und früherer filmischer und skulpturaler Arbeiten einen werkübergreifenden Dialog. So wird ihre architektonische Vision zugleich zum Archiv des eigenen Werks wie auch der Geschichte, aus der es schöpft. Für den Betrachter bleibt der Zugang zu diesem Archiv aber fragmentarisch, da sich ihm das vielschichtige skulpturale Arrangement beim Umkreisen und Durchwandern in stetig wechselnder Perspektive, aber niemals vollständig präsentiert.“
„In der Schirn-Rotunde arbeite ich zum ersten Mal mit einer vertikalen und gestapelten Bühne. Ich versuche, meine Arbeiten stets so zu konstruieren, dass man immer auch ihre Teile betrachten kann, und zwar technisch wie semantisch gesehen, sinnlich wie historisch. Zusammen ergeben diese Teile eine Komposition, eine Geschichte oder ein Bild und verleihen einer Idee Form. Die verschiedenen Teile sind also Ausgangspunkte für Assoziationen, die über die einzelne Arbeit hinausweisen“, erläutert die Künstlerin Rosa Barba ihre für die Schirn entworfene Installation Blind Volumes.
Rosa Barba hat mit ihren Filmen, Skulpturen und gedruckten Editionen in den letzten 15 Jahren ein konzeptuelles Œuvre von poetischer Dichte geschaffen. Ihre oft auf historischen oder ortsbezogenen Recherchen basierenden Arbeiten umkreisen grundlegende Fragen, etwa nach den medialen Bedingungen von Zeit und Gedächtnis oder den Wechselwirkungen zwischen Form und künstlerischem Gehalt. Im Zentrum steht dabei der Film: als Medium, Material und Metapher, als Erzählform und als prägendes Dispositiv für die visuelle Kultur des 20. Jahrhunderts. Ihre im traditionellen 16mm- oder 35mm-Format produzierten Filme dreht Barba meist an entlegenen Orten und verwebt darin dokumentarische und fiktionale Elemente zu fantastischen Suggestionen. Ihre skulpturalen Objekte und räumlichen Interventionen greifen immer wieder Aspekte des Filmischen auf und bewegen sich im Bereich zwischen materieller und immaterieller Präsenz.
Die 1972 im sizilianischen Agrigent (Italien) geborene Künstlerin und Filmemacherin Rosa Barba lebt und arbeitet seit 2008 in Berlin. Von 1993 bis 1995 studierte sie Theater- und Filmwissenschaft an der Universität Erlangen, von 1995 bis 2000 Bildende Kunst und Film an der Kunsthochschule für Medien Köln. Das filmisch-skulpturale Œuvre Rosa Barbas wurde in den letzten Jahren in zahlreichen Einzel- und Gruppenausstellungen international präsentiert, etwa auf der 53. und 56. Biennale di Venezia (2009 und 2015), in der norwegischen Bergen Kunsthall (2013), dem Kunsthaus Zürich (2012), der Tate Modern, London (2010), sowie dem Museo Reina Sofía, Madrid (2010).
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