Die künstlerische Auseinandersetzung mit dem Militärischen in der deutschen Volks- und Laienkunst
Die von ATAK (Prof. Georg Barber, Professor für Kommunikationsdesign/Illustration an der BURG) kuratierte Ausstellung ATAK. Der letzte Mann widmet sich vom 13. April bis 7. Mai 2017 in der Burg Galerie im Volkspark künstlerischen Auseinandersetzungen mit dem Militärischen in der deutschen Volks- und Laienkunst. Zu diesem ungewöhnlichen Thema recherchierte Georg Barber während seines Forschungsfreisemesters im Frühjahr 2016 und legte eine eigene Sammlung von Artefakten an, die bis ins 18. Jahrhundert reichen, jedoch einen Schwerpunkt in der Zeit des Ersten und Zweiten Weltkriegs haben. Das Spektrum seiner Analyse und der gezeigten Arbeiten erstreckt sich dabei von militärischen Hobbymodellen über Feldpostkarten bis hin zu Kunst von Soldaten und Kriegsgefangenen und schließt die visuelle Aufarbeitung traumatischer Kriegserlebnisse ein. In der weiteren Auseinandersetzung wird auch die Wechselbeziehung zwischen Artefakten privaten Ursprungs und der offiziellen propagandistischen Kriegsmalerei untersucht.
Neben den historischen Objekten sind in der Ausstellung auch Arbeiten und Beiträge von ATAK sowie den Künstlern 44Flavours, Robert Deutsch, Moritz Götze, Heino Jaeger, Tal R und Josef Wittlich zu sehen, die sich ebenfalls mit dem Thema auseinandersetzen.
Titelgebend für die Schau ist das verschollene Propaganda-Bild Der letzte Mann des deutschen Marinemalers Hans Bohrdt (1857–1945), das im Ersten Weltkrieg als Postkartendruck in hoher Auflage verbreitet wurde. Die Illustration eines Matrosen, der als Letzter mit wehender Fahne im Seegefecht des 8. Dezembers 1914 vor den Falklandinseln untergeht, wurde zu einer nationalen Ikone stilisiert und auch später noch häufig von Laien kopiert. In der Ausstellung sind einige dieser Kopien zu sehen. Während des Ersten Weltkriegs entstanden in Abwandlung einer bürgerlichen Tradition aber auch massenhaft Anfertigungen von Erinnerungsbildern gefallener Frontsoldaten für das Wohnzimmer der Familie, die nun ebenfalls Eingang in die Schau finden. Neben dem Aufspüren von solchen, damals populären Bildthemen fragt ATAK als Künstler, wo die künstlerische Kreativität in der Laienkunst beginnt und welche Rolle sie in einem solchen Zusammenhang spielt. Die von ihm ausgewählten Werke und Artefakte verweisen darauf, dass Kriegstraumata auch mittels Modellbau, selbst gefertigten Alltagsobjekten oder Spielzeug von Kriegsgefangenen verarbeitet wurden. So bedeutete das in der Ausstellung zu sehende Trinkgefäß möglicherweise eine größere Überlebenschance, zugleich zeigt die persönliche Verzierung auch kreative Selbstbehauptung unter den Bedingungen im Gefangenenlager. Beeindruckend sind ebenfalls die ausgewählten Skizzenbücher von künstlerisch begabten Soldaten. Das Konvolut erinnert in seiner emotionalen Dringlichkeit an Kinderzeichnungen traumatisierter Flüchtlingskinder und schlägt damit den Bogen in die Gegenwart. In diesem Zusammenhang stellt sich für ATAK die Frage, was mit jenen politisch wie künstlerisch brisanten Aufzeichnungen des jeweiligen Zeitgeschehens passiert. Von wem werden sie gesehen, besprochen oder erinnert?
Zeitgleich zur Beschäftigung mit dem Thema sind von ATAK eigene Arbeiten entstanden, die in der Ausstellung gezeigt werden. Außerdem wendet er sich der Frage zu, wie das Militärische die kindliche Kreativität beeinflusst und wie sich Künstlerkollegen damit auseinandersetzen. So sind in der Ausstellung auch Arbeiten der Künstler 44Flavours, Robert Deutsch, Moritz Götze, Heino Jaeger, Tal R sowie Josef Wittlich zu sehen. Die Künstlergruppe 44Flavours schafft beispielsweise für die Ausstellung eine raumbezogene, begehbare Installation, die sowohl an einstige Unterstände als auch an heutige Flüchtlingscamps erinnert. Die zeitgenössischen Arbeiten schärfen den Blick für die Aktualität des Themas und verbinden es mit Fragen zur individuellen und kollektiven Erinnerungskultur.
Kurzvita ATAK
ATAK wurde 1967 in Frankfurt/Oder geboren. Seit 2009 hält er eine Professur für Illustration an der Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle inne. Er lebt und arbeitet als freiberuflicher Künstler, Illustrator und Grafiker in Berlin. Einzelausstellungen mit seinen Werken wurden unter anderem in Paris, Berlin, Stockholm, Helsinki, Basel und Zürich ausgerichtet.
ATAK. Der letzte Mann
Ausstellungsdauer: 13. April bis 7. Mai 2017
Eröffnung: Mittwoch, 12. April 2017, 18 Uhr
Ort: Burg Galerie im Volkspark, Schleifweg 8 a, 06114 Halle
Öffnungszeiten: Montag bis Sonntag, 14 bis 19 Uhr
Eintritt: Der Eintritt ist kostenfrei.
Weitere Informationen: burg-halle.de/galerie
Kurator: ATAK (Prof. Georg Barber)
Gastkünstler: 44Flavours, Robert Deutsch, Moritz Götze, Heino Jaeger, Tal R, Josef Wittlich
Publikation: Zur Ausstellung erscheint ein Katalog im Selbstverlag mit 64 Seiten. Mit Beiträgen und Texten von Georg Barber, Rainer Erb, Lenia Hauser, Tobias Jacob, Stefan Kutschera, Heiner Müller und Oliver Müller. Deutsche Ausgabe, Schutzgebühr.
Begleitprogramm:
Symposium Der letzte Mann: Von Schlachtenmalerei und Grabenkunst:
Mittwoch, 19. April 2017, 17 bis 20 Uhr, Burg Galerie im Volkspark, Schleifweg 8 a, 06114 Halle (Saale)
Symposium mit Prof. Georg Barber, Oliver Müller und Rainer Erb.
Der Eintritt ist frei, eine Anmeldung nicht erforderlich.
Museumsnacht Leipzig/Halle:
Sonnabend, 6. Mai 2017, 18 bis 24 Uhr, Burg Galerie im Volkspark, Schleifweg 8 a, 06114 Halle (Saale)
Materialschlacht-Live-Painting, Performances und Animationsfilme von Burg Studierenden mit dem Schwerpunkt Illustration:
18 bis 20 Uhr: Animationsfilme
20 bis 22 Uhr: Performances
Ab 23 Uhr: musikalische Finissage
Während des Abends wird ein Barbetrieb angeboten.
Führungen durch die Ausstellung: Jeden Sonntag um 15 Uhr führen Studierende der kunstpädagogischen Studiengänge durch die Ausstellung.
Die Teilnahme ist kostenfrei.
Social Media: Die BURG kommuniziert die Ausstellung in den sozialen Medien mit den Hashtags #ATAK und #BurgHalle.
Anzeige
Kataloge/Medien zum Thema:
ATAK
Kunsthochschule Berlin-Weißensee
GEDOK-Berlin e.V.
GalerieETAGE im Museum Reinickendorf
Verein Berliner Künstler
Haus am Kleistpark