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Anne Marie Jehle. Jeder Spiesser ein Diktator

9.11. 2024 - 9.03. 2025 | Kunstmuseum St. Gallen
Eingabedatum: 12.11.2024

Anne Marie Jehle.  Jeder Spiesser ein Diktator

Anne Marie Jehle (1937–2000), Ohne Titel, undatiert, S/W Fotografie, 4.9 x 4.4 cm, Kunstmuseum Liechtenstein, Vaduz Schenkung der Anne Marie Jehle Stiftung, © Nachlass Anne Marie Jehle / Kunstmuseum Liechtenstein, Vaduzbilder


Das visionäre Werk der österreichisch-liechtensteinischen Künstlerin Anne Marie Jehle (Feldkirch 1937–2000 Vaduz) umfasst zahlreiche Medien wie Skulptur und Installation, Malerei, Zeichnung, Fotografie und Text. Im Mittelpunkt steht ihre kritische Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen Strukturen und Machtverhältnissen, insbesondere mit weiblicher Identität und Rollenbildern.

In den 1970er-Jahren wird Jehle international bekannt. Ihr Schaffen steht im Kontext der feministischen Avantgarde und der Fluxus-Bewegung. Mitte der 1980er-Jahre zieht sie sich aus der Öffentlichkeit zurück, und ihr künstlerisches Schaffen bricht jäh ab.

Ihre Fähigkeit, Alltagsgegenstände und persönliche Erfahrungen in ausdrucksstarke Kunstwerke zu verwandeln, macht ihre Arbeit bedeutend, vor allem in der heutigen Diskussion über Gender und Selbstbestimmung in der Kunst.

Aus Anlass der grosszügigen Schenkung der Anne Marie Jehle Stiftung, Vaduz, im Jahr 2021, präsentiert das Kunstmuseum St.Gallen das bedeutende Schaffen dieser unterrepräsentierten Künstlerin. Die Ausstellung ist Dank grosszügigen Leihgaben aus Privatbesitz, des Kunstmuseum Liechtenstein, Kunstmuseum Stuttgart, Frauenmuseum Hittisau, SAMMLUNG VERBUND, Wien und Kontakt Sammlung, Wien möglich.

Anne Marie Jehle (Feldkirch 1937–2000 Vaduz)
Anne Marie Jehle arbeitete obsessiv und experimentell. Ihr Werk steht in einer Linie mit der feministischen Avantgarde der 1970er-Jahre: Die künstlerische Selbstermächtigung stellt sie in den Kontext von radikalen Bildhauerinnen wie Louise Bourgeois (1911–2010) oder Alina Szapocznikow (1926–1973), persönliche Erfahrungswelten waren ihnen grösste Inspirationsquelle. Inspiration fand Jehle auch in den Kunstströmungen Neo-Dada, Fluxus, Happening und Konzeptkunst. Subversive Kritik an genderspezifischen Machtstrukturen durchziehen ihr künstlerisches Werk. Sie ironisierte und parodierte gleichermassen widersprüchliche Rollenmuster im Privaten wie im Globalen. Die männerdominierte Kunstwelt überführte sie brilliant und mit süffisantem Humor. Der Genie-Kult und das Geschlechterverhältnis verhandelte Jehle mit Rückgriff auf kunsthistorisch bedeutende Künstler:innen-Persönlichkeiten.

Das elterliche Haus in Feldkirch bildete die Basis und Zentrum der künstlerischen Produktion aber auch ein Rückzug von der Aussenwelt. 1965 begann sie ihr künstlerisches Werk, das sie im Haus ausstellte und aufbewahrte. Das (Un)-heimelige, Beklemmende im Geborgenen waren Motive, die sich medial vielfältig durch das ganze Werk zogen und sich bisweilen raumfüllend durch das gesamte Wohnhaus erstreckten. Das Thema des Körpers, des Frauseins, der Sinnlichkeit und Erotik, aber auch die Beschäftigung mit Rollenklischees, Feminismus und der persönlichen Identität waren grundlegende Ausgangspunkte ihres Schaffens. Aktiv war sie bis zum Zeitpunkt, als sie ihr Leben als Künstlerin aufgab: Mitte der 1980er-Jahren zog sie sich aus der Kunstöffentlichkeit zurück. Als radikalen, letzten Akt versiegelte sie ihr Wohn- und Atelierhaus, reiste 1989 in die USA und lebte bis 1993 an der Ostküste. Danach kehrte sie aus den USA zurück und lebte bis zu ihrem Tod im Jahr 2000 in Liechtenstein. Wie die amerikanische Konzept- und Performance-Künstlerin Lee Lozano (1930–1999) wendete sie sich entschieden von der Kunstwelt ab, um erst nach ihrem Tod wiederentdeckt zu werden.

„Für Vorarlberg sind se halt zwiit veruus“ Anne Marie Jehle

Jehles künstlerisches Schaffen ist weitgehend unbekannt, ihr Ruhm reicht kaum über Vorarlberg und Liechtenstein hinaus. Ihr Oeuvre stiess zeitlebens auf Unverständnis. Unbeirrt erarbeitete sie zwischen 1965 und 1989 ein umfangreiches, eigenständiges Werk, das über 1600 Arbeiten umfasst.

Nach ihrem Tod im Jahre 2000 gründeten ihr zugewandte Personen aus der Familie und aus dem Bekanntenkreis die Anne Marie Jehle Stiftung, mit dem Zweck der Erhaltung und Bekanntmachung ihrer Kunst.
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Kunstmuseum St.Gallen
Museumstrasse 32
9000 St.Gallen
Schweiz
www.kunstmuseumsg.ch

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