Klimawandel, Gletscherschwund und sich ändernde Wasserpegel: Glaziologinnen und Glaziologen erforschen seit Jahrzehnten die Veränderungen der Gletscher und ihre Auswirkungen auf die Natur. Was passiert, wenn eine Künstlerin die Forschenden begleitet? Die argentinische Künstlerin Irene Kopelman ist mit auf Expedition. Sie hat sich mit den Fachleuten ausgetauscht. Sie hat erfahren, wie die konstanten Formveränderungen der Gletscher wissenschaftlich erfasst werden. Und sie hat gezeichnet. Resultat ihrer künstlerischen Recherche sind faszinierende, auf Strukturen reduzierte Bilder.
Irene Kopelman (*1974) ist für ihre Zeichnungen bekannt. Sie entstehen im Freien und spielen trotzdem nur lose auf die Orte an, die sie mit ihrem Bleistift erfasst. Die argentinische Künstlerin, die ihre Zeit zwischen Amsterdam und Argentinien aufteilt, arbeitet dabei nicht alleine für sich in der Natur, sondern begleitet Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler auf ihren Expeditionen. Im Jahr 2010 war sie auf einem Segelschiff in der Antarktis unterwegs und versuchte, während der Expedition die Berge am Horizont zu Papier zu bringen – trotz der höchst schwierigen Wetterbedingungen mit dichtem Nebel, eiskaltem Wind, Schneefall und hohen Wellen.
Zwei Jahre später begann sie ein weiteres Projekt, das mit Bergen zu tun hat. Dieses Mal interessierte sie sich für Gletscher und Lawinen der Schweizer Alpen. Ein Stipendium der Stiftung Laurenz-Haus Basel (2012-13) gab den Anstoss, mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern des «World Glacier Monitoring Service» und der «Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft» in die Berge zu gehen. Sie setzte sich den Orten und den Wetterbedingungen (die sie oft am Zeichnen hinderten) aus und lernte von den Spezialistinnen und Spezialisten: Kopelman begann die Komplexität der Gletscher und damit auch die konstanten Formveränderungen zu verstehen und erfuhr, wie diese von den Forschenden analysiert und katalogisiert wurden. Die Teilnahme an Expeditionen und Kopelmans Bereitschaft, sich dem Rhythmus der Expedition wie auch den landschaftlichen Gegebenheiten anzupassen, sind für ihre Arbeit essentiell. Ihre künstlerische Recherche mündet in feine zarte Zeichnungen wie auch in Bücher, in denen sie ihre Erfahrungen auf den Forschungsreisen und ihre Beteiligung an den Expeditionen beschreibt und gleichzeitig eine Analyse der «Repräsentation» herausarbeitet.
Dr. Linda Schädler, Leiterin der Graphischen Sammlung ETH Zürich, hat die Ausstellung kuratiert. Sie präsentiert Kopelmans Zeichnungen in Kombination mit Werken aus den Beständen der ETH Zürich: unter anderen begegnet man Panoramen von Hans Conrad Escher von der Linth (1767-1823) aus dem frühen 19. Jahrhundert oder Zeichnungen und Aquarelle von gletscherbedeckten Bergen von Caspar Wolf (1735-1783) aus dem 18. Jahrhundert. Auch wenn diese historischen Werke immer als Kunst begriffen wurden, so waren sie doch zugleich wichtige Quellen für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler und ihre Forschungen. Kopelmans Werke gewähren einen Einblick in die Geschichte der Darstellung von Alpen, über die, wie Kopelman schreibt, «…viele grossartige Philosophen nachgesonnen haben, die von unzähligen Künstlerinnen und Künstlern gezeichnet und gemalt, die interpretiert, theoretisiert und millionenfach dargestellt wurden.» Sie fragt danach, was sie als Künstlerin zu dieser langen Tradition von Bergdarstellungen hinzufügen kann und welchen Stellenwert Kunstwerke innerhalb der naturwissenschaftlichen Forschung heute haben. Zudem: Wie war es für die Forschenden in einem Zeitalter von Fotografie und digitalen Speichermedien, eine Zeichnerin auf der Expedition dabei zu haben?
Das Veranstaltungsprogramm geht solchen Fragen nach und ist dezidiert interdisziplinär angelegt.
Unter anderem gibt es eine «Im Fokus»-Diskussion mit Dr. Irene Kopelman, Künstlerin und Dr. Samuel Nussbaumer vom «World Glacier Monitoring Service», Geographisches Institut, Universität Zürich, die zusammen auf Expedition waren. Gemeinsam mit Prof. em. Dr. phil. nat. Heinz J. Zumbühl, Geographisches Institut der Universität Bern, und Dr. Linda Schädler, Leiterin der Graphischen Sammlung ETH Zürich, sprechen sie über Kopelmans künstlerische Projekt und thematisieren, wie Kunst und Glaziologie miteinander verbunden werden können (15.5.2018, 18:30, auf Englisch).
Oder es diskutieren der ETH-Glaziologe Dr. Matthias Huss, Versuchsanstalt für Wasserbau, Hydrologie und Glaziologie, Andreas Greiner, Doktorand an der Professur für Geschichte der modernen Welt der ETH Zürich und Dr. Linda Schädler über die Herausforderungen einer Feldstudie: «Ergebnisse und Darstellungsmodelle auf Expeditionen mit erschwerten Bedingungen» (13.6.2018, 18:30, auf Deutsch). Themenführungen am Montagmittag über die Pioniere der Gletscherforschung, über Rundpanoramen, zum Künstler Caspar Wolf wie auch Arnold Escher runden das Programm ab.
Praktische Informationen
Veranstaltungen Im Rahmen der Ausstellung finden Führungen und zwei Abenddiskussionen der Reihe «Im Fokus» statt. Details dazu unter: https://gs.ethz.ch/agenda/
Öffnungszeiten täglich, 10 – 16:45 ganztägig geschlossen: Dienstag, 1. Mai (Tag der Arbeit), Donnerstag, 10. Mai (Auffahrt); Samstag – Montag, 19. – 21. Mai (Pfingsten)
Eintritt frei
Pressekontakt Julia Burckhardt,
Graphische Sammlung ETH Zürich
ethz.ch
Presse
Kataloge/Medien zum Thema:
Irene Kopelman
Freundeskreis Willy-Brandt-Haus e.V.
GalerieETAGE im Museum Reinickendorf
Akademie der Künste / Hanseatenweg
Kommunale Galerie Berlin
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