In der Großausstellung Anti:modern richtet das Museum der Moderne Salzburg aus Anlass der zweihundertjährigen Zugehörigkeit Salzburgs zu Österreich Schlaglichter auf Ereignisse und Phänomene in dieser Stadt und Region inmitten eines Europas zwischen Tradition und Erneuerung. Historische Exponate aus bildender Kunst, Gesellschaft und Politik, Literatur, Tanz, Theater, Musik und Wissenschaft werden darin Arbeiten namhafter zeitgenössischer Künstler_innen gegenübergestellt.
Ist Salzburg tatsächlich antimodern, wie immer wieder behauptet wird? Von dieser vielleicht provokanten Frage ausgehend wird in einer groß angelegten und international besetzten Ausstellung auf zwei Ebenen im Haus am Mönchsberg ein differenziertes Bild der Moderne gezeichnet. Am Beispiel zahlreicher Ereignisse und Phänomene wird untersucht, inwieweit in der westlichen Region Österreichs ein weltoffenes und den modernen Lebensformen und Künsten aufgeschlossenes Denken vorhanden war oder ob dieses durch die politische Propaganda der 1930er-Jahre verschüttet wurde. „Die Ausformungen moderner beziehungsweise antimoderner Lebenswelten werden in diesem Projekt für ein breites Spektrum an Themenbereichen erschlossen“, erläutert Direktorin Sabine Breitwieser, welche die Ausstellung konzipiert und mit einem Team leitend kuratiert hat. „Äußerungen der Moderne in Gesellschaft und Politik, Formulierungen in Literatur, Tanz, Theater und Musik sowie Erkenntnisse in der Wissenschaft werden darin ebenso thematisiert wie die weitreichenden Konsequenzen eines Denkens und Handelns, das einem modernen Leben entgegengesetzt war“, so Breitwieser weiter. Die Ausstellung erstreckt sich auf einer Fläche von 1.700 qm, auf der eine große Fülle und Diversität von Exponaten und Materialien gezeigt werden. Entlang von sechs thematischen Schwerpunkten erfolgt eine differenzierte Auseinandersetzung mit der Moderne sowie mit dem Bild einer Antimoderne. Dabei beschäftigt sich die Ausstellung unter anderem mit verschiedenen Ausprägungen moderner Lebenswelten sowie den Bestrebungen der modernen und antimodernen Kunst. Dem Exil als Bedingung der modernen Welt ist ein eigener Teil der Ausstellung gewidmet. Abschließend erfolgt eine Beschäftigung mit der Wiederaufnahme der Moderne nach dem Zweiten Weltkrieg. Ausgewählte Werke der Künstler_innen Alice Creischer/Andreas Siekmann, Renée Green, Hans Haacke, Oliver Ressler, Gerhard Richter, Isa Rosenberger und Franz West greifen die Themenfelder auf und sind den historischen Kunstwerken und Materialien zwischengeschaltet.
Das Bild der Stadt als Plattform für Modernität und Fortschritt wurde geprägt durch internationale Metropolen wie New York, Berlin, Paris oder Wien. Infolge der Stadterweiterung und der Eröffnung der Kaiserin Elisabeth-Bahn im 19. Jahrhundert war Salzburg zunehmend in das Geflecht europäischer Großstädte eingebunden. Damit wurde die Stadt für Zusammenkünfte internationaler Wissenschaftler_innen attraktiv, wie etwa den ersten Kongress von Psychoanalytikern im Jahr 1908, und es entstanden
wissenschaftlich-familiäre Laboratorien wie jene der Familie Exner. Als zentraler Impulsgeber für die Künste im nationalen und internationalen Kontext gilt die Gründung der Salzburger Festspiele. Daneben gibt es aber auch weniger bekannte und durchaus überraschende Beispiele kultureller Initiativen der 1920er-Jahre, wie etwa die Internationale Gesellschaft für Neue Musik oder die Elizabeth und Isadora Duncan-Schule. Im Wirken von Künstlergruppen und engagierten Frauen in Salzburg zeigen sich fort-schrittliches Denken und Demokratisierungsprozesse. Doch auch konserva-tive und traditionsbewusste Tendenzen und die Instrumentalisierung der Künste in den 1930er-Jahren sind Teil der Ausstellung. Auslöschung, Vertreibung und Formen des ästhetischen und politischen Exils nehmen eine wichtige Rolle ein. Die Ausstellung endet mit der Wiederaufnahme der Moderne nach 1945: Wie konnte nach den Schrecken des Krieges ein Neubeginn aussehen? Antworten suchten unter anderen die 1955 in Kassel gegründete documenta und die in Salzburg bereits im Jahr 1953 gegründete Internationale Sommerakademie für Bildende Kunst Salzburg: 18 Jahre nach der Ausstellung Entartete Kunst und ihrem Gegenüber, die Große Deutsche Kunstausstellung, präsentierte der Akademieprofessor Arnold Bode im notdürftig instand gesetzten Museum Fridericianum die von den Nationalsozialisten diffamierte moderne Kunst und ließ Deutschland damit wieder in einen Dialog mit dem internationalen Kunstgeschehen treten. Acht Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges konnte der im Schweizer Exil lebende Künstler Oskar Kokoschka als Leiter der Salzburger Sommerakademie gewonnen werden, heute die älteste ihrer Art in Europa.
Museum der Moderne – Rupertinum
Mönchsberg 32
5020 Salzburg
Austria
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