Mein Atelier ist die Welt – mit diesem prägnanten Statement beschreibt die 1965 geborene Konzeptkünstlerin, Fotografin und Bildhauerin Almut Linde die Grundlagen ihrer künstlerischen Arbeit. So begibt sie sich an Orte und in Bereiche, die man auf den ersten Blick kaum mit Kunst in Verbindung bringen würde, wie Kasernen, Schlachthöfe, einen Wanderzirkus oder ein Unternehmen für Kerntechnik. Dort greift sie in bestehende Strukturen ein, hinterfragt gewohnte Abläufe und beleuchtet die Rolle des Einzelnen aus ungewöhnlichen Perspektiven. Mit ihrer Arbeit durchbricht Linde stereotype Vorstellungen und Vorurteile und eröffnet dadurch neue Sichtweisen auf viele Bereiche unseres Lebens. Die umfangreiche Einzelausstellung „Almut Linde – Radical Beauty“, die ab dem 27. April im Kallmann-Museum zu sehen ist, umfasst Fotografien, Videos, Skulpturen und Rauminstallationen. Außerdem wird Linde eigens für Ismaning eine neue Arbeit aus Baumstämmen anfertigen.
Almut Linde, die an der Kunstakademie Hamburg Meisterschülerin von Franz Erhardt Walther und Bernhard Johannes Blume war, entwickelte bereits in den 1990er Jahren unter dem Begriff des »Dirty Minimal« eine eigene Interpretation der Minimal Art, die das Alltägliche und Übersehene in den Fokus rückt. Das Aufeinandertreffen zweier Systeme, das Linde zunächst in der Bearbeitung von Holz erprobte, führte sie später in anderen Kontexten fort. So befahl sie etwa Soldaten, einen Vortrag über Kunst sowie eine Ausstellung zu besuchen. Die Artisten eines Wanderzirkus schickte sie ins Museum und fotografierte sie dort in typischen Positionen ihrer täglichen Arbeit. Andere Dirty Minimal-Arbeiten realisierte Linde in einem Schlachthof in Salamanca, wo sie von den Mitarbeitern des industrialisierten Schachtbetriebs auf ihre Frage, was ihnen an ihrer Arbeit gefalle, unerwartete Antworten erhielt. Häufig nimmt Linde mit ihren Arbeiten Bezug auf ihre Ausstellungsorte und verwendet dabei gerne Materialien, die für den jeweiligen Ort charakteristisch sind. So verarbeitete sie im britischen Cardiff Kohle, die landschaftliche Eigenheiten mit soziokulturellen Hintergründen verbindet. Auch für die Ausstellung im Kallmann-Museum stellt Linde eigens eine neue Arbeit her, die aus Ismaninger Baumstämmen besteht und auf die Gestaltung der Natur durch den Menschen anspielt.
In ihrem künstlerischen Konzept sieht Linde sich dem Tatsachenroman Truman Capotes (1924–1984) verwandt, in dessen Werken Tatsachen mit Mitteln der Kunst gezeigt und verdeutlicht werden. Auch Linde bringt die Wirklichkeit, die immanenten Strukturen von Material, Prozessen und sozialen Systemen in eine künstlerische Form und legt deren Schönheit offen. Durch ihren konzeptuellen Arbeitsansatz konfrontiert die Künstlerin den Mitbürger, den sie in den Mittelpunkt ihrer Werke stellt und der als Außenstehender des Kunst- und Museumsbetriebs fungiert, mit einem kreativen und hintergründigen Herangehen an den Alltag, sowie den Ausstellungsbesucher mit einer radikalen und zum Kunstwerk kondensierten Realität.
Kallmann-Museum Ismaning
Schloßstr. 3b
85737 Ismaning
kallmann-museum.de
Pressemitteilung
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