John Armleder (*1954), einer der wichtigsten und einflussreichsten Schweizer Künstler der Gegenwart, macht mit seinem breit gefächerten Formen- und Stil-Vokabular die Kunst selbst zum Thema und hat damit ein unverwechselbares Universum aus divergenten und eindrucksvollen Werken geschaffen, das sich zwischen Kunst, Design, Konzept, Geometrie, Pop und Trash bewegt. Bekannt durch zahlreiche internationale Ausstellungen wie auf der Biennale Venedig oder im Museum of Modern Art New York, und seit 1994 Professor an der HBK Braunschweig, stellt Armleder sich stets von neuem der Frage, was Kunst ist, kann und darf.
Raumgreifende Installationen, appropriierte Ready-mades, Farbschüttungen oder geometrisch-konstruktive Malerei beschreiben Armleders Anlehnungen an die unterschiedlichen Bewegungen der Moderne: immer wieder nimmt er Bezug auf deren zentrale Ideen und plädiert dabei konsequent für das Prinzip, Bilder und Gegenstände innerhalb und außerhalb des Kunstkontextes als frei verfügbares Material zu nutzen.
Im Kunstverein Hannover zeigt John Armleder eine komplexe Werkschau, die Arbeiten unterschiedlichster Werkphasen erstmals in komplett mit Wallpaintings ausgestatteten Räumen zueinander in Bezug setzt, darunter auch eigens für Hannover geschaffene oder neu inszenierte Arbeiten. So sind mehrere der emblematischen Furniture Sculptures (wie "Untitled (FS)", 1997) zu sehen, die industriell produzierte Möbelstücke mit geometrischer Malerei kombinieren. In der Tradition Duchamps überführt Armleder Alltägliches in den Kunstkontext und hinterfragt damit sowohl den Kunstbegriff, wie auch die Idee einer individuellen künstlerischen Autorschaft. Im Kunstverein Hannover stellen die Kuratoren beispielsweise nach seiner Anleitung die Arbeit "Ne Dites pas Non!" (1996/2000) zusammen, in der Kunst und Design-Möbel ein installatives Raumbild ergeben.
Einen wichtigen Platz in der Ausstellung nehmen neue Arbeiten ein, in denen Armleder mit Neon, Spiegeln, Blumen, koreanischen Lichtbäumen, Projektionen oder Diskokugeln arbeitet. Außerdem sind neun großformatige, 2005 entstandene Puddle Paintings zu sehen, die auf in den 1980er Jahren entstandenen Pour Paintings aufbauend sich durch die freie Gestik auszeichnen und Farben und Lacke experimentell auf der Leinwand mischen. Diese prozessualen Gemälde unterscheiden sich stark von den streng geometrischen Abstraktionen und dekorativen Elementen auf monochromem Hintergrund, etwa den Wall Paintings, die ebenfalls seit den 1980er Jahren entstehen. Vor allem diese Wandmalereien, mit denen die Räume des Kunstvereins komplett ausgemalt werden und somit der gesamten Ausstellung als Hintergrundfolie dienen, überschreiten die Grenzen von freier und angewandter Kunst, Design, Dekoration und Installationsraum.
Mit "Asymcymetes" und "Mondo-Tiki Radiolaria" (2005) inszeniert John Armleder im Kunstverein eine bestehende Arbeit zu einer neuen, in dieser Form noch nicht gezeigten Installation. In riesig dimensionierten Regalen findet sich eine breit gefächerte, überbordende Ansammlung von farbig schillernden Plastikelementen, Videobildschirmen, echten und künstlichen Blumen, glitzerndem Tand, fluoreszierenden Lichtern, Ghettoblastern, Plexiglas, Plüschtieren und eigenen Arbeiten. Mit dieser Verbindung der Dinge gelingt Armleder eine Leichtigkeit, die eine deutliche Nähe zu Dada und Fluxus erkennen lässt. Armleder formuliert mit der Kombination von Ready-made und Abstraktion die Möglichkeit, Kunst als Umwertung kultureller Werte zu begreifen: ironisch mischt er Kunst und Alltag, lässt das Triviale glamourös leuchten und bietet es vor knallig farbigem und streng geometrischen Hintergrund an: Too Much is not Enough. (Presse / KV Hannover)
Abbildung: Copyright Armleder Mondo Tiki Radiolaria 2005
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