Unter dem Titel »Museum Matters« konzentriert sich die Reihe der Videobox auf Arbeiten von jüngeren und etablierten Künstlern und Filmemachern, die das Museum zu ihrem Gegenstand machen. Dokumentarisch, experimentell, essayistisch oder narrativ nehmen sie Museen, ihre Ansätze, Präsentationen und Formen der Vermittlung in den Blick, um Bedingungen von Sammlungen sichtbar zu machen und alternative Archive herauszufordern.
Ist das Museum ein kollektiver Speicher von Wissen oder Plattform für Experimente? White Cube oder Werkstatt? Architekturikone oder interaktiver Ort der Kommunikation?
Lange schon gibt es verschiedene Vorstellungen, Theorien und Utopien über das Museum. Immer wieder hat sich diese Institution in ihrer Geschichte geändert. Nicht zuletzt Künstler setzen sich stetig mit diesem öffentlichen Ort von Bildern und Bilderfahrungen auseinander, der zwischen Gegensätzen wie Geschichte und Zukunft, Konjunktur und Krise pendelt. Einerseits waren Museen traditionell Ausbildungsinstrumente und mitunter Ateliers für sie. Andererseits haben Künstler in ihrer Kunst wie in ihren Manifesten Museen beharrlich attackiert, ihre scheinbare Neutralität und Objektivität kritisch thematisiert und ihre Gesten des Zeigens etwa aus feministischer, antirassistischer und antikolonialer Perspektive hinterfragt.
Nach Marcel Odenbach wird die Reihe fortgesetzt mit Karsten Krause, »Arrangement of Skin« (2016)
Natur zu dokumentieren und zu erhalten war und ist ein Bedürfnis von Kulturen. Institutionalisiert ist dieses Anliegen in Naturkundemuseen und zoologischen Sammlungen. Solche »Archive des Lebens« hat Karsten Krause in Stuttgart aufgesucht: Im Staatlichen Museum für Naturkunde Stuttgart und in der Wilhelma nimmt er die menschliche Aneignung von Natur zu Erkenntniszwecken mit seiner Kamera in den Blick. Dieser gilt vor allem konservierten Tieren, deren Rekonstruktion und Animation in Inszenierungen des Museums er verfolgt.
Mitunter wirkt es als ersetze die Kamera den erloschenen tierischen Blick auf die Menschen.
Krause richtet sie auf die Arbeit von Präparatoren und ihr postmortales Handwerk in ihren Museumswerkstätten, in denen sie Verfall durch Lagerungstechniken taxidermisch begegnen. Studiert werden ihre Verrichtungen, Geschicklichkeit und Vertrautheit im Umgang mit den toten Tieren. Oft ist der Fokus ganz auf ihrer konzentrierten Mimik, die Erfahrung, Sorgfalt und Hingabe ahnen lässt, während sie schneiden, häuten, abbalgen, präparieren und fixieren. Möglichst natürlich, lebendig und ästhetisch ansprechend sollen die Tiere für ihre Ausstellung in spektakulären Dioramen wirken. Dort haben sie ihren finalen Auftritt neben anderen präparierten Tieren vor Kulissen, die idealisierten Biotopen nachempfunden sind, um der Spezies zu begegnen, die sie arrangiert hat.
Schaulust der Besucher spiegelt sich in den Schaukastenscheiben. Staunendes Flüstern ist aus dem Off zu hören. Beäugt und bestaunt wird das Wilde als Kunstprodukt nach menschlichen Phantasmen, das doch widerständig bleibt gegen seinen Objektstatus. So erzählt »Arrangement of Skin« vor allem vom Widerspruch von wissenschaftlicher Neutralität und gestalterischer Interpretation wie von der Imaginationslust von Forschung, Museen und Besuchern.
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