"Die Installation von Cildo Meireles mit dem Titel Occasion ist bereits in den frühen Siebziger Jahren entstanden, sie ist jedoch bislang nie realisiert worden und ist nun erstmals im Portikus ausgestellt. Zwei unabhängig voneinander zugängliche Räume sind durch eine große Spionspiegelscheibe miteinander verbunden. Im ersten hell erleuchteten Raum befindet sich eine Schüssel gefüllt mit Münzen und Geldscheinen, und an den Wänden sind große Spiegel angebracht. Der Betrachter ist umschlossen von einer Raumskulptur, die ihn gleichermaßen mit dem eigenen Spiegelbild und einem Haufen von offen zugänglichem Bargeld konfrontiert; einzeln betrachtet ein gewohnter Anblick, doch zusammen eine Irritation. Der zweite Raum ist leer und abgedunkelt, so dass die Spionspiegelscheibe von dieser Seite zum Fenster wird und den Einblick in den ersten Raum erlaubt. Einerseits kann man von hier aus andere Ausstellungsbesucher unbemerkt beobachten, andererseits erlaubt dieser Durchblick, das eigene Handeln und Empfinden im ersten Raum zeitlich und räumlich verschoben nochmals zu überdenken.
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Meireles gelingt es mit diesen konzeptionellen Arbeiten, die Diskrepanzen zwischen Tauschwert und Gebrauchswert bzw. zwischen einem symbolischen und einem reellen Wert offenzulegen, aber auch die Willkür des freien Marktes zu thematisieren. Mit der im Portikus gezeigten Arbeit Occasion wird diese Kritik abermals um eine durch den Betrachter physisch zu erlebende Dimension erweitert. Ist es die Scham vor dem eigenen Antlitz, das anerzogene Rechts- und Wertempfinden oder doch die Angst vor der Kontrolle durch den heimlichen Beobachter im benachbarten Raum, die davor zurückhält, sich am Geld zu bedienen? Occasion umfasst so eine Vielzahl von weiteren Aspekten und Fragestellungen, die sich durch Cildo Meireles' Werk seit den späten Sechziger Jahren wie ein roter Faden ziehen: Simultanität und verschiedene Konzepte von Zeit, Identitätskonstruktion und Selbstreflexion, geographische sowie architektonische Perspektivverschiebungen.
Cildo Meireles ist einer der heute einflußreichsten Vertreter einer Künstlergeneration, zu welcher unter anderen auch Antonio Manuel, Artur Barrio und Umberto Costa Barros gehörten, die aus Rio de Janeiro heraus in den späten Sechziger Jahren in Erscheinung trat. Die schwierige politische und kulturelle Situation Brasiliens während der Militärdiktatur war für Cildo Meireles und seine Kollegen gleichermaßen prägend wie der starke Einfluss der etwas älteren sogenannten Neo-Konkreten wie Hélio Oiticica, Lygia Clarke und Lygia Pape. Diese Künstler waren nicht länger an der passiven Natur der meisten Kunstwerke interessiert, wie man sie in den Museen fand, sondern an einer Kunst, die in besonderer Weise den Betrachter mit einbezieht. In ihren Werken entwickelten sie einen konzeptionellen Ansatz, der direkt auf die kulturellen Bedingungen Brasiliens reagierte. In Cildo Meireles' Werk lässt sich aber darüber hinaus die intensive Auseinandersetzung mit Marcel Duchamp, den Dadaisten und der Konzeptkunst in Europa und Nordamerika aufweisen. Immer wieder gelingt es Meireles durch sehr direkte formale Setzungen, den Betrachter mit den eigenen sozialen, kulturellen, historischen und politischen Konditionierungen zu konfrontieren. Paulo Herkenhoff hat Meireles' Arbeit als eine poetische Theorie der Gesellschaft beschrieben, die gleichermaßen Fragen nach politischen, ökonomischen, kommunikativen oder ideologischen Strategien stellt." (Quelle: Presse / Portikus)
Ausstellungsdauer: 31.01.04 - 07.03.04
Öffnungszeiten: Dienstag - Sonntag 11 - 18 Uhr, Mittwoch 11 - 20 Uhr, Montag geschlossen
Portikus im Leinwandhaus
Weckmarkt 17 | D-60311 Frankfurt am Main |Tel. 069 219 987-60, -59
portikus.de
ct
Kataloge/Medien zum Thema:
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Galerie im Körnerpark
Galerie Beyond.Reality.
Haus am Kleistpark
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Max Liebermann Haus