Zeitlich Bezug nehmend auf das 40-jährige Bestehen der ART COLOGNE (01.-05.11.2006) setzt die diesjährige Sonderschau der Photographischen Sammlung/SK Stiftung Kultur der Sparkasse KölnBonn, die dem Bild vom Menschen in der Fotografie gewidmet ist, in den 1960er-Jahren an und führt das Thema bis in die heutige Zeit weiter. Hierbei, so schreibt Gabriele Conrath-Scholl/Claudia Schubert im Katalogtext, kommen unterschiedliche thematische, ästhetische und zeitliche Aspekte aus Bereichen wie Star- und Prominentenfotografie, Bildjournalismus, künstlerische Fotografie und street photography zum Tragen. Im Vordergrund steht der Ansatz des Dokumentarischen mit seiner sachlich-konzeptuellen Ausrichtung, die August Sander in den 1920er und 1930er Jahren so überzeugend und mit nachhaltigem Einfluss auf die Portraitphotographie formuliert hat. Die Beobachtung des Menschen und seiner Individualität, der als Person der Öffentlichkeit oder des Privaten doch zumeist in seiner Zeit und seinem Umfeld verhaftet ist, ist ein faszinierendes und weit ausgreifendes Feld, in welchem besonders dem Medium der Fotografie geradezu ideale Möglichkeiten zur Verfügung stehen.
Die Ausstellung präsentiert aus dem Bereich der Star- und Prominentenfotografie exemplarische Werke aus den 1960er bis in die 1980er-Jahre, so unter anderem von Richard Avedon (1923-2004), Anton Corbijn (*1955) und Jim Rakete (*1952) sowie eine Auswahl von Robert Lebecks (*1929) bekannten Portraits der Filmschauspielerin Romy Schneider.
Auf dem Gebiet des Bildjournalismus und der thematisch ausgerichteten
Reportage zeichnen sich die 1960er-Jahre durch eine große Vielfalt aus. Während Will McBride (*1931) authentisch wie sensibel das Lebens- und Freiheitsgefühl einer jugendlichen Generation bis ins Private hinein einfängt, hat René Burri (*1933) in seinem berühmten Fotoessay "Die
Deutschen" ein atmosphärisch dichtes Bild der Lebensbedingungen und
gesellschaftlichen Befindlichkeiten vor dem Hintergrund des Wiederaufbaus
nach dem Zweiten Weltkrieg geschaffen. Politische Ereignisse spiegeln sich
eindrücklich in den auf den Menschen konzentrierten Aufnahmen der
langjährigen Redaktionsfotografin der Frankfurter Allgemeinen Zeitung,
Barbara Klemm (*1939).
Die Verortung des Einzelnen in der Gesellschaft reflektiert das in den
1970er-Jahren begonnene und konzeptuell angelegte Portraitwerk von Gabriele
und Helmut Nothhelfer (beide *1945). Ihre Fotografien entstehen bis heute
zumeist anlässlich von öffentlichen Ereignissen, Volksfesten oder
Prozessionen. Die von den Nothhelfers erreichte bildnerische Intensität und
klare ästhetische Setzung kann als ein Verweis auf jüngere fotografische
Positionen wie jene von Bernhard Fuchs (*1971) oder Jitka Hanzlová (*1958)
betrachtet werden. Bei diesen ist die Konzentration auf eine Person
überzeugend weitergeführt worden. Dieser Ansatz schließt das Lebensumfeld
der Dargestellten zwar ein, wird aber besonders in solchen Fotografien
deutlich, die den privaten Familienkreis in Augenschein nehmen, so in
Bildern von Christian Borchert (1942-2000), Martin Rosswog (*1950) und
Thomas Struth (*1954). Sehr konsequent richtet Thomas Ruff (*1958) seine
Kamera auf das Gesicht seiner Modelle. Er adaptiert in seinen ganz auf den
Kopf und das Gesicht konzentrierten groß dimensionierten Farbfotografien das
gängige Passbildformat. Das Gesicht mit all den physiognomischen Eigenheiten
wird so zur lesbaren Fläche. Das Spannungsverhältnis von Persönlichem und
Konformem wird in den vorgestellten Werken zur Diskussion gestellt.
Einen gänzlich anderen Auftritt hat der Mensch im fotografischen Genre der
street photography. Mit Garry Winogrand (1928-1984), Lee Friedlander (*1934)
und dem weniger bekannten New Yorker Fotografen Leon Levinstein (1910-1988)
hat sie eine genuin amerikanische Ausprägung erfahren, die in Werken
internationaler Künstler wie Beat Streuli (*1957) oder Philip-Lorca diCorcia
(*1953) eine aktuelle Weiterführung findet. In ihren Aufnahmen wandelt sich
die Straße zunehmend zur Bühne.
Eine zentrale Persönlichkeit in der Portraitfotografie ist Diane Arbus
(1923-1971). Ihr OEuvre wurde vor allem durch die einfühlsame wie treffende
Darstellung von Randexistenzen bekannt, jenen, die abseits der so genannten
Normalität leben. Ihr komplexes Werk strahlt in viele Richtungen aus, und
die beunruhigende Fremdheit, die von den abgebildeten Exzentrikern und
Außenseitern ausgeht, scheint auch in Bildnissen durch, die Arbus von gut
situierten und gesellschaftlich integrierten Bürgern aufgenommen hat. Die
Dokumentation "Tulsa", 1971, von Larry Clark (*1943), eine Milieustudie des
von Drogenkonsum, Gewalt und Sexualität geprägten Lebens der Freunde des
Fotografen, zeichnet sich durch eine beeindruckende Direktheit und Offenheit
aus. Nan Goldin (*1953) wird ein Jahrzehnt später ein an Nähe und Intensität
vergleichbares Werk beginnen. Sie hält ihr eigenes Leben, ihre Freunde und
ihr New Yorker Umfeld, dort besonders Bars, Diskotheken oder die Lokale der
Transvestiten, bis in intime emotionale Momente und Situationen hinein fest.
"Portrait und Menschenbild - 1960 bis heute" ist ein Zeitspiegel, eine
Plattform, auf der sich unterschiedliche Blickwinkel treffen, auf der
historische wie formale Bezüge in Kommunikation treten und wo fotografische
Ikonen neben weniger Bekanntem neu entdeckt werden können.
Die Photographische Sammlung/SK Stiftung Kultur dankt allen Leihgebern,
Künstlern und der Koelnmesse für die gute Zusammenarbeit.
Es werden Aufnahmen gezeigt von Diane Arbus, Richard Avedon, Tina Barney,
Christian Borchert, Will McBride, René Burri, Larry Clark, Anton Corbijn,
Philip-Lorca di Corcia, Rineke Dijkstra, Ed van der Elsken, Larry Fink, Lee
Friedlander, Albrecht Fuchs, Bernhard Fuchs, Nan Goldin, Jitka Hanzlová,
Sarah Jones, Barbara Klemm, Robert Lebeck, Stefan Moses, Nicholas Nixon,
Gabriele und Helmut Nothhelfer, Jim Rakete, Dirk Reinartz, Judith Joy Ross,
Martin Rosswog, Thomas Ruff, Rosalind Solomon, Michael Schmidt, Joel
Sternfeld, Beat Streuli, Thomas Struth, Jürgen Teller, Wolfgang Tillmans,
Garry Winogrand.
Presseteam Kunst & Kultur
Dirk Mangold Gaby Nohl
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