In Maximiliane Baumgartners Werken verbinden sich Elemente von Malerei, kritischer Pädagogik und künstlerischer Forschung. Mit ihrer Erinnerungsarbeit öffnet sie Räume der Begegnung, des generationsübergreifenden Austauschs und der praktischen Bezugnahme zur Geschichte und ihren Fehlstellen. Ausgehend von der These Das Lokale ist nicht lokal befragt Baumgartner in ihren jüngsten Arbeiten, Leben und Werk von Künstlerinnen der sogenannten „verlorenen Generation“ als Zeitdokumente. Viele dieser Künstlerinnen eint, dass sie zu den ersten gehörten, die an deutschen Kunstakademien zugelassen wurden und überregional künstlerisch tätig waren. Ihr Leben und ihre Arbeit wurden durch den Zweiten Weltkrieg und den Nationalsozialismus unterbrochen, mitunter durch Ausstellungsverbote unterdrückt und als entartet diffamiert. Nach 1945 blieben die Werke dieser Künstlerinnen im überregionalen Diskurs unberücksichtigt. Im Rahmen ihres Marianne-Defet-Malerei-Stipendiums beschäftigte sich Baumgartner mit der Arbeit der Nürnberger Künstlerin Dore Meyer-Vax (1908–1980). In den Nachkriegsjahren konzipierte und/oder realisierte Meyer-Vax in Nürnberg öffentlich zugängliche Wandmalereien u.a. für die Kinder- und Jugendbibliothek, Schulen, das Staatstheater oder den Tierpark. In verschiedenen zeichnerischen und malerischen Serien reagiert Baumgartner auf diesen demokratischen Bildansatz und die sozialen Orte von Meyer-Vax’ Arbeiten. Neben politischen Kommentierungen des Zeitgeschehens hat Meyer-Vax immer wieder Situationen des gemeinsamen Lernens, der Solidarität aber auch Momente der Erschöpfung porträtiert, die Baumgartner vor dem Hintergrund heutiger gesellschaftspolitischer Debatten und dem eigenen situierten Blick betrachtet. In einem malerischen Verfahren des „durch Bilder auf Bilder blicken" weist Baumgartner mit ihrem spekulativ-feministischen Ansatz auf Lücken hin, ohne diese zu überschreiben. Konsequent spannt Baumgartner zudem einen Bogen zur Freiburger Künstlerin Eva Eisenlohr (1891-1977), die von ähnlichen patriarchalen und politischen Mechanismen der Ignoranz und des aktiven Vergessens betroffen ist, wodurch die Werke der Künstlerinnen in einem erweiterten Diskursraum lesbar werden.
Wie der Titel der gezeigten Serie Von einem Punkt aus der Vergangenheit, einen Punkt aus der Gegenwart malen andeutet, vollzieht Baumgartner kreisende Bewegungen zeitlicher Verknüpfung und kritischer Kommentierung, die sie mit der Aktivierung verschiedener Gruppen in Nürnberg perspektivisch fortführt. Hierfür werden eine Reihe an Action Settings initiiert, in denen Gruppen und Interessierte eingeladen sind, sich über die Laufzeit der Ausstellung hinweg an Programmen zu beteiligen.
Maximiliane Baumgartner (*1986 Lindenberg, DE) ist Künstlerin, Pädagogin und Vertretungsprofessorin an der Kunstakademie Düsseldorf. Ihre Arbeiten und Aktionsräume zeigt sie in internationalen Kontexten, u.a. im Neuen Essener Kunstverein, in der Stadtgalerie Bern, im Kunstverein München, in der Galerie Max Mayer, Düsseldorf und in der Galerie kaufmann repetto, Mailand / New York. Zuletzt realisierte Baumgartner im Rahmen der Biennale für Freiburg und der Urbanen Künste Ruhr (beide 2023) umfangreiche Neuproduktionen.
Das Lokale ist nicht lokal wurde von Wolfgang Brauneis initiiert und von Thorsten Schneider wissenschaftlich begleitet. Die Ausstellung wird in einer Kooperation mit der Kunstvilla realisiert, die Dore Meyer-Vax 2020 eine umfassende Retrospektive widmete. Maximiliane Baumgartner war auf Einladung des Kunstverein Nürnberg 2023/24 Marianne-Defet-Stipendiatin. Das resultierende Projekt Das Lokale ist nicht lokal wird von einer umfangreichen Publikation begleitet.
Am Freitag, 28.06., 19 Uhr eröffnet zudem die Ausstellung einer weiteren Marianne-Defet-Stipendiatin Monika Michalko. Here in the Real World in der Kunsthalle Nürnberg.
Kuratorin: Nele Kaczmarek
Kuratorische Assistenz: Julie Batteux, Leonora Prugger
Kunstverein Nürnberg – Albrecht Dürer Gesellschaft, Kressengartenstraße 2, 90402 Nürnberg,
kunstvereinnuernberg.de
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