Dóra Maurer (*1937, lebt in Budapest) gilt als bedeutende Vertreterin der ungarischen NeoAvantgarde. Sie war Teil einer sich seit den 1960er-Jahren außerhalb der offiziellen Kulturpolitik Ungarns entwickelnden progressiven Kunstströmung. Heute ist sie vor allem für ihre farbigen, sich
überlagernden Raster bekannt, die so genannten Displacements, die darauf basierenden Quasi-Bilder und Overlappings.
Die Abstraktion, insbesondere diejenige des Westens, wurde in den frühen Jahren der Bundesrepublik Deutschland als eine politische „Bereinigung“ eingeführt, stellvertretend für Ideale wie Demokratie, Freiheit oder Offenheit. Entsprechend sind auch zahlreiche Sammlungen in deutschen
Museen ausgerichtet, darunter auch diejenige der Kunsthalle Bielefeld. In Ländern wie Ungarn, im damaligen Ostblock, hingegen hatte die Abstraktion durchaus eine „oppositionelle“ Konnotation.
Durch die Nicht-Gegenständlichkeit ihrer Arbeiten, aber auch ihre Kontakte und Reisen in den Westen schon vor 1989 aufgrund ihrer doppelten Staatsbürgerschaft (ungarisch und österreichisch), nimmt Dóra Maurer eine Sonderstellung in der vom figurativen Sozialistischen Realismus dominierten ungarischen Kunstszene ein. Ihre Experimente in den Medien Fotografie und Film in den 1970er-Jahren sowie ihre auf prozessualer
Verschiebung beruhenden abstraktgeometrischen Arbeiten setzen ihr Werk in offensichtliche Parallelität zur Nachkriegskunst Westeuropas und der USA.
Tatsächlich jedoch sind ihre Arbeiten ohne die Erfahrung des Lebens unter dem kommunistischen Regime nicht zu denken.
In Verbindung mit einer Sammlungspräsentation eigener Werke der deutschen und US-amerikanischen Konzeptkunst und Minimal Art stellt die
Ausstellung die Frage nach den unterschiedlichen historischen Bedingungen, die zur Abstraktion und ihrer politischen Aufladung diesseits und jenseits des Eisernen Vorhangs führten. Angesichts einer längst globalisierten Welt und der damit in Verbindung stehenden Hinterfragung des
künstlerischen Kanons und entsprechender Ausstellungs- und Sammlungspolitik möchte die Kunsthalle Bielefeld mit der Präsentation von Dóra Maurer alternative Geschichten der Abstraktion vorstellen.
Die Ausstellung umfasst etwa 60 Werke aus fünf Jahrzehnten in den unterschiedlichen Medien Grafik, Film, Fotografie und Malerei. Maurers Selbstbehauptung im primär männlich besetzten Feld abstrakter Kunst soll ebenso Berücksichtigung finden wie ihre Erarbeitung experimenteller Workshops in den 1970er-Jahren, mit denen sie den damals politisch eingeschränkten Handlungsspielraum zu erweitern suchte. Bis heute hat Dóra Maurer durch ihr Wirken als Professorin an der Akademie der Bildenden Künste in Budapest, als Gründungsmitglied und Präsidentin der Open Structures Art Society (OSAS), Budapest, und als freie Kuratorin Vorbildfunktion für viele jüngere Künstler*innen in Ungarn.
Parallel zu sehen:
MINIMALISMUS UND MEHR
Blick in die Sammlung #3
und
BETON UND GEISTIGE ZUSAMMEN-ARBEIT
Goshka Macuga | SFB 1288 Praktiken des Vergleichens
miteinander gegenüber #4
und
ZUSTAND: DURCHLÄSSIG
Klara Hobza
DEM WASSER FOLGEN (Prolog)
Kunsthalle Bielefeld
Artur-Ladebeck-Straße 5
D-33602 Bielefeld
www.kunsthalle-bielefeld.de
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Dóra Maurer
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