Es gibt nur sehr wenige Künstlerinnen wie Maria Eichhorn, deren Werke eine so ungemein strenge konzeptuelle Ausstrahlung und gleichzeitig mitunter einen feinsinnigen Humor
besitzen, mit dem es ihr immer wieder gelingt zu überraschen. Mit visuell minimalen Gesten, Eingriffen und raumgreifenden Werken analysiert Maria Eichhorn nachhaltig
irritierend gesellschaftlich geprägtes Verhalten sowie politische und ökonomische Zusammenhänge. Ihre besondere Aufmerksamkeit richtet sie häufig auch auf das
System der Kunst. Ein beredtes Beispiel für diese Vorgehensweise ist ihr Beitrag für die Documenta11 in Kassel (2002). Hierfür gründete sie mit ihrem Produktionsetat
eine Aktiengesellschaft, deren besonderer Status vorsieht, dass ihr Kapital nicht vermehrt werden darf. Da die Aktien an die Gesellschaft selbst übertragen wurden, diese also sämtliche ihrer Aktien besitzt, wird hier der Eigentumsbegriff aufgelöst. Diese Festlegung steht in diametralem Gegensatz zu dieser ansonsten primär auf Gewinnorientierung ausgerichteten Gesellschaftsform. Mit den ausgestellten Dokumenten zur Entstehung und Fortführung ihrer Documenta-Arbeit sowie der Einlage von 50.000 EUR, deren Bündel von 100 nagelneuen 500-EUR-Scheinen sie säuberlich gestapelt in einer Wandvitrine präsentiert, entwirft Maria Eichhorn einen ästhetisch eindrücklichen
Kommentar zum Verhältnis von Kunst und Ökonomie. Ähnlich wie andere Werke der Künstlerin wird auch Maria Eichhorn Aktiengesellschaft der jeweiligen Ausstellungssituation
angepasst. In diesem Zusammenhang berücksichtigt sie in Bregenz nicht nur die architektonischen Gegebenheiten, sondern erweitert die Arbeit um die Unterlagen, die
seit der letzten Präsentation im Van Abbemuseum in Eindhoven (2007 — 2010) im Zusammenhang mit der Erhaltung und Verwaltung der Gesellschaft hinzugekommen sind.
Wie breit ihr künstlerisches Spektrum ist, veranschaulicht auch ihre 1999 begonnene Arbeit Filmlexikon sexueller Praktiken, für die bisher elf Filme mit Titeln wie
Brustlecken, Cunnilingus, Zungenkuss und Knutschfleck entstanden sind. Zu sehen ist in den weniger als 3- minütigen 16-mm-Filmen in detaillierter Nahaufnahme die
jeweils durch den Titel bezeichnete Handlung. Im Rahmen der Präsentation wählt die Besucherin beziehungsweise der Besucher aus einer an der Wand angebrachten Liste
aller Filmtitel jeweils einen aus, der dann eingelegt und abgespielt wird. Gesellschaftliche Normen werden mit diesem erst durch die Wahl des Betrachters aktivierten Werk
ebenso thematisiert wie grundsätzliche Verhaltensnormen innerhalb des Ausstellungskontexts.
Eichhorns Arbeit Vorhang von 1989 ist ebenfalls ein auf lange Zeit angelegtes Serienformat. Bis heute umfasst sie insgesamt zehn Vorhänge, deren Anzahl und Farben zwar
schon zu Beginn feststanden, die aber erst im Laufe der folgenden zwölf Jahre nach und nach realisiert wurden. In ihrer Ausstellung im Kunsthaus Bregenz wird aus dieser
Serie der in Denim ausgeführte Vorhang eine der knapp 20 Meter langen und über 4 Meter hohen Wände vollständig verhüllen. Integraler Bestandteil der Präsentation des
Jeansvorhangs sind Vorträge zur Anti-Atomkraft-Bewegung und eine Bibliothek zu diesem Thema.
Die Ausstellung von Maria Eichhorn in Bregenz präsentiert neben den Aktualisierungen einiger ihrer bekanntesten Werke wie Maria Eichhorn Aktiengesellschaft, Filmlexikon
sexueller Praktiken und Vorhang (Denim) | Vorträge von Yuko Fujita, Mika Ohbayashi, Hildegard Breiner auch eine neue, speziell für Bregenz entstandene Arbeit. Bei aller
Rationalität, die ihre Werke auf den ersten Blick zu bestimmen scheint, gibt es nicht selten Momente, die emotionale oder irrationale Fragen aufgreifen, sei es das Verhältnis
des Menschen zu Geld, Sexualität oder — wie bei ihrer neuen, für Bregenz entstandenen raumgreifenden Arbeit — das Auffinden von Wasser mithilfe von Pendeln und Wünschelruten.
Denn was im dritten Stockwerk auf den ersten Blick wie eine Bodenarbeit in der Tradition der Minimal Art aussieht, entpuppt sich bei genauerer Betrachtung als das Ergebnis des Vermessens unterschiedlicher Phänomene wie Erd-, Wasser- und anderer Strahlungen.
Nach Einzelausstellungen in renommierten Institutionen — unter anderem in der Schweiz, in Deutschland, den Niederlanden, Spanien, Japan und Kanada — ist die Präsentation
im Kunsthaus Bregenz die erste große Schau von Maria Eichhorn in Österreich.
Kunsthaus Bregenz
http://www.kunsthaus-bregenz.at/
KUB Arena
Sung Hwan Kim | dogr
I will dress you, howl bowel owl
10. Mai bis 06. Juli 2014
Das Werk des in Korea geborenen und in New York lebenden Sung Hwan Kim positioniert sich leichthändig und verführerisch an der Schnittstelle zwischen Realität und Fiktion.
Kim ist ein Geschichtenerzähler, dessen Erzählungen aus einer unverwechselbaren Melange aus Filmen, Skulpturen, Poesie, Architektur, Musik, Performances und Kostümierungen
gewebt sind. Der Künstler selbst nimmt parallel die Rollen des Autors, Regisseurs und Performers ein, und sein Werk kulminiert in visuell eindrücklichen und doch
intimen Installationen, die komplexe Problematiken ansprechen, wie zum Beispiel das Thema kulturelles Erbe und queere Identität.
Kims Projekt in der KUB Arena beginnt mit dem Audiostück howl bowel owl, das er unlängst während eines Sabbaticals konzipierte. In seiner atmosphärischen Audioerzählung -
in Zusammenarbeit mit dem Musiker David Michael DiGregorio alias dogr als Hörspiel für den Bayerischen Rundfunk produziert — benutzt Kim stilistische Mittel wie
Nachahmung, Wiederholung, Reim und Rhythmus, wobei ihm unter anderem die Werke des Dichters Rainer Maria Rilke als Inspirationsquelle dienten. In howl bowel owl
setzt Kim ein poetisches Stilmittel ein, das er einigen Rilke- Gedichten entlehnt, wobei Worte aufgrund eines ähnlichen Klangs zueinander in Beziehung gesetzt werden — weniger
aus streng inhaltlichen Gründen. Kims Interesse an Rilke entwickelte sich aus der Lektüre von Gaston Bachelards philosophischem Werk Poetik des Raumes. Ein zentraler
Aspekt von Bachelards Vorstellung von Poetik ist das Bild eines Raumes im menschlichen Bewusstsein für Erinnerungen und Fantasievorstellungen. Kims Werk reflektiert Rilkes
Faszination für Träume, Geschichten, Mythen und ihre Überführung in Sprache und Form.
Die KUB Arena wird zur Plattform für Kims Erforschung der Möglichkeiten, die in den immateriellen Mitteln Licht und Ton gegeben sind. Nicht nur das visuelle, sondern auch
das sinnbildliche Potenzial von Techniken der Bühnenbeleuchtung im Theater fügt dem Werk howl bowel owl eine völlig neue Dimension der Wahrnehmung hinzu. Mit sowohl
intellektuellen als auch emotionalen Mitteln wird sich die KUB Arena in eine hypnotische visuelle und akustische Landschaft verwandeln, in der sich Kims Hörstück entfaltet
und in der die Ausstellungsbesucher Beobachter und aktive Mitspieler in seiner allumfassenden Installation sein können.
Das mit Unterstützung und unter Mitwirkung der Firma Zumtobel realisierte Lichtdesign ermöglicht es Kim, mit Lichttechnologie und verschiedenen Beleuchtungstechniken
zu experimentieren und so unterschiedliche Situationen für diverse Gastperformer zu erzeugen, in denen sich diese mit dem Umfeld der KUB Arena auseinandersetzen können.
Sung Hwan Kim studierte zunächst Architektur an der Seoul National University, anschließend folgte ein BA in Mathematik und Kunst am Williams College, Williamstown
(2000), sowie ein Master of Science in Visual Studies am MIT, Cambridge und ein Gastaufenthalt an der Rijksakademie in Amsterdam (2004 — 2005). Kims Interesse an
Architektur kommt deutlich in seinen Installationen, in denen er Räume, Bilder und Ton zu einem Gesamterlebnis kombiniert, zum Ausdruck. Nach jüngsten Einzelausstellungen
in der Kunsthalle Basel (2011), dem Queens Museum, New York (2011), dem Haus der Kunst, München (2010), und dem Witte de With, Center for Contemporary Art,
Rotterdam (2009), ist die Präsentation in der KUB Arena seine erste Einzelausstellung in Österreich.
Öffnungszeiten
Dienstag bis Sonntag 10 — 18 Uhr
Donnerstag 10 — 21 Uhr
Christi Himmelfahrt, 29. Mai 10 — 21 Uhr
Pfingstmontag, 9. Juni 10 — 18 Uhr
Fronleichnam, 19. Juni 10 — 21 Uhr
Kunsthaus Bregenz
Karl-Tizian-Platz
6900 Bregenz
Österreich
T +43-5574-485 94-0
http://www.kunsthaus-bregenz.at/
Pressemitteilung
Kataloge/Medien zum Thema:
Maria Eichhorn
Haus am Kleistpark
Kommunale Galerie Berlin
GEDOK-Berlin e.V.
Haus am Kleistpark
Stiftung Kunstforum Berliner Volksbank