560 Haare von ca. 60 Personen, 5 – 10 Haare einer Person, ausgerissen, auf je ein Blatt Papier fallen gelassen und fixiert, 560 Blätter, je 27,9 x 21,6 cm, gerahmt je 45,3 x 38,7 x 2 cm, Kunstmuseum Villa Zanders, , Bergisch Gladbach 2017, Foto: Michael Wittassek, © Karin Sander & VG Bild-Kunst, Bonn 2017, Courtesy Esther Schipper, Berlin sowie private Leihgeber aus Bergisch Gladbach, Berlin, Reykjavík und Stuttgart.
Das menschliche Haupthaar ist ein Phänomen: Als einzelnes Haar ist es von einer Feinheit, die es fast unsichtbar macht, und doch ist es Träger sämtlicher DNA-Informationen eines Menschen und somit Sinnbild seiner Individualität. Es ist aber auch als Form einzigartig – bei genauerem Betrachten unterscheiden sich selbst die einzelnen Haare auf einem Kopf erheblich. Karin Sander lässt jeweils ein Haar auf ein weißes Blatt Papier fallen und fixiert es. Die so entstehenden „Haarzeichnungen“ (1998) folgen den Gesetzmäßigkeiten des natürlich Gewachsenen. Ihre Linien sind mal stark bewegt, mal vollkommen gerade, mal dicker, mal dünner und changieren in der ganzen Palette der natürlichen oder gefärbten Haartönungen von Weiß über Blond, Rot und Braun bis Tiefschwarz oder auch Blau.
Im Kunstmuseum Villa Zanders zieht sich ein Band von über 500 solcher Haarzeichnungen durch die Räume – eine Massierung, die der Vorstellung von Haarfülle auf skurrile und eigenwillige Art zuwiderläuft und gleichzeitig die Augen öffnet für eine Vielfalt, die uns beim täglichen Frisieren und Stylen vermutlich selten ins Bewusstsein dringt.
Mit Fragen der Identität und Individualität beschäftigt sich auch „Identities on Display“ (2013), eine Werkgruppe, die den MuseumsbesucherInnen bereits im Foyer entgegentritt. Die hier aufgestellten gläsernen Vitrinen verstehen sich als Angebot, durch das temporäre Ausstellen der eigenen Jacken, Taschen und anderer persönlicher Utensilien die Ausstellung täglich zu verändern. Die Museumsgarderobe mutiert zu einer Portraitgalerie der gerade anwesenden Museumsbesucher. Sie unterliegt permanentem Wandel und reflektiert mit subversiver Ironie das Verhältnis zwischen Kunst, dem wo und wie ihrer Präsentation und der Besucher.
In einer weiteren Raumarbeit reagiert Karin Sander speziell auf das Kunstmuseum Villa Zanders und seine wechselvolle Rezeption als Kunststandort. In der zentralen Halle breitet sich ein eigens nach den Maßen des Museums gefertigter Teppich aus, der als Muster die Grundrisszeichnung einer der Ausstellungsräume zeigt. Der Teppich übersetzt die nüchternen architektonischen Fakten in eine andere Dimension, die Luxus und Hochkultur mit dem Bedürfnis nach Intimität und persönlichem Komfort vereint.
Ein zweibändiger Katalog, bestehend aus einem Künstlerbuch mit dem kompletten Konvolut der 965 Haarzeichnungen und einem Begleitheft mit Installationsfotos der Ausstellung erscheint Anfang April. Texte von Gudrun Inboden und Petra Oelschlägel. Ca. 1024 Seiten. Kettler Verlag Dortmund. Preis 38 Euro.
Kunstmuseum Villa Zanders
Konrad-Adenauer-Platz 8
51465 Bergisch Gladbach
Tel.: (02202) 14 - 2303
villa-zanders.de
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