Der in Düsseldorf und Goch lebende Maler Ulrich Erben, einer der herausragenden Vertreter konkreter Malerei in Deutschland, hat vor wenigen Wochen seinen 70. Geburtstag gefeiert. Aus diesem Anlass präsentiert das Klever Museum, das Erbens Schaffen in den letzten Jahrzehnten mit mehreren Ausstellungen begleitet hat, erstmals Arbeiten aus der neuen Werkgruppe „SIRIA“ – großformatige Gemälde, die in den Jahren 2008-10 entstanden sind. In ihren subtilen Farbklängen ist die Erfahrung des Lichts und der Landschaften des Nahen Ostens eingefangen.
Die Werkgruppe „SIRIA“ geht zurück auf eine Reise, die Ulrich Erben 2007 nach Syrien unternahm. Dort empfing er während seiner Fahrten durch die Wüste Eindrücke, die, seinen eigenen Worten zufolge, „über die figürliche Wahrnehmung hinaus“ gingen: Eindrücke, „die durch farbige Phänomene, die mir dort begegnet sind, entstanden sind und zu einem Ausdruck gefunden haben – dieses Zusammenspiel von Farben, Licht, Luft und Stille in einer immer ähnlich gegliederten, sehr monotonen Landschaft“. Erben fühlt sich ein in feinste Abstufungen, denn auch die vermeintlich leblose Wüste verändert sich unmerklich: „Das geht so langsam wie der kleine Zeiger der Uhr. Da sieht man auch nicht, dass er sich bewegt (...)“. „Man meint immer, das ist dasselbe, aber das ist es natürlich nicht, da die Zeit, durch die man fährt, eine andere ist und somit auch das Licht. Es sind ganz konkrete Lichtbilder, in denen ich versucht habe, mein Erlebnis sichtbar zu machen.“ Entsprungen aus der Begegnung mit einer vermeintlich eintönigen Landschaft und von denkbar einfacher Struktur – in ein Hochformat (230 x 170 cm) ist ein ebenfalls hochformatiges Rechteck eingestellt –, eröffnen die „SIRIA“-Bilder überraschende, die Wahrnehmung fesselnde und bereichernde Erfahrungen von Farbe und Licht. Die Farben sind zu ungewöhnlichen Akkorden geordnet und von einem rätselhaf-ten inneren Vibrieren erfüllt. Die Weite und die Hitze der Wüste werden unmittelbar anschau-lich, fast könnte man meinen, es mit einer Fata Morgana zu tun zu haben.
Den Gemälden der „SIRIA“-Reihe sind ausgewählte Bilder aus anderen Werkgruppen der letzten Jahre zur Seite gestellt, so dass die jüngsten Entwicklungen in Ulrich Erbens Werk nachvollziehbar werden.
Zur Ausstellung erscheinen ein Katalog mit Texten von Guido de Werd und Roland Mönig sowie eine Edition.
Gefördert durch
Sparkasse Kleve – Premium-Partner des Museum Kurhaus Kleve
sparkasse-kleve.de
Freundeskreis Museum Kurhaus und Koekkoek-Haus Kleve e.V.
freunde-klever-museen.de
Ulrich Erben: Daten zur Biographie
1940 geboren in Düsseldorf
1956 Umzug nach Italien
1958-1965 Studium an den Akademien in Hamburg (Zeichnung), Urbino (graphische Techniken), Venedig (Fresko und Malerei), München und Berlin (Malerei); zwischenzeitlich immer wieder Aufenthalte in Rom
1966 Heirat mit der Schriftstellerin Ingrid Bachér
Rückkehr an den Niederrhein; intensive Auseinandersetzung mit der Landschaft
1967 Aufenthalt in New York
Hinwendung zur ungegenständlichen Malerei; die Farbe und einfache geometrische Formen werden zu den zentralen Mitteln der Gestaltung
1968 erstes weiß übermaltes Bild
1974 Kunstförderpreis des Landes NRW
1975 Umzug nach Düsseldorf
1977 Teilnahme an der documenta 6
1980-2005 Professur für Malerei an der Kunstakademie Münster
1986 Konrad-von-Soest-Preis des Landschaftsverbands Westfalen-Lippe
1992 Mitglied der Akademie der Künste, Berlin
2003 Otto-Ritschl-Preis, Wiesbaden
Der Künstler über seine Arbeit
Mit Formen und Farben konstruieren
„Die Phantasie nährt sich von dem, was ich sehe. Einfälle entstehen durch das Material, mit dem ich arbeite, auch durch das Format, durch die Fläche, häufig durch scheinbar Unwesentliches. Sinn entsteht, ich denke ihn nicht hinein. Während der Arbeit beschäftigen mich nur Formen und Farben, aus ihnen baue ich Bilder. Dabei sind die Farben so wichtig wie Formen; ich konstruiere mit beiden.“
„Seitdem ich nicht mehr gegenständlich arbeite, benutze ich einfache geometrische Formen (...). Primär habe ich stets rechteckige genommen, weil das in sich geschlossene Quadrat mir zu langweilig ist. Je nachdem, ob ich ein Hoch- oder Querformat nutze, wird bereits eine andere Wirkung provoziert. Die Formen sind also denkbar einfache, damit ich mich ganz auf die Farben konzentrieren, also den Dialog mit diesen aufnehmen kann.“ (1995)
Gleichgewicht und Unruhe, Harmonie und Disharmonie der Farben
„Ich käme nie auf die Idee, ein Bild mit einer einzigen Farbe zu machen. Es bedarf immer einer zweiten oder dritten, die dagegen steht. Setze ich gegen ein Braun ein Blaugrün, dann entstehen Abhängigkeiten, die meinen Arbeiten immanent sind, aber auch Gleichgewicht und Unruhe, was für die Gesamtwirkung ausschlaggebend ist. Wichtig ist mir, dass Farbklänge entstehen, die harmonisieren, und andere Konstellationen, die disharmonisieren.“ (1995)
Keine Metaphern, keine Symbole
„(...) wichtig ist für mich das, was ich zunächst sehe, bevor Benennungen hinzukommen, die Einteilung in Sinn. Darum gebe ich meinen Bildern auch meistens keine oder allgemeine Ti-tel, darum auch verwende ich keine Metaphern, keine Symbole. Ich weise auf nichts hin als auf Grundformen und darauf, wie sie in Beziehung zueinander stehen und zu uns, nur auf die-se Zusammenhänge und Proportionen und ihre bedeutungslose Leichtigkeit, auf ihr nüchter-nes Geheimnis, ihre hartnäckige Existenz zwischen Dynamik und Ruhe, Glut und Kälte, Be-wegung und Stillstand. Es sind architektonische und archaische Formen mit wechselnder Stärke. Was mich fasziniert, ist, wie eins aufs andere trifft, und dann diese Bewegung, die unser Auge herstellt. Die Wandlung der Dinge. Das Sein in der Wandlung. Deswegen wie-derhole ich ja auch oft Formen. Die Leichtigkeit wird größer, je öfter ich mit ihnen umgehe; sie gewinnen so Transparenz und Fülle.“ (1987)
Aufmerksam machen
„Ich mache aufmerksam, bzw. mache mich aufmerksam, was mich wirklich interessiert: in den einfachsten Dingen eine Welt der Formen und Farben zu finden, sie wahrnehmbar zu machen, Dialoge zu entwickeln, Streit oder Einklang zu entfachen. Wenn es gelingt, sehen es auch andere. Dann wird eine zunächst private Wahrnehmung eine allgemeine.“ (1997)
Autonomie
„Unter Autonomie verstehe ich die Erschaffung einer Welt, angeregt durch das, was ich sehe.“ (1995)
SIRIA
„Die Serie ‚SIRIA’, die noch nicht abgeschlossen ist, bezieht sich auf ein einzigartiges Erlebnis, welches ich [im Jahr 2007] während der langen Fahrten durch die Wüste dieses faszinie-renden Landes hatte. Es waren Eindrücke über die figürliche Wahrnehmung hinaus, die durch farbige Phänomene, die mir dort begegnet sind, entstanden sind und zu einem Ausdruck gefunden haben – dieses Zusammenspiel von Farben, Licht, Luft und Stille in einer immer ähnlich gegliederten, sehr monotonen Landschaft.“ (2009)
Abbildung:
- Ulrich Erben, Siria (Bosra 1), 2008
Acryl und Pigment auf Leinwand, 230 x 170 cm
- Ulrich Erben, Siria (6), 2010
Acryl und Pigment auf Leinwand, 230 x 170 cm
- Ulrich Erben, Membran, 2008
Acryl und Pigment auf Leinwand, 230 x 170 cm
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