Bereits zum dritten Mal präsentiert das MMK Museum für Moderne Kunst Frankfurt am Main die Ausstellung zum Deutsche Börse Photography Foundation Prize. Zu sehen sind Arbeiten der vier Finalisten Mathieu Asselin, Rafal Milach, Batia Suter und Luke Willis Thompson. Die mit 30.000 £ dotierte Auszeichnung wurde am 17. Mai 2018 in der Photographers´ Gallery in London an den neuseeländischen Künstler Luke Willis Thompson für die Filminstallation „autoportrait“ verliehen.
Als einer der renommiertesten Fotografie-Preise, der jährlich an einen zeitgenössischen Künstler vergeben wird, zeigt der Deutsche Börse Photography Foundation Prize wegweisende Tendenzen der Fotografie auf. Er präsentiert Werke von Künstlerinnen und Künstlern, die die aktuelle internationale Fotografieszene prägen. Die diesjährige Auswahl der Finalisten vereint vielfältige fotografische Positionen, die gegenwärtige Entwicklungen des Mediums widerspiegeln und gleichzeitig seine Grenzen hinterfragen. Allen Projekten gemein ist eine tiefgreifende Auseinandersetzung mit der Repräsentation von Wissenssystemen durch Bilder und das Potenzial, Fakten zu manipulieren und Bedeutungen zu verschieben.
Rafal Milach (* 1978, Polen) wurde für seine Ausstellung „Refusal“ in der Atlas Sztuki Gallery, Lodz, Polen, im vergangenen Jahr nominiert. Milachs fotografische Projekte thematisieren Systeme staatlicher Kontrolle und die ideologische Manipulation von Einstellungen und Bewusstsein. In seinen Werken geht Milach den immateriellen Mechanismen von Propaganda sowie deren visueller Manifestation in Architektur, Stadtplanung und Objekten in den postsowjetischen Staaten Weißrussland, Georgien, Ukraine und Aserbaidschan nach. Dabei legt er zugleich die Stärke sowie die Fragilität von politischen und sozialen Systemen offen.
Die Serie „Refusal“ (2011–2017) besteht unter anderem aus Fotografien von handgefertigten Objekten, die Milach in Schachschulen in einem aserbaidschanischen Kulturzentrum fand. Diese Objekte wurden zur optischen Täuschung gestaltet, um junge Aserbaidschaner in räumlicher Vorstellungskraft und abstrakter Denkfähigkeit zu schulen. Sie zeigen, wie der menschliche Geist manipuliert und kontrolliert werden kann. Daneben offenbaren Fotografien von Landschaften und Stadtentwicklungen die gescheiterten politischen Ambitionen neuer Regierungen.
Mathieu Asselin (* 1973, Frankreich) wurde für die Publikation „Monsanto: A Photographic Investigation“ nominiert. Auf Basis zahlreicher Dokumente und Fotografien seziert Asselin die Geschichte des globalen Biotechnologiekonzerns Monsanto und offenbart die verheerenden Auswirkungen, die dessen Produkte auf Menschen und Umwelt haben. Gleichzeitig deckt Asselin Monsantos Bemühungen auf, das negative öffentliche Image mithilfe von Marketing-Kampagnen zu beeinflussen. Ausgehend von den Aktivitäten des Unternehmens in den USA legt Asselin die Produktion von Agrochemikalien und deren ökologische Folgen auf Städte und ganze Landschaften offen. Darüber hinaus verweist seine Recherche auf Monsantos Rolle während des Vietnamkrieges als einer der Hauptproduzenten des hochgiftigen Entlaubungsmittels Agent Orange und auf die jüngsten Tätigkeiten des Konzerns im Bereich gentechnisch veränderten Saatguts. Durch das Zusammenführen von Text und Dokument, Ephemera und Fotografie offenbart „Monsanto: A Photographic Investigation“ auch die teilweise unter Verschluss gehaltenen Kapitel der Unternehmensgeschichte und sensibilisiert für die Komplexität und Interessen, die den Aktivitäten des Konzerns zu Grunde liegen.
Ebenfalls auf Recherche basiert die Arbeit von Batia Suter (* 1967, Schweiz), die für ihre Publikation „Parallel Encyclopedia #2“ nominiert wurde. Suter widmet sich in ihrer künstlerischen Praxis den Umdeutungen von Bildern sowie den Bedingungen, unter denen diese mit Assoziationen aufgeladen werden. Sie kombiniert gefundenes Bildmaterial und setzt es in neue Zusammenhänge, sodass verdeckte Potenziale sichtbar werden. Ihre Publikation ist eine Serie visueller Dialoge, die Bilder von Natur, Objekten und wissenschaftlichen Analysen aus verschiedenen Epochen und Kulturen aus ihrer etablierten Lesart herauslösen und ihnen zu neuer Bedeutung verhelfen. Suter präsentiert eine Komposition großformatiger Reproduktionen aus zahlreichen Publikationen, die von Sachbüchern über Lehrbücher und historische Bände bis hin zu Anzeigen und Magazinen reichen.
Der diesjährige Gewinner des Preises Luke Willis Thompson (* 1988, Neuseeland) wurde für seine Ausstellung „autoportrait“ nominiert und ausgezeichnet, die im vergangenen Jahr in der Chisenhale Gallery in London stattfand.
Im Juli 2016 übertrug die Afroamerikanerin Diamond Reynolds über Facebook-Live den Zeitraum unmittelbar nachdem ihr Partner Philando Castile von einem Polizeibeamten während einer Verkehrskontrolle im US-Bundesstaat Minnesota erschossen wurde. Reynolds Video verbreitete sich viral online und wurde über sechs Millionen Mal angesehen. Im Juni 2017 wurde es den Geschworenen in einem Gerichtsverfahren neben weiteren Aufnahmen der Polizei und Überwachungsdienste als Beweismaterial vorgeführt. Der Beamte, der Castile tötete, wurde dennoch in allen Anklagepunkten freigesprochen. In der von Ungewissheit bestimmten Phase zwischen der Anklage des Polizeibeamten und dem anschließenden Prozess produzierte Thompson in Zusammenarbeit mit Diamond Reynolds und ihrem Anwalt ein stilles filmisches Porträt von ihr. Dem bekannten Medienbild von Reynolds, das in einem Moment der Gewalt und des Schocks entstanden war, stellt er auf diese Weise ein „Schwesterbild” gegenüber.
Die Jury für den Deutsche Börse Photography Foundation Prize 2018 setzte sich zusammen aus:
Duncan Forbes, Kunsthistoriker, Kurator und Autor; Gordon MacDonald, Kurator und Herausgeber; Penelope Umbrico, Künstlerin; und Anne-Marie Beckmann, Direktorin der Deutsche Börse Photography Foundation. Brett Rogers, Direktorin der Photographers´ Gallery, (nicht stimmberechtigt) stand der Jury vor.
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