Das Experimentalstudio des Polnischen Rundfunks (PRES) wurde 1957 in Warschau gegründet und hatte als größte Plattform für die freie Meinungsäußerung im Ostblock einen hohen symbolischen Wert. In der Zeit des Eisernen Vorhangs entwickelte sich das Studio zu einem exklusiven Raum für kreative Autonomie. Das PRES war so die einzige Plattform, die Gäste aus den Vereinigten Staaten, Westeuropa und den skandinavischen Ländern einlud und einen
Austausch mit dem Westen möglich machte. Die vom Adam Mickiewicz Institut als Teil des internationalen Kulturprogramms zur Hundertjahrfeier der Unabhängigkeit Polens mitorganisierte Ausstellung zeigt das PRES als eine Institution, die sich auf audiovisuelle Experimente konzentriert und durch den Einfluss der bildenden Kunst eine neue Sprache entwickelte, die für die Interpretation des Hörers offen ist.
Das Studio in Warschau
Dank seiner modernen Technologie und zwei qualifizierten, erfahrenen Technikern war das Studio in der Lage, die Bedürfnisse von Komponisten verschiedener Hintergründe zu erfüllen und förderte vor allem die Forschung im Bereich Tonbandmusik. Dennoch konzentrierte sich das Studio nicht nur darauf, unabhängige elektroakustische Stücke zu produzieren, sondern diente auch zur Erstellung von musikalischen „Illustrationen“ für Film, Radio und Fernsehen. Eigentlich handelte es sich bei der Produktion von Begleitmusik und dem, was wir heute Tongestaltung für verschiedene Medien nennen, offiziell um eine der Hauptaufgaben des Studios. Dadurch hatten die elektroakustischen Experimente am Hauptsitz von Polish Radio in Warschau nicht nur einen tiefgreifenden Einfluss auf die Entwicklung der Kunstmusik in Europa, sondern auch auf den Wandel der Popkultur und Vorstellungskraft im Ostblock.
Ort der Begegnung
Das Studio war ein Ort der Begegnung zwischen Ingenieuren wie Eugeniusz Rudnik, Bohdan Mazurek, Barbara Okoń-Makowska, Wojciech Makowski, Ewa Guziołek-Tubelewicz, Tadeusz Sudnik und Komponisten, darunter Włodzimierz Kotoński, Krzysztof Penderecki, Bogusław Schaeffer, Elżbieta Sikora, Krzysztof Knittel, Hugh Davies, Arne Nordheim, Kare Kolberg, Lejaren Hiller, Roland Kayn und Dubravko Detoni. Zunächst förderte es vor allem die Forschung im Bereich der Tonbandmusik, später entwickelte es sich in Richtung eines interdisziplinären Instituts für Neue Medien und wurde zu einem Labor für bildende Künstler und Designer wie Oskar und Zofia Hansen, Krzysztof Wodiczko, Kazimierz Urbański und Józef Robakowski.
Die Mitglieder des PRES waren ständig bemüht, neue Formen von Musik zu verbreiten und zu fördern, indem sie Vorträge organisierten, Serien für die Übertragung im Rundfunk produzierten und Abhandlungen zu diesem Thema veröffentlichten. Das Studio wurde zu einem Labor für bildende Künstler und Designer wie Oskar und Zofia Hansen, Krzysztof Wodiczko, Kazimierz Urbański und Józef Robakowski.
Geschichte des Studios in vier Kapiteln
Durch den schalldichten Vorhang präsentiert in vier Kapiteln die Geschichte des Studios, wie auch zahlreiche grafische Partituren und Tonaufnahmen, die einen originellen und „befreienden“ Ansatz für die Praxis des Komponierens eröffneten. Zudem wird auch eine Auswahl von Kurzfilmen und Filmausschnitten, die im Studio vertont wurden zu sehen und zu hören sein: Unter anderem Etüde auf einen Beckenschlag von Włodzimierz Kotoński. Die Aufnahme entstand als erstes polnisches Musikstück für Tonband. Oder die grafische Partitur und Tonaufnahme des Stücks Thema von Bogusław Schaeffer: Zeitgenossen bezeichneten in den 1970er-Jahren diese „rohe“ abstrakte Komposition als „elektronische Musik der Zukunft“.
Die Ausstellung umfasst Objekte, die aus der Zusammenarbeit des Ateliers mit bildenden Künstlern und Designern wie Oskar Hansen und Zofia Hansen sowie Krzysztof Wodiczko entstanden. Von Oskar und Zofia Hansen wird die
Architekturskizze für den Musikpavillon des Warschauer Herbstfestivals für zeitgenössische Musik 1958 präsentiert. Auch der Architekturplan und das Modell des sogenannten „schwarzen Raums“, des Herzstücks des Studios,
können betrachtet werden. Die vielfaltige künstlerische Praxis von Krzysztof Wodiczko wird mit Persönliches Instrument von 1969 und der dazugehörigen Dokumentation seiner Performance illustriert. Darüberhinaus wird die
Rekonstruktion einer raumgreifender Audio- und Lichtinstallation für die Ausstellung entwickelt. Die Arbeit war eine Fortsetzung der Experimente des Bildhauers Henryk Morel und des Komponisten Zygmunt Krauze. Morel und
Krauze luden auch die Architektin Teresa Kelm ein, an dem Projekt von 1968 mitzuarbeiten.
ZKM_Lichthof 1+2
Lorenzstraße 19
76135 Karlsruhe
Deutschland
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