Die von Ulrike Jagla-Blankenburg und Kathrin Luz kuratierte Ausstellung zeigt 17 künstlerische Positionen im Spannungsfeld verbaler und non- verbaler Kommunikation.
Das Phänomen Kommunikation beinhaltet Schweigen und Sprechen, Verweigerung und Geschwätz, Konzentration und Expression sowie Stille und Lärm. Die Ausstellung thematisiert die verschiedenen Erscheinungsformen von Kommunikation und besonders die des Schweigens, das Facetten wie Schweigeminuten, Schweigemärsche oder auch die weltabgewandte schweigende Annäherung an Gott beinhaltet.
Die beteiligten Künstler entstammen mehr oder weniger dem Umfeld Kölns und behandeln das Thema Schweigen auf sehr verschiedene Weise.
So spielt Gregor Schneiders Sarg auf den Tod als das endgültige Schweigen an. Wie andere Arbeiten Schneiders bewegt sich auch diese in einem Zustand der Nicht- bzw. der Rand-Existenz. Man denke hierbei z.B. an sein Ausschlachten und Ausnehmen des "Haus ur".
Die in sich gekehrten Mädchen-Gestalten Leiko Ikemuras existieren ganz ohne Sprache und scheinen in einem geheimen, schweigenden Dialog miteinander zu stehen. Ikemuras Werke verbinden Themenkomplexe wie Schöpfung und Verfall sowie Prozesse des Wachsens und Entwachsens. Ihre Figuren vereinen in metaphorischen Prozessen Flora, Fauna und menschliches Leben. Immer wieder finden sich auch nahezu gesichtslose Büsten und Figuren, die ihre eigenen Gliedmaße in den Mund zurückzudrängen suchen.
Die Videoreihe "In der Kiste" von Anna Anders zeigt Menschen, von der Kamera beobachtet, in eine kleine Kiste gesperrt. Der Monitor fungiert einerseits als Guckloch für den voyeuristischen Blick, andererseits erinnert er an verzweifelte Sprachlosigkeit, Gefangen- und Verborgensein.
Die Lichtgestalten Gerd Bonferts verkörpern eine in sich gekehrte Gedankenwelt jenseits von Zeit und Raum. Wie bei seinen anderen Arbeiten ist eine dunkle Stille kennzeichnend. Die luziden Formen werden durch die extrem lange Belichtungszeit und die Lichtführung seiner Hand zeichnerisch modelliert.
Rosemarie Trockel ehrt mit einer Zeichnungsinstallation das couragierte Handeln von Beate Klarsfeld, die 1968 dem ehemaligen Bundeskanzler Kiesinger für das Verschweigen seiner Nazivergangenheit eine Ohrfeige verpasste. Indem Beate Klarsfeld ehemalige Nazis aufspürte und verfolgte, hat sie das Schweigen des Mannes, das häufig als Machtinstrument eingesetzt wird, nicht durch das Schweigen der Frau gestützt, sondern hat entschieden und nicht-sprachlich gehandelt.
Dies ist nur eine Auswahl der interessanten künstlerischen Positionen, die sich auf alle Etagen des Oberlandesgerichts verteilen. Der Ort ist inhaltlich bedeutsam gewählt, ist er doch sowohl ein Ort der sprachlichen Verständigung und Urteilskraft, als auch einer des betretenen Schweigens. Die imposanten Räumlichkeiten mit ihrer preußisch- repräsentativen Bauweise bieten ein kontrastives Terrain zur Präsentation der Werke. Der Besucher ist eingeladen, in verschiedenen Nischen, Gängen und auf verschiedenen Ebenen die Auseinandersetzungen mit dem Thema Schweigen zu suchen und – im besten Falle für sich – zu entdecken.
Die fast versteckte Anwesenheit der Kunstwerke lässt einen das Schweigen körperlich wahrnehmen.
Beteiligte Künstler:
Anna Anders, Siegfried Anzinger, Gerd Bonfert, Leiko Ikemura, Boaz Kaizman, Clemens Kaletsch, Marie Luise Lebschik, Horts Münch, Marcel Odenbach, Thomas Rentmeister, Volker Saul, Gregor Schneider, Christian Schwarzwald, Stephanie Stein, Rosemarie Trockel, Johannes Wohnseifer, Peter Zimmermann (sowie ein historischer Exkurs mit Marcel Broodthaers).
Ausstellungsdauer: noch bis 25.4.03
Adresse:
Oberlandesgericht Köln – Reichenspergerplatz 1 – 50670 Köln
Öffnungszeiten: Montag - Freitag 10 – 15 Uhr | Samstag den 5.April 11 – 15 Uhr
Foto: Copyrigth,Leiko Ikemura
jk
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