Omer Fast ist bekannt für Filme, die Fiktion und dokumentarische Prozesse miteinander verbinden. Zuletzt hat er seine Arbeit um architektonische Interventionen und theatralische Inszenierungen erweitert, die soziale und politische Themen untersuchen. Sein Film Der Oylem iz a Goylem wurde im März 2019 in Salzburg gedreht und wird am 26. Juli 2019 im Salzburger Kunstverein uraufgeführt.
Die Ausstellung
Die Ausstellung umfasst drei Filme, die in einer vom Künstler entworfenen theatralischen Inszenierung installiert sind. Der erste Film Der Oylem iz a Goylem zeigt zwei Charaktere, die in einem Sessellift hoch über einer Skipiste in einem bewaldeten verschneiten Schigebiet hängen. Der zweite Film The Invisible Hand folgt dem schweren Schicksal einer Familie in einen Wald und in eine dicht bebaute Stadt nahe dem Pearl River Delta, China. Der dritte Film August lehnt sich lose an die letzten Lebensjahre des Fotografen August Sander an.
Obwohl Welten dazwischen liegen und verschiedene Sprachen gesprochen werden, entwickeln sich die ersten beiden Filme aus demselben mittelalterlichen Märchen. Den Besucher_innen werden zwei Fallstudien gezeigt, die scheinbar verschieden sind, jedoch eine gemeinsame Vergangenheit teilen und ähnliche Symptome aufweisen. Der Film August wird separat in einem eigenen Raum gezeigt.
26.07.–06.10.2019
Installation 1
Der Oylem iz a Goylem
2019, neu produziert für die Ausstellung
Basierend auf einem mittelalterlichen jüdischen Märchen, spielt dieser Film auf einem Sessellift, hoch über einer Skipiste eines verschneiten Schigebiets in den österreichischen Alpen. Eine einsame Schifahrerin lässt unabsichtlich ihren Handschuh fallen. Als sie ihre Misere verflucht, taucht plötzlich ein Mitreisender neben ihr auf, in langer schwarzer Robe, mit Bart, Seitenlocken und dem Hut eines orthodoxen Juden. Wie ein Berggeist, der unabsichtlich herbeigerufen wird, hat auch dieser seine eigene Agenda und seine eigene Geschichte zu erzählen. Die Schifahrerin stellt mit wachsender Bestürzung fest, dass er ziemlich unhöflich ist, ständig redet und den Lift anhalten kann, wie es ihm gefällt. Um diesen Geist zu vertreiben und um sich von seiner Umklammerung zu befreien, muss die Schifahrerin auf lang Verdrängtes zurückgreifen und die Grenzen auflösen, die die reale Welt und die der Märchen trennt.
Dieser Film wurde auf Einladung des Salzburger Kunstvereins im März 2019 an verschiedenen Orten in Salzburg gedreht. Unterstützt von der James Cohan Gallery, New York und TARO NASU & Ishikawa Foundation, Okayama.
26.07.–06.10.2019
Installation 2
The Invisible Hand
2018, VR Film in 3D, 13 Minuten
Der immersive 3D Virtual Reality (VR) Film basiert auf einer anderen Version desselben jüdischen Märchens und folgt einem jungen Mädchen, das die unheimliche Vergangenheit ihrer Familie in der Volksrepublik China erzählt. Die Geschichte beginnt damit, dass der Vater des Mädchens einen Finger entdeckt, der aus dem Waldboden ragt und verzweifelt versucht einen in der Nähe liegenden Ring zu erreichen. Obwohl verführt von dem kostbaren Juwel, gewinnt die ehrliche Natur des Jungen und er steckt sorgfältig den Ring über den Finger, bevor er davon läuft. Von da an erhält die Familie in regelmäßigen Abständen ordentlich gebündelte Geldscheine auf ihre Türschwelle. Nicht wissend, wer der geheimnisvolle Wohltäter ist, gewöhnt sich die Familie an das immer wiederkehrende Geschenk und wird wohlhabend. Der Junge besucht eine Privatschule. Die Familie zieht in eine schöne Wohnung. Als der Junge erwachsen ist und im Begriff zu heiraten, erscheint während der Zeremonie ein mysteriöser Gast. Den Ring hochhaltend, verkündet er, dass die Hochzeit ein Irrtum ist und sofort gestoppt werden muss, da der Bräutigam bereits verheiratet sei. Nach einer Weile der Betroffenheit wird der Gast beleidigt und von der Mutter des Bräutigams hinausgeworfen, da sie von der Begegnung ihres Sohnes im Wald nichts weiß. Empört und wütend erklärt der mysteriöse Gast, dass von nun an alle Anwesenden nur noch die Wahrheit sprechen müssen und sie dafür dieselben Demütigungen ertragen und verachtet werden. Der Film endet mit einem hoffnungsvollen Hinweis: Nachdem wir Zeuge eines sehr offenes Gespräch zwischen ihren Eltern sind, erklärt uns das junge Mädchen, dass sie, da sie nun die Wahrheit weiß, ein besser und stärkerer Mensch werden wird.
The Invisible Hand wurde Ende Januar 2018 mit einer 3D VR in Guangzhou, China, gedreht. Die Arbeit wurde vom Guangdong Times Museum in Auftrag gegeben und dort im März 2018 uraufgeführt, aber nach ein paar Tagen verboten, denn die offizielle Erklärung dafür war, dass es seit der Gründung der Volksrepublik China keine Geister mehr gibt.
26.07.–06.10.2019
August
Installation 3
August
2016, 3D Projektion, Surround Sound,
15 min 33 sec
Lose inspiriert vom Leben und Wirken August Sanders, zeigt der Film den Künstler am Ende seines Lebens, fast blind und schlaflos. Als er spätabends durch sein Haus streift, tauchen kurz Figuren aus der Vergangenheit auf, meist wie eingefroren und geisterhaft. Zeitweise freundlich, manchmal spöttisch, treiben die Figuren den Künstler schließlich hinaus in die Nacht, wo er Zuflucht in der Natur sucht.
26.07.–06.10.2019
Daten
Über den Künstler
Geboren 1972 in Jerusalem, absolvierte Omer Fast einen BA in Englisch an der Tufts University, einen BFA in visueller Kunst an der Boston Museum School of Fine Arts und einen MFA am Hunter College, City University of New York. Einzelausstellungen (Auswahl): Whitney Museum in New York, Jeu de Paume in Paris, Museum Moderner Kunst in Wien, Martin- Gropius-Bau in Berlin. Gruppenausstellungen (Auswahl): dOCUMENTA13, 52. Venedig Biennale, Guggenheim Museum in New York, Centre Georges-Pompidou. Für seine Arbeit „The Casting“ erhielt Fast 2008 auf der Whitney Biennial den Bucksbaum Preis, ebenso hat er 2009 mit seiner Arbeit „Nostalgia“ den Preis der Nationalgalerie für junge Kunst in Berlin gewonnen. Seine Arbeiten sind in verschiedenen internationalen Sammlungen vertreten, u. a. der Tate Modern, des Guggenheim Museums, des Los Angeles County Museum of Art und des Centre Georges-Pompidou.
Über den Salzburger Kunstverein
Gegründet 1844, hat der Salzburger Kunstverein eine langjährige Geschichte und ist eine der führenden Organisationen für zeitgenössische Kunst. Das Künstlerhaus ist der Vereinssitz des Salzburger Kunstvereins und wurde 1885 erbaut. Der Kunstverein organisiert jährlich rund zwölf Ausstellungen internationaler und österreichischer Künstler_innen und entwickelt mit seinen Vorträgen, Residencies und Filmprogrammen relevante Diskurse. Seit 2014 ist Séamus Kealy der Direktor.
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