Der Kunstverein Hannover präsentiert die erste Einzelausstellung der kubanischen Künstlergruppe Los Carpinteros in Deutschland, die einen facettenreichen Einblick in ihr Schaffen von 1999 bis heute gibt. In großformatigen Zeichnungen und raumgreifenden Skulpturen führt sie Architektur, Design und Skulptur zusammen und erschafft visuelle Allegorien der Gegenwart. Das Künstlerkollektiv agiert seit 2003 als Duo Marco Castillo (*1971) und Dagoberto Rodríguez (*1969). Ihr Name, auf deutsch 'Die Schreiner', leitet sich aus den handwerklichen Herstellungsprozessen und der bevorzugten Verwendung von Holz ab.
Die Arbeiten der Los Carpinteros beziehen sich auf die Geschichte und Gegenwart Kubas, die sie scharfsinnig wie humorvoll kommentieren. Gegensätze werden mit spielerischer Leichtigkeit vereint und Form, Funktion und Bedeutung treten in produktiven Widerspruch. Seh- und Denkgewohnheiten werden irritiert und auf den Kopf gestellt. Originäre Funktionen und Bedeutungen werden in neue, surreal anmutende Formen überführt. So lässt sich das Werk der Künstler als Appell an die individuelle Wahrnehmung und Denkfähigkeit zu verstehen.
»Cuarteto Rebelde« (aufmüpfiges Quartett) (2012) heißt eine Arbeit, die ein Arrangement aus Musikinstrumenten zeigt, das wie unter extremer Hitzeeinwirkung zu schmelzen scheint. In der Installation überträgt das Künstlerkollektiv das Klischee von heißen lateinamerikanischen Rhythmen und tropischen Temperaturen in ein eindrückliches Bild.
Mit »Movimiento de Liberación Nacional« (Nationale Befreiungsbewegung) (2010) wird eine Skulpturengruppe ironisch betitelt, die edle schwarze Barbecue-Grills in Gestalt eines fünfzackigen Sterns präsentiert. Die Arbeit vereint ein Zeichen US-amerikanischen Lifestyles mit dem Symbol einer klassenlosen Gesellschaft im Sozialismus. Durch den Akt der Adaption verliert das Symbol, das im Kontext Kuba für die Revolution steht, jegliche Sprengkraft und wird zu einem alltäglichen Gegenstand.
Andere Arbeiten verweisen auf reale Architekturen: Die abgebildeten eigenartigen Baukörper der Triptychen »Knin Lego« (2012) und »Nis Lego« (2012) erinnern an futuristische Raumstationen. Es handelt sich um sozialistische Monumente nahe der Städte Knin und Nis im ehemaligen Jugoslawien, die Los Carpinteros für ihre Arbeit aus Legosteinen konstruierten. Einst zur Glorifizierung eines Systems errichtet, sind sie heute Zeichen einer gescheiterten Utopie. Die aus Lego bestehenden Denkmäler stehen weniger für dauerhaften Bestand als vielmehr für spielerische Umformung. Die Baukörper wirken instabil und brüchig und überlagern verschiedene Bedeutungsebenen. Sie stellen die Stabilität von architektonischen, aber auch sozialistischen Strukturen in Frage.
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