UNSTERN. SINISTRE. DISASTRO. Visionen zeitgenössischer Künstler
Makoto Aida (JP) | Liz Bachhuber (DE) | Roddy Bell (NO) | Patricia Bueno (PE) |Franco Cilia (IT) | Christoph Draeger (CH) & Heidrun Holzfeind (A) | Tom Fecht (DE) | Peter Hutton (US) | Elke Marhöfer (DE) | Jonas Mekas (US) | Tracey Moffatt (AU) | Fayez Nureldine (DZ) | Jörg Ollefs (DE) | Adrian Paci (AL) | Walter Sachs (DE) | Henrik Schrat (DE) |Xu Tan (CN) | Muhammad Zeeshan (PK)
Befinden sich Sterne in ungünstiger Konstellation, steht Schlimmes zu befürchten, so die Lebensregel. «Unstern!» verkündet solches Unheil. Katastrophen-Darstellungen haben stets Konjunktur in den Künsten gehabt, nicht erst seit Wagners «Götterdämmerung». Während Politiker mögliche «Unsterne» gern verschleiern, widmen sich Künstler diesem Thema mit größter Lust. Sie verwandeln die ACC Galerie Weimar in ein labyrinthisches, nahezu auswegloses Sternobyl, einen parcours désastreux durch unwegsames, von ungünstigen Sternen übersätes Kunstgelände. Franz Liszts dreisprachiger Originaltitel eines späten Klavierstücks «Unstern. Sinistre. Disastro.» gibt auch den Titel der Ausstellung, wobei die Farben bevorstehenden Unheils durchs «Finstere» des Französischen und das «Desaströse» des Italienischen noch verstärkt werden. Dass der «Stern» eines Menschen oder einer Gruppe «sinken» kann, lehrt die Erfahrung und bedingt den (Aber-)Glauben an einen «Unstern» wohl seit Menschengedenken. Was die Sterndeuter, Auguren und Warner für die Königshöfe des Mittelalters und der Renaissance waren, leisten heute unsere «Apocalypse Now»-Filme im Kino. Und nichts Aufregenderes im Alltag, als endlich Zeuge eines Unfalls zu werden! Angstlust heißt der Begriff in der Psychologie, der verständlich macht, warum das so ist - Angstlust ist zugleich Angstabwehr. Dem Anderen geschieht das Unglück, ich bleibe heil, bin noch einmal davongekommen.
Die Lust am Katastrophischen, dem Unter - keinem - guten - Stern - Stehen und die Faszination für Verderben, Abgründe und Unglücksfälle gehören zu unserer anthropologischen Mitgift, sind aus unserem psychischen Haushalt nicht wegzudenken. Am «beliebtesten» sind zweifellos die großen sozialen Katastrophen, die Man Made Disasters (9/11, Kriege, Hungersnöte) und die Bilder vom Untergang ganzer Völkerschaften, aber auch spektakuläre Naturkatastrophen - vom Untergang Pompejis über das Erdbeben von Lissabon bis zu den Tsunamis unserer Tage. Wir genießen die Schauder, die sie auslösen. Ob sie «der Menschheit bestes Teil» sind, wie Goethes Faust behauptete, entscheidet sich allerdings erst, wenn solche Schauder unsere Selbstheilungskräfte mobilisieren, zu Vernunft und Umkehr anregen. Katastrophen galten in der Antike als Strafe für die Hybris der Menschen, als Rache der Natur oder zürnender Götter. Ist eine solche Einschätzung aber nicht selbst schon Hybris? Hat «die Welt» denn überhaupt Interesse an uns? Und wie steht es um das Interesse an uns selbst, wie um den «Unstern» von Menschenhand…?
Eine Ausstellung vom «pèlerinages» Kunstfest Weimar in Kooperation mit der ACC Galerie Weimar. Mit freundlicher Unterstützung der Sparkassenstiftung Weimar - Weimarer Land, der Sparkassen-Kulturstiftung Hessen-Thüringen und des Förderkreises der ACC Galerie Weimar. Gefördert durch das Thüringer Kultusministerium und die Stadt Weimar.
Abbildung:
- Tom Fecht, Arena (Portrait Victoria Chaplin einhändig am Hochseil), Paris 1997
24. August bis 2. November 2008
Eröffnung: 23. August 2008, 15:00
ACC Galerie Weimar, Burgplatz 1+2, 99423 Weimar
Tel 03643-851261, Fax 03643-851263,
galerie@acc-weimar.de
täglich 12:00 bis 18:00, Fr + Sa bis 20:00
Eintritt 3 EUR | ermäßigt 2 EUR | Tafelpass 1 EUR
Führungen So 15:00 sowie nach Voranmeldung
Anmeldung von Führungen und Gruppen unter 03643-811410
kunstfest-weimar.de
Kataloge/Medien zum Thema:
Pèlerinages
a.i.p. project - artists in progress
ifa-Galerie Berlin
Galerie Johannisthal
Freundeskreis Willy-Brandt-Haus e.V.
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