Lachen auf hohem Niveau: "Slapstick! Alÿs, Bock, Chaplin, Hein, Laurel & Hardy, Keaton, Matta-Clark
Ausstellungsbesprechung:
Eingabedatum: 20.01.2014

Der Slapstick als Archetyp des Humors schafft Distanz und gleichzeitig menschliche Nähe. Eine Ausstellung im Kunstmuseum Wolfsburg widmet sich nun dem Phänomen und stellt vertraute Filmklassiker modernen künstlerischen Positionen gegenüber.
Torten fliegen durch die Luft, klatschen in Gesichter, landen auf Abendgarderoben und festlich gedeckten Tischen. Wie bei einem Slapstick aus vergangenen Zeiten, bewerfen sich die Protagonisten des Ein-Kanal-Videos Tortenschlacht (2003) dreizehn Minuten lang mit 800 kg Backkunst – mit sichtlichem Vergnügen. Alexey Koschkarow, 1972 in Minsk geborener und heute in New York lebender Künstler, reagiert mit seinem Film auf einen Klassiker der Stummfilme: The Battle of the Century (1927) mit Stan Laurel & Oliver Hardy in der legendären Sahnetorten-Straßenschlacht. Die Fähigkeit, über sich und andere zu lachen ist hier die Verbindung, Lachen ein Stück Anarchie.
Ursprünglich bezeichnete der Slapstick ein einfaches Theaterrequisit, das ein Schlaggeräusch imitierte, später das Genre einer kleinen Komödie. Insgesamt zehn bekannte Ausschnitte aus Stummfilmen, vorwiegend aus den 1920er und 30er Jahren, stehen im Mittelpunkt der aktuellen Ausstellung in Wolfsburg. Ausgewählte Schlüsselsequenzen mit Buster Keaton, Harold Lloyd oder Laurel & Hardy tragen die Charakteristika des Slapsticks bis in die Gegenwartskunst.
Wilfredo Prieto, Grasa, Jabón y Plátano, 2006, Fett, Seife und Bananenschale, Durchmesser: ca. 25 cm, Sammlung Jesús Villasante, Courtesy Annet Gelink Gallery, Amsterdam und NoguerasBlanchard, Barcelona
In einem lockeren Ausstellungsparcours arrangierten die Kuratorin Dr. Ute Ruhkamp und ihr Team Objekte, Installationen, Fotografien und Filme. Es ist ein Schlendern zwischen Tortenschlachten, Missgeschicken und kleinen Alltagskatastrophen, wie einer auf der Straße liegenden Bananenschale. Hier ist diese mitten im Raum platziert, wird täglich ausgewechselt und ist mit Fett und Seife zu einem Objekt geschichtet. Der Spanier Wilfredo Prieto (*1978) zitiert mit Grasa, Jabón y Plátano (2006) ein ebenfalls sehr beliebtes Motiv des Slapstick, spielt mit der Aufmerksamkeit der Besucher.
Seit Jahrzehnten bringen Szenen wie der Filmausschnitt aus Gold Rush (1925), in dem der weltberühmte Charlie Chaplin in aller Ruhe und Selbstverständlichkeit einen Lederschuh verspeist, die meisten Menschen zum Lachen. Auch die beschichteten Bänke aus Stahl des niederländischen Künstlers Jeppe Hein (*1974) rufen ein Schmunzeln hervor. Die Objekte der Serie Modified Social Bench wirken wie Spielzeuge für Riesen, die üblichen Proportionen und Konventionen sind aufgehoben. Die Besucher müssen sich aktiv mit dem Sitzmöbel auseinandersetzen, eine Position finden. Hein belegt seine Objekte mit einem sozialen Statement und fordert spielerisch auf, innerhalb der gesellschaftlichen Dynamiken eine individuelle Haltung zu finden und einzunehmen.
Blick in die Ausstellung, Vorne: Timm Ulrichs, (TU/S 20), Der erste sitzende Stuhl (nach langem Stehen sich zur Ruhe setzend), 1970, weiß lackiertes Holz mit 2 Scharnieren, Ed. 156/250, 90 x 45 x 45 cm, Courtesy Wentrup Berlin und der Künstler, © VG Bild-Kunst, Bonn 2013. Hinten v. l. n. r.: Bruce Nauman, Bouncing in the Corner, No.1, 1968, Video, s/w, Ton, 59:39 min. Bouncing in the Corner, No. 2, 1969, Video, s/w, Ton, 59:58 min., beide Werke: Kunstmuseum Wolfsburg, © VG Bild-Kunst, Bonn 2013. Foto: Marek Kruszewski.
Und so wird der Rundgang durch die Ausstellung zu einer amüsanten Reflexion über Körperreaktionen, Balance und Rhythmik. Sehr treffend beschrieben von Peter Fischli (*1952) und David Weiss (*1952-2012), die ihrem Video Der Lauf der Dinge (1987) den Satz gegenüberstellen: "Am schönsten ist das Gleichgewicht, kurz bevor´s zusammenbricht!"
Kunstmuseum Wolfsburg
Hollerplatz 1
38440 Wolfsburg
kunstmuseum-wolfsburg.de
Torten fliegen durch die Luft, klatschen in Gesichter, landen auf Abendgarderoben und festlich gedeckten Tischen. Wie bei einem Slapstick aus vergangenen Zeiten, bewerfen sich die Protagonisten des Ein-Kanal-Videos Tortenschlacht (2003) dreizehn Minuten lang mit 800 kg Backkunst – mit sichtlichem Vergnügen. Alexey Koschkarow, 1972 in Minsk geborener und heute in New York lebender Künstler, reagiert mit seinem Film auf einen Klassiker der Stummfilme: The Battle of the Century (1927) mit Stan Laurel & Oliver Hardy in der legendären Sahnetorten-Straßenschlacht. Die Fähigkeit, über sich und andere zu lachen ist hier die Verbindung, Lachen ein Stück Anarchie.
Ursprünglich bezeichnete der Slapstick ein einfaches Theaterrequisit, das ein Schlaggeräusch imitierte, später das Genre einer kleinen Komödie. Insgesamt zehn bekannte Ausschnitte aus Stummfilmen, vorwiegend aus den 1920er und 30er Jahren, stehen im Mittelpunkt der aktuellen Ausstellung in Wolfsburg. Ausgewählte Schlüsselsequenzen mit Buster Keaton, Harold Lloyd oder Laurel & Hardy tragen die Charakteristika des Slapsticks bis in die Gegenwartskunst.
In einem lockeren Ausstellungsparcours arrangierten die Kuratorin Dr. Ute Ruhkamp und ihr Team Objekte, Installationen, Fotografien und Filme. Es ist ein Schlendern zwischen Tortenschlachten, Missgeschicken und kleinen Alltagskatastrophen, wie einer auf der Straße liegenden Bananenschale. Hier ist diese mitten im Raum platziert, wird täglich ausgewechselt und ist mit Fett und Seife zu einem Objekt geschichtet. Der Spanier Wilfredo Prieto (*1978) zitiert mit Grasa, Jabón y Plátano (2006) ein ebenfalls sehr beliebtes Motiv des Slapstick, spielt mit der Aufmerksamkeit der Besucher.
Seit Jahrzehnten bringen Szenen wie der Filmausschnitt aus Gold Rush (1925), in dem der weltberühmte Charlie Chaplin in aller Ruhe und Selbstverständlichkeit einen Lederschuh verspeist, die meisten Menschen zum Lachen. Auch die beschichteten Bänke aus Stahl des niederländischen Künstlers Jeppe Hein (*1974) rufen ein Schmunzeln hervor. Die Objekte der Serie Modified Social Bench wirken wie Spielzeuge für Riesen, die üblichen Proportionen und Konventionen sind aufgehoben. Die Besucher müssen sich aktiv mit dem Sitzmöbel auseinandersetzen, eine Position finden. Hein belegt seine Objekte mit einem sozialen Statement und fordert spielerisch auf, innerhalb der gesellschaftlichen Dynamiken eine individuelle Haltung zu finden und einzunehmen.
Und so wird der Rundgang durch die Ausstellung zu einer amüsanten Reflexion über Körperreaktionen, Balance und Rhythmik. Sehr treffend beschrieben von Peter Fischli (*1952) und David Weiss (*1952-2012), die ihrem Video Der Lauf der Dinge (1987) den Satz gegenüberstellen: "Am schönsten ist das Gleichgewicht, kurz bevor´s zusammenbricht!"
Kunstmuseum Wolfsburg
Hollerplatz 1
38440 Wolfsburg
kunstmuseum-wolfsburg.de
Quelle: Dr. Barbara Borek






