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Gülbin Ünlü, Fragnmentornament

20.09.2025 - 02.11.2025 | Kunstverein Wilhelmshöhe e.v., Ettlingen

Eingabedatum: 17.09.2025

Gülbin Ünlü, Fragnmentornament
Gülbin Ünlü, Herstory [relict], 2022, Öl, Tinte auf Leinwand, 120 x 200 cm

Die in München lebende Künstlerin Gülbin Ünlü hat eine hybride Technik entwickelt, die Malerei und Druckverfahren miteinander verbindet. Diese ermöglicht ihr ein flexibles Arbeiten auf unterschiedlichen Bildträgern und eröffnet installative, skulpturale und performative Möglichkeiten – ein Ansatz, der sich mit ihrer Methode des kulturellen Samplings verbindet.

Ünlüs Arbeitsweise folgt dem Prinzip des Mash-ups – einer aus der Musikproduktion stammenden Technik, bei der verschiedene Quellen zu neuen Kompositionen verwoben werden. Diese Herangehensweise durchzieht ihr gesamtes Schaffen, das sich über Malerei, Video, Performance und ihre eigenen Musikprojekte erstreckt. Material aus privaten und öffentlichen Archiven wird dabei in einem fortlaufenden Prozess neu collagiert.

Persönliche Erinnerungen, Fotos aus Familienarchiven, in denen sich die Sedimente einer postmigrantischen Biografie ablagern, werden mit Bildern aus kollektiven Gedächtnissen und digitalen Datenströmen verflochten. Durch die Überlagerungen entstehen Bildgefüge, in denen die Grenzen zwischen individuellem und kulturellem Gedächtnis verschwimmen. Zwischen diffusen, kaum mehr lesbaren Erinnerungsschichten setzen sich scharf konturierte Motive ab – Ünlü arbeitet mit diesen Fragmenten, entwickelt die fehlenden Elemente weiter und erkundet die Zwischenräume des Nicht-Interpretierbaren.

In der Ausstellung "Fragmentornament" arbeitet Gülbin Ünlü mit ornamentalen Strukturen historischer Teppiche – Objekte, die selbst Träger jahrhundertelanger kultureller Einschreibungen sind. Diese Muster fließen in ihre Arbeit ein und werfen Fragen nach Lesbarkeit und Zugänglichkeit auf: Wer kann diese kulturellen Zeichen deuten?

Diese Arbeitsweise erinnert an die jahrhundertealte Praxis des Ornaments selbst: Wie in den historischen Teppichmustern, mit denen Ünlü arbeitet, entstehen auch in ihrer Kunst Bedeutungsschichten durch Wiederholung, Variation und kulturelle Wanderung. Das Ornament war nie bloße Dekoration, sondern immer schon ein System des kulturellen Gedächtnisses – ein visueller Code, der Wissen, Spiritualität und Identität über Generationen und Grenzen hinweg transportiert.

In der Ausstellung "Fragmentornament" fließen Muster von den Wänden dem Boden zu und münden in einer großen Bodenarbeit aus modularen, steckbaren Elementen.
Ihre hybride Technik erweitert sich hier vom Bildträger in den Raum hinein – jedes puzzleartige Segment trägt Schichten ihrer Mal-Druck-Technik in sich und lässt sich neu anordnen. Das Zusammenstecken wird zur materiellen Metapher für das, was sie inhaltlich macht: Erinnerungsfragmente immer wieder neu konfigurieren. Hier verdichten sich Gülbin Ünlü Untersuchungen über Erinnerung, Zugehörigkeit und die Möglichkeiten künstlerischer Neuverhandlung kultureller Archive.
Eine Videoinstallation ergänzt die Präsentation und überführt die Auseinandersetzung ins bewegte Bild.

20.09.2025 - 02.11.2025
Kunstverein Wilhelmshöhe e.v., Ettlingen

https://www.kunstverein-wilhelmshoehe.de/

Presse

Einordnung:
Gülbin Ünlüs Werk lässt sich in den Kontext zeitgenössischer künstlerischer Praktiken einordnen, die sich mit Fragen von kultureller Identität, Erinnerung und Migration auseinandersetzen. Ähnlich wie Künstler*innen, die mit Found Footage oder Appropriation arbeiten, nutzt Ünlü das Sampling als Methode, um heterogene Bildquellen zu collagieren und neu zu kontextualisieren. Ihre hybride Mal-Druck-Technik, die an Druckverfahren der frühen Moderne und an Collagen erinnert, ermöglicht die Fragmentierung und Rekombination von Motiven, wodurch sich Bezüge zu Künstler*innen wie Hannah Höch oder John Heartfield herstellen lassen. Im Gegensatz zur rein dekonstruktiven Geste dieser Avantgarden entwickelt Ünlü jedoch eine eigene visuelle Sprache, die sich mit ornamentalen Strukturen auseinandersetzt und an die Tradition des Teppichs als kulturelles Speichermedium anknüpft. Die installative Erweiterung ihrer Arbeiten im Raum, wie in "Fragmentornament", verweist zudem auf Tendenzen der Institutionskritik und der Prozessorientierung in der zeitgenössischen Kunst. Die modularen Elemente ihrer Bodenarbeit spiegeln die Fragilität und Veränderbarkeit von Erinnerungsprozessen wider und laden zur aktiven Partizipation ein. Durch die Einbeziehung von Video erweitert Ünlü ihr künstlerisches Vokabular und schafft vielschichtige installative Environments, die die Grenzen zwischen Malerei, Skulptur und Performance auflösen.
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