Vom 24. November 2006 bis 11. Februar 2007 widmet sich das Kunsthaus Zürich in der Reihe «Bilderwahl!» dem Motiv der introvertierten Frau in Malerei und Fotografie. Die Mitglieder der Zürcher Kunstgesellschaft hatten sich im Frühjahr für die Fotografie «Stripping» (1998) von Teresa Hubbard/Alexander Birchler entschieden. Gastkuratorin Linda Schädler hat zu dieser Arbeit Analogien in den Werken von u.a. Félix Vallotton und Mario Sironi entdeckt und ein Dutzend davon für eine Kabinett-Ausstellung zusammengetragen. Eine Stimmung des angespannten Wartens und der eingefrorenen Augenblicke erwartet den Besucher.
Die Beschäftigung mit introspektiv dargestellten Frauen in atmosphärisch dichten Innenräumen reicht in die Kunstgeschichte des 19. Jahrhunderts zurück. Besonders ausgeprägt war sie zwischen 1890 und 1920, wenige Jahrzehnte, nachdem Flaubert, Ibsen und andere Schriftsteller begonnen hatten, sich mit Stoffen aus dem zeitgenössischen Alltag auseinander zu setzen. Geschichten wie Flauberts «Madame Bovary» (1857), in welcher der Autor mit unbestechlicher Sachlichkeit die sentimentale Empfindungswelt des Bürgertums seziert und die Sehnsüchte der Protagonistin aufzeigt, wurden in der bildenden Kunst rezipiert und wirken bis heute nach. Für Hubbard/Birchlers «Stripping»-Serie waren der Roman Flauberts und das Motiv einer scheinbar passiven, aber auf etwas Unbestimmtes konzentrierten weiblichen Figur eine wichtige Inspirationsquelle.
DAS WERK «STRIPPING»
Eine ins Leere starrende Frau in einem bühnenartigen Zimmer, warmes künstliches Licht und finstere Schattenwürfe - Teresa Hubbard (*1965) und Alexander Birchler (*1962) haben in ihrer Fotografie «Stripping» ein minutiös inszeniertes, stilisiertes Bild von eindringlicher Qualität geschaffen. Das irisch-schweizerische Künstlerpaar, das seit 1990 in den Bereichen Skulptur, Fotografie und Video zusammen arbeitet, erfindet in seinem Schaffen alltägliche Situationen, die es in bewegte oder statische Bilder umsetzt. So hat es auch in der fünfteiligen Fotoserie «Stripping» mit fragmentarischen Architekturkulissen, die unmögliche Raumverschachtelungen und einen fliessenden Übergang zwischen Innen und Aussen herstellen, Handlung inszeniert - Handlung, die in ihrer Offenheit kein bestimmbares Ereignis enthüllt.
NEUE SACHLICHKEIT UND METAPHYSISCHE MALEREI
Die introspektive weibliche Figur war auch Gegenstand in der Neuen Sachlichkeit und in der Pittura Metafisica. Das Motiv wird dabei stets mit vergleichbaren Mitteln dargestellt, wie sich an den drei Leihgaben und neun Werken aus der Sammlung des Kunsthauses nachvollziehen lässt. Alle zeichnen sich durch eine bühnenartige Darstellung, eine glatte, stilisierte Formulierung sowie eine ausgeprägte Lichtführung und vage angedeutete Erzählung aus. Präsentiert wird ein angehaltener Moment, ein Schwebezustand, ja eine fast schon quälende Stille. Die isoliert dargestellten Frauen sind in Lektüre vertieft oder befinden sich in einem Zustand des Wartens. Sie lassen, jede auf ihre Weise, die Zeit verstreichen. In allen ausgestellten Werken ist dieser Moment des Übergangs gegenwärtig. Das Danach bleibt dem Betrachter verborgen - und genau diese Ungewissheit ist es, die Generationen von Künstlern und ihr Publikum fasziniert.... (Presse / KH Zürich)
Abbildung: Teresa Hubbard/Alexander Birchler, Stripping, 1998
C-Print, 145 x 180 cm, Kunsthaus Zürich
© 2006 Teresa Hubbard/Alexander Birchler
Öffnungszeiten: Di-Do 10-21 Uhr, Fr-So 10-17 Uhr, montags geschlossen
Kunsthaus Zürich
Heimplatz 1
CH–8001 Zürich
Tel. +41 (0)44 253 84 84
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