Vom 30. September 2011 bis 8. Januar 2012 zeigt der Württembergische Kunstverein mit
über hundert Werken die erste umfassende Einzelausstellung der 1935 geborenen
peruanischen Künstlerin Teresa Burga in Europa. Die Ausstellung wurde von den
KuratorInnen Miguel A. López, Emilio Tarazona und Dorota Biczel konzipiert. Sie basiert
auf der 2010 mit großem Erfolg im Instituto Cultural Peruano Norteamericano (ICPNA) in
Lima gezeigten Retrospektive der Künstlerin. Unter anderem ist Teresa Burga 2011 auch
auf der Istanbul-Biennale vertreten.
Die Ausstellung steht im Kontext einer weitreichenden Neubewertung konzeptueller
Kunstpraktiken der 1960er- bis 1980er-Jahre (u.a.) in Lateinamerika, der sich der
Kunstverein bereits 2009 mit der Ausstellung Subversive Praktiken widmete. Während
Burga dort (peruanische Sektion; Kuratoren: López, Tarazona) mit nur einer Installation
vertreten war, möchte die aktuelle Ausstellung einen Einblick in das breite Spektrum ihres
künstlerischen Schaffens geben, das Zeichnungen, Objekte, Installationen, audio-visuelle
sowie interaktive Arbeiten umfasst.
Teresa Burga
Nach ihrem Kunststudium an der Katholischen Universität Peru in Lima (1962–1964)
wendet Burga sich experimentellen Kunstformen zu. Zwischen 1966 und 1967 schließt sie sich
der Gruppe Arte Nuevo (Neue Kunst) an, die den Weg für eine radikale Neubestimmung
der Kunstlandschaft Perus ebnet. Während ihres Fullbright-Stipendiums am Art Institute of
Chicago (1968–1970) beschäftigt sie sich mit ephemeren konzeptuellen Ansätzen und
avanciert nach ihrer Rückkehr zu einer der frühen VertreterInnen der Installationskunst in
Peru. In den 1970er-Jahren folgen raumgreifende analytische Werke, die sich mit der
Beschaffenheit und Wirkungsweise von Information, Sprache und audio-visuellen Medien
auseinandersetzen.
Teresa Burgas Experimente im Bereich der Pop Art, Visuellen Poesie, der Konzept-,
Informations- und audio-visuellen Kunst kreisen um Fragen der Repräsentation und
Massenkultur, untersuchen Konstruktionen von Identität und Weiblichkeit ebenso wie die
Technisierung und Bürokratisierung von Arbeit und Freizeit. Sie umfassen Entwürfe
absurder, disfunktionaler Apparaturen, Handlungsanweisungen, Partituren und diverse
Selbstversuche, darunter eine mit geschlossenen Augen angefertigte Zeichnungsserie. Ihr
umfangreiches zeichnerisches Werk ist von minutiösen Protokollen des
Herstellungsprozesses durchsetzt. Bemerkenswert sind darüber hinaus ihre im Rahmen
interdisziplinärer Forschungsprojekte entstandenen Grafiken und Displays, die die
künstlerische Praxis Teresa Burgas sowohl im Bereich des Kommunikationsdesigns als
auch des „Artistic Research“ verorten.
Die Ausstellung
Im Zentrum der Ausstellung stehen – neben zahlreichen grafischen Arbeiten und Objekten
– drei Installationen, die zu den Schlüsselwerken der Künstlerin zählen.
Die 1972 entstandene Installation Autorretrato. Estructura. Informe. 9.6.72 (Selbstporträt.
Struktur. Bericht. 9.6.1972) kreist um die Messbarkeit des menschlichen Körpers. Auf der
Basis von medizinischen Untersuchungen, die an Burgas eigenem Körper (Gesicht, Blut,
Herz) während eines Tages durchgeführt wurden, zeigt sie Fotografien, Diagramme,
pharmazeutische Rezepte und Phonokardiogramme, die die Ergebnisse visualisieren.
Zudem sind die Herztöne der Künstlerin zu hören, die zugleich eine Lichtskulptur steuern.
Quatro Mensajes (Vier Botschaften) von 1974 basiert wiederum auf vier Botschaften, die
die Künstlerin zufällig dem peruanischen Fernsehen entnahm. Auf unterschiedliche Weise
hat sie diese im Hinblick auf ihre sprachlichen, auditiven und visuellen Elemente zerlegt 3
und einer Neuordnung unterzogen. Die dritte Botschaft, ein Satz aus dem Kontext der
Umweltschutzdebatte, wird dabei auf gleich mehreren Ebenen dekonstruiert: Indem
beispielsweise jedes einzelne Wort dieses Satzes durch die lexikalische Definition
desselben ersetzt wird, oder einzelne Buchstaben zum Material visueller Poesie werden.
Die Installation Perfil de la Mujer Peruana (Profil der peruanischen Frau, 1980–1981) ist vor
dem Hintergrund eines umfangreichen Kunst- und Forschungsprojekts entstanden, das
sich mit der Rolle der peruanischen Frau (im Hinblick auf Politik, Ökonomie, Religion,
Recht, Sexualität et cetera) beschäftigt.
Die Einzelausstellung von Teresa Burga zeigt eine komplexe und radikale künstlerische
Position der 1960er bis 1980er Jahre auf, die lange Zeit weder in Peru noch im
internationalen Kontext wahrgenommen wurde. Diese Neubetrachtung ist Teil der
Aktivitäten eines breiten Forschungsnetzwerks lateinamerikanischer
KunstwissenschaftlerInnen und KünstlerInnen, die eine Relektüre der Konzeptualismen des
Südens vornehmen (Southern Conceptualisms Network)
Abbildung: Aus der Installation / From the Installation:
Selbstporträt, Struktur, Bericht 9.6.72 (Self Portrait, Structure, Report 9.6.72), 1972
Courtesy: Teresa Burga
Öffnungszeiten Ausstellungen
Di, Do - So: 11:00 - 18:00 Uhr
Mi: 11:00 - 20:00 Uhr
Württembergischer Kunstverein Stuttgart
Schlossplatz 2
D - 70173 Stuttgart
T: +49 (0)711 - 22 33 70
wkv-stuttgart.de
Medienmitteilung
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