Afrikanische Götter und weisse Heilige, Xangô und der Heilige
Hieronymus, Iansã und die Heilige Barbara, Oxalá und Nosso Senhor do
Bonfim, Iemanjá und die Heilige Jungfrau Maria, Prozessionen und
Trommeln, Rituale und Ex-Votos vermischen sich im Candomblé, der
synkretischen Religion Bahias, die weit mehr ist als Religion:
Lebensgefühl und eine Möglichkeit, Alltag im Zusammenleben
verschiedener Kulturen zu bewaeltigen. Während in Deutschland über
die Entwicklung einer multikulturellen Gesellschaft diskutiert wird,
entstanden im Zusammentreffen verschiedener Kulturen und Religionen in
der Karibik und an der Ostkueste Brasiliens, insbesondere in Salvador
de Bahia, "neue", synkretische Religionen, Zeremonien, Feste und
künstlerische Ausdruckweisen, die wiederum - über Grenzen und
Kontinente hinweg - identitätsstiftend für die afroamerikanische
Kultur waren und sind. In der Ausstellung werden - ausgewählt von der
Kuratorin Karin Stempel - vier künstlerische Positionen vorgestellt,
die im Sinne des Candomblés in Salvador de Bahia entstanden und Axé,
die Kraft des Candomblé, vermitteln, das Lebensgefühl von Bahia de
Todos os Santos: Pierre Verger (*1932 in Paris - 1996 in Salvador),
Reisender, Fotograf und Anthropologe, vertritt die
dokumentarisch-wissenschaftliche Position: Seine
Schwarz-Weiss-Fotografien und seine Schriften, sein Leben und
Lebenswerk war den Beziehungen zwischen der afrikanischen und der
brasilianischen Kultur gewidmet. In den beeindruckenden Fotos, die die
Fundação Pierre Verger in Salvador zu Verfügung gestellt hat, sind
zum einen direkte Vergleiche zwischen Afrika und Bahia angestellt, zum
anderen wichtige Momente des Candomblé festgehalten. Mario Cravo Neto
(* 1947, Salvador de Bahia), dessen Fotografien sich in zahlreichen
Sammlungen wie der des Museum of Modern Art in New York befinden und
in zahlreichen Ausstellungen in international renommierten
Institutionen gezeigt werden, praesentiert "Laróyè", eine
Dia-Klanginstallation, die dem Götterboten Exu gewidmet ist. Mario
Cravo Neto folgt den Spuren Exus durch Bahia: dem Lachen, der Musik,
den Trommeln, dem Tanz, den Opfergaben - Rosen, Früchte, Hühner - ,
den Strassen und Plätzen, den Menschen und dem Leben in Salvador de
Bahia. Eriel Araújo (* 1968, Salvador de Bahia) spricht in seiner
Installation unsere Vorstellung von religioesem Ritual an: Der
Ausstellungsbesucher ist aufgefordert, eine Kerze anzuzuenden und
aufzustellen. Araújo bezieht sich nicht nur auf das katholische
Ritual, sondern thematisiert auch Fragen nach Bild und Abbild,
Verschleiern und Offenlegen; zudem - und dies ist wiederum eng mit dem
Candomblé verbunden - lässt er, indem "Heiligenbilder" durch
"Menschenbilder" ersetzt werden, sichtbar werden, dass religiöse Bilder stets vom Bild des Menschen ausgehen. Candomblé ist nicht nur eine Religion, sondern auch eine Moeglichkeit zur Bewaeltigung des nicht immer einfachen Alltags vor allem in den Favelas. Marepe (*
1970, Santo Antônio de Jesus, Bahia) übertraegt diesen
gesellschaftspolitischen Aspekt auf seine Projekte. In der
Ausstellung wird mit Fotoserien und einer Video-Dokumentation (von
Marcondes Dourado) eines seiner jüngsten Projekte vorgestellt: Mit
Strassenkindern realisierte Marepe eine Zuckerwatte-Aktion, die zum
Fest wurde, in dem sich Alltag und Ritual zu einer soziokulturellen
und künstlerischen Aktion verbanden.
Zur Ausstellung erscheint ein Katalog mit 62 Seiten, einem Text von
Karin Stempel und zahlreichen Schwarz-Weiss- und Farbabbildungen zum
Preis von 10.- Euro.
ifa-Galerie Berlin
Linienstrasse 139 / 140
10115 Berlin
Ausstellungsdauer
25. Oktober - 22. Dezember 2002
Oeffnungszeiten
Dienstag - Sonntag 14 - 19 Uhr
ifa-Galerie Berlin
Kataloge/Medien zum Thema:
ifa galerie
Verein Berliner Künstler
Deutscher Künstlerbund e.V.
Kommunale Galerie Berlin
a.i.p. project - artists in progress
Galerie Beyond.Reality.