Die Enquete-Kommission des Bundestages "Kultur in Deutschland" plant im Rahmen ihres Zwischenberichts, die Kultur als Staatsauftrag unter Artikel 20 zu verankern. "Der Staat schützt und fördert die Kultur" würde folglich der neue Artikel 20b lauten und würde so gleichgestellt neben den wirtschaftlichen, sozialen und umweltbezogenen Zielen im Grundgesetz verankert sein. Beim deutschen Kulturrat frohlockt man bereits seit ein paar Wochen, die kulturpolitischen Sprecher des Bundestages dagegen betrachten die Sachlage etwas differenzierter.
Das größte Contra - und das dürfte bereits aus den Verhandlungen bei der Föderalismusreform bekannt sein - wird ein weiteres Mal mit der gefährdeten Länderhoheit begründet. Eine zentralisierte Kulturförderung würde die Effizienz einschränken. Angesichts der Tatsache, dass in den meisten Ländern die Kultur bereits in der Verfassung eingebettet ist, spricht manch Politiker auch von Makulatur. Andere von bürokratischem Wahnsinn - eine Prozessflut sei nicht ausgeschlossen. So schilderte auch Katrin Göring-Eckardt (Grüne) gegenüber der Presse, dass durch die Verankerung im Grundgesetz das Gewicht der Kultur lediglich "gestärkt werden könnte".
Auf der anderen Seite scheint eine Verankerung nach der Aufnahme des Umweltschutzes im Jahr 1994 und dem Tierschutz 2002 nur folgerichtige Konsequenz sein. Der Status der Kultur als Lebensgrundlage ist nicht anzuzweifeln, also definitiv im Grundgesetz festzuhalten. Darüber hinaus ist sie beispielsweise in den Kommunen insofern schützenswert, als dass es den lokalen Politikern freigestellt ist, welches Gewicht die Kultur in den Haushaltsplänen erhält.
Doch die grundsätzliche Frage sollte vielmehr lauten: Wie definiert sich der Sektor "Kultur"? Könnte man diesbezüglich nicht auch eine Badekultur etwa mit einschließen, wie Rachel Gehlhoff überspitzt in "Figaro" anmerkte?
Auf eine Festlegung des Bundestags darf man folglich wohl noch lange warten. Besonders in Wahlkampfzeiten, in denen das Wörtchen "Bürokratie" zum pauschalisierten Schimpfwort verkommen ist.
M.M.
Michael Marth - kultur-kanal.de
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