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Shilpa Gupta. we last met in the mirror

Possehl-Preis für Internationale Kunst 2025

27.09.2025 – 01.03.2026 | Kunsthalle St. Annen, Lübeck

Eingabedatum: 28.09.2025

Shilpa Gupta. we last met in the mirror
Shilpa Gupta I have many dreams 2007 – 08 Archivdruck auf Leinwand, Ton 4 Teile, jeweils 168 x 137 cm © Shilpa Gupta
Shilpa Gupta (*1976, Mumbai) erhält den Possehl-Preis für Internationale Kunst 2025. Anlässlich der mit 25.000 Euro dotierten Auszeichnung zeigt die Kunsthalle St. Annen die erste umfassende Museumsausstellung der Künstlerin in Deutschland. we last met in the mirror versammelt rund 25 Arbeiten aus zwei Jahrzehnten.

we last met in the mirror untersucht die Vielschichtigkeit von Erkenntnis und Bedeutungsbildung und hinterfragt die Grenzen eindeutiger Definitionen in einem sich ständig verändernden, fluiden Raum, in dem wir leben“, erläutert Shilpa Gupta. Der Ausstellungstitel ist einem zentralen Werk der Künstlerin entnommen, das mit Textfragmenten spielt, die sich zu immer neuen Botschaften zusammensetzen.
Gupta beschäftigt sich in ihrer Kunst mit Themen wie Zensur, Staatsgewalt, gesellschaftlichen und politischen Machtstrukturen sowie kollektiver Verantwortung. Ausgangspunkt ihrer künstlerischen Reflexion ist häufig ihr Lebensmittelpunkt Mumbai. In der Megacity verdichten sich soziale Ungleichheiten, postkoloniale Brüche und globale Wirtschaftsdynamiken.
Die Künstlerin verknüpft lokale Beobachtungen mit universellen Fragestellungen und verbindet so Menschen über kulturelle und geografische Grenzen hinweg. In der Ausstellung in Lübeck sind Besuchende eingeladen, eigene Erfahrungen im Spiegel globaler Entwicklungen zu reflektieren. Zu sehen sind Installationen, Skulpturen, Sound- und Videoarbeiten, Zeichnungen sowie textile Werke.
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Grenzerfahrungen
Grenzen – geografische, ideologische, soziale – ziehen sich wie ein roter Faden durch die Ausstellung. In der Neoninstallation 2652 zählt Gupta ihre Schritte zwischen der Klagemauer, der Al-Aqsa-Moschee und der Grabeskirche in Jerusalem. Für die Grenzlinie zwischen Indien und Pakistan steht die zu einem Ball gewickelte Fadenskulptur 1:14.9 (2011/12) – das flexible Material greift die Zerklüftungen der Landschaft auf und steht im Kontrast zur starren Grenzziehung offizieller Karten. Auch im Werk Stars on Flags of the World (2012/2023) thematisiert Gupta territoriale Ordnungen: Mehrere hundert Wachssterne, den Flaggen anerkannter und nicht anerkannter Staaten entnommen, liegen auf dem Boden der Ausstellung. Besuchende sind eingeladen, einzelne Sterne mitzunehmen – so wandelt sich das Werk kontinuierlich und festgelegte Zugehörigkeiten lösen sich auf.

Poesie und die Macht der Sprache
Shilpa Gupta verleiht in ihrer Kunst jenen eine Stimme, die marginalisiert oder unterdrückt werden. Zensur begegnet sie mit der Kraft des Wortes – gesprochen, geschrieben, gesungen. In Spoken Poem in a Bottle (2018) versammelt sie Texte verbotener Schriftsteller:innen aus unterschiedlichen Jahrhunderten. Auch die Arbeit Untitled (2018–2023) widmet sich dem Thema: Die Zeichnungen zeigen verfolgte Autor:innen als Silhouetten und Fehlstellen zwischen Figuren der Macht. Ein weiterer Raum der Kunsthalle wird von Liedern wie We Shall Overcome oder Bella Ciao erfüllt, die aus umgestalteten Mikrofonen erklingen: In der raumgreifenden Klanginstallation Listening Air (2019–2024) versammelt Gupta Protestlieder aus verschiedenen Regionen und Epochen zu einem akustischen Archiv des Aufbegehrens und der Solidarität.
„Shilpa Gupta gelingt es, in ihrer Kunst Fragen globaler Relevanz in eine universelle Sprache zu übersetzen“, sagt Noura Dirani, Direktorin der Kunsthalle. „Ihre Werke eröffnen Räume für Austausch und verbinden Menschen an unterschiedlichen Orten, um die eigene Geschichte im Dialog zu betrachten. Besonders freuen wir uns auf ein neues Werk, das die Künstlerin eigens für Lübeck entwickelt und die Menschen vor Ort einbindet.“ ...

Die Künstlerin Shilpa Gupta
Shilpa Gupta gilt als eine der wichtigsten Stimmen der zeitgenössischen Kunst Südasiens. Die Künstlerin lebt und arbeitet in Mumbai, Indien, wo sie von 1992 bis 1997 Bildhauerei an der Sir J. J. School of Fine Arts studierte. Ihre Arbeiten wurden u.a. auf der Biennale in Venedig, auf der documenta in Kassel, im Centre Pompidou in Paris, im Museum of Modern Art in New York sowie auf der Triennale in Yokohama gezeigt. Inspiriert von Konzeptkunst und Alltagsästhetik arbeitet sie medienübergreifend und immer nah an der gesellschaftlichen Realität.

Reflexionen über Vielfalt und Zugehörigkeit
In einem von patriarchalen Strukturen und Gewalt gegen Frauen geprägten Umfeld verleiht Shilpa Gupta jungen Mädchen eine Stimme. In der Soundarbeit I have many dreams (2007–2008) erzählen diese von ihren Zukunftsträumen und zeigen, wie universell die Hoffnungen von Heranwachsenden sind. Ebenso setzt die großformatige Lichtinstallation I live under your sky too (2004) ein Zeichen für Pluralität – der Satz leuchtet in Mumbais meistgesprochenen Sprachen Hindi, Urdu und Englisch und macht das Nebeneinander von Sprachen und Identitäten erfahrbar.

27.09.2025 – 01.03.2026

Kunsthalle St. Annen, St. Annen-Str. 15, 23552 Lübeck

https://www.kunsthalle-st-annen.de

Presse

Kontext

Einordnung:
Shilpa Guptas Schaffen lässt sich im Spannungsfeld von Post-Konzeptkunst und politisch engagierter Kunst verorten, wobei sie als eine der prägenden Stimmen der zeitgenössischen südasiatischen Kunst gilt. Ihre medienübergreifende Praxis, von interaktiven Installationen bis zu Soundarbeiten, knüpft an die dematerialisierte, ideenbasierte Ästhetik der Konzeptkunst an. Gupta erweitert diesen Ansatz jedoch um eine poetische und zutiefst menschliche Dimension. Thematisch verhandelt sie postkoloniale Fragestellungen wie Grenzen, Zensur und Machtstrukturen, wobei sie lokale Beobachtungen aus Mumbai in einen universellen Diskurs überführt. Sie reiht sich damit in die Tradition von Künstler:innen ein, die mit partizipatorischen Strategien globale Diskurse kritisch reflektieren und marginalisierten Stimmen Gehör verschaffen.
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