"Gordon Matta-Clark - In the Belly of Anarchitect", so der Titel der Ausstellung, bezeichnet ein Projekt, das die beiden Künstler
Pierre Huyghe & Rirkrit Tiravanija in ihrer Auseinandersetzung mit Matta-Clark und in Zusammenarbeit mit der Kunsthistorikerin Pamela M. Lee, die eine Monographie zu Matta-Clark geschrieben hat, präsentieren.
". . . Es ist die Arbeit zweier Künstler über und durch das Werk von Gordon Matta-Clark, der Versuch einer Übermittlung eines Matta-Clark-Erlebnisses in der Gegenwart. Das Projekt und die Ausstellung basieren auf einem Workshop mit Studierenden der Städelschule unter der Leitung von Hocine Bouhlou und sind somit die Fortführung der langen Tradition einer engen Verbindung von Kunst, Kochen und Architektur an der Frankfurter Hochschule für Bildende Künste.
Der Ausstellungsraum des Portikus ist verschlossen durch eine große Wand aus vor Ort gebackenen Fladenbroten, und die Besucher sind eingeladen, sich durch die Wand in den Raum hinein zu essen. Das physische Erlebnis ist Teil einer möglichen Annäherung an Gordon Matta-Clark. Im Inneren des Ausstellungsraumes sind dann über das gesamte Eröffnungswochenende eine Großzahl von Aktionen und Präsentationen geplant. Unter anderem wird Pamela M. Lee einen Vortrag unter dem Titel "The Raw and the Baked" halten, Huyghe und Tiravanija werden ein Tortenhaus teilen, es wird gebacken, gegessen und Graffiti gesprüht. Und schließlich wird bis zum Ausstellungsende eine Auswahl der Filme von Gordon Matta-Clark gezeigt.
Gordon Matta-Clark (1943-1978) hat Gebäude zerschnitten, hat Sauerstoff auf der Straße angeboten, hat in Bäumen getanzt, ist in den Himmel und in den Untergrund gestiegen, hat Grundstücke gekauft, Schweine gebraten, Fotografien in Gold fritiert, ein Restaurant betrieben und vieles mehr. Sein umfangreiches Werk, das in nur wenigen Jahren entstanden ist, umfasst architektonische und soziale Interventionen ebenso wie Performances, Skulpturen, Schriften, Zeichnungen, Fotografien und Filme und zählt zu den einflussreichsten der jüngeren Kunstgeschichte. Seine architektonischen Eingriffe und Alternativvorschläge, die von ihm selbst als Anarchitektur, von anderen als Dekonstruktionen oder Dekompositionen beschrieben wurden, haben auf besondere Weise, den architektonischen Verfall, aber auch den sozialen Wandel von urbanem Raum zum Thema gemacht. Es waren die Zwischenräume, die Matta-Clark interessierten.
Wie kann man heute das Werk von Gordon Matta-Clark angemessen vermitteln, dessen Zerstörung bereits im Schaffensprozess angelegt war und das so sehr mit den Orten und der Zeit seiner Entstehung verbunden war? Die meisten Projekte sind ausschließlich in Filmen, Fotografien und Berichten überliefert, die selbstverständlich ebenfalls als eigenständige Arbeiten des Künstlers betrachtet werden müssen, da auch der Großteil von Matta-Clarks Zeitgenossen die eigentlichen Aktionen nicht vor Ort erlebte.
In dem Pierre Huyghe und Rirkrit Tiravanija ihre eigene Arbeit um und durch die Methodik und Formensprache von Gordon Matta-Clark entwickeln, gelingt es, über den Versuch einer Vermittlung hinaus, auch die Fragen nach den Möglichkeiten von Repräsentation und Dokumentation zu stellen. Sowohl Huyghe als auch Tiravanija haben sich bereits in anderen Arbeiten auf Gordon Matta-Clark direkt oder indirekt bezogen. So hat beispielsweise Pierre Huyghe in seiner Arbeit "Light Conical Intersect" von 1996 Matta-Clarks Film "Conical Intersect" an exakt dem Ort projiziert, an dem zwanzig Jahre zuvor der Film entstanden war. Matta-Clarks Schnitt durch die Architektur wurde durch Huyghe um den Schnitt durch die Zeit erweitert. Beide Arbeiten waren jedoch nur für einen begrenzten Zeitraum sichtbar, und auch das Erlebnis des Betrachters von Huyghes Arbeit lebt heute nur in der Erinnerung und Fotografien weiter. Rirkrit Tiravanijas Arbeiten verbinden ebenfalls genau dieses Moment des Erlebnisses mit Gordon Matta-Clark. Seine Bühnen, Plattformen oder Räume, die Tiravanija als Modelle versteht, sind Angebote an die Ausstellungsbesucher, die erst und nur durch deren Handlungen und Interaktionen in ihrer Kapazität in Erscheinung treten. Tiravanijas Arbeiten sind Vorschläge, die vom Betrachter übernommen, aber auch verändert bzw. weiterentwickelt werden können. . . ." (Quelle: Presse / Portikus)
Foto: Portikus / Presse
Ausstellungsdauer: 19. Juni – 04. Juli 2004
Öffnungszeiten: Täglich außer Montag 11 - 18 | Mittwoch 11 - 20
PORTIKUS im Leinwandhaus | Weckmarkt 17 | 60311 Frankfurt am Main | Tel: +49 (69) 21998760
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Kataloge/Medien zum Thema:
Rirkrit Tiravanija
Galerie Alte Schule im Kulturzentrum Adlershof
Urban Spree Galerie
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Freundeskreis Willy-Brandt-Haus e.V.
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