Sherman zählt zu den wichtigsten Vertreterinnen der inszenierten Fotografie. Sie thematisiert in ihrem Werk Fragen von Identität, (Geschlechter)-Rollen und Körperlichkeit und bedient sich dabei fast ausschliesslich ihrer eigenen Person. Zum ersten Mal in Zürich zeigt das Kunsthaus eine umfassende Einzelausstellung dieser nach Andy Warhol bedeutendsten Künstlerin der filmischen und fotografischen Selbsterforschung.
Bereits 1975 entstanden Cindy Shermans erste Werke. Diese noch vor den berühmten «Untitled Film Stills» (1977-1980) entstandenen Fotografien produzierte die Künstlerin bei sich zu Hause mit Selbstauslöser und thematisierte damit bereits die für ihr Schaffen zentralen Themen von Identität und Rollenspiel. Eine Auswahl dieser frühen, bisher nur selten gezeigten Werke wird in der Ausstellung «Cindy Sherman – Untitled Horrors» ebenso zu sehen sein wie die neusten, monumentalen Arbeiten, die ganze Wände bedecken. Technisch und formal lehnt sich Sherman an Charakteristika der Werbung, des Kinos oder der klassischen Malerei an. In diesen gestalterischen Grenzen hat sie sich eine hohe Beweglichkeit erhalten.
DAS BEDROHLICHE IM ZENTRUM VON «UNTITLED HORRORS»
Im Mittelpunkt des vom Kunsthaus gemeinsam mit der Künstlerin zusammengestellten Überblicks steht das Bedrohliche und Groteske. Die Retrospektive trägt den Untertitel «Untitled Horrors». Er verweist einerseits auf die inhaltliche Ausrichtung der Schau, spielt andererseits aber auch mit der Tatsache, dass Cindy Sherman ihre Fotos immer mit «Untitled» bezeichnet. Die Künstlerin lässt die Lesart der Bilder offen und lädt stattdessen die Betrachter ein, die in den Bildern angelegten Geschichten selber zu entwickeln und sich einen Titel auszudenken.
INSGESAMT ÜBER 100 WERKE
Alle Schlüsselwerke aus den verschiedenen Schaffensperioden von Cindy Sherman werden in der Ausstellung zu sehen sein: Ikonische Werke aus der Frühphase, wie die berühmte «Untitled Film Stills»-Serie, die an Standbilder des italienischen Neorealismus sowie an den amerikanischen Film Noir erinnern, treffen beispielsweise auf spätere Fotografien der «Hollywood/Hampton Types» (2000-2002), oder die «Clowns» (2003-2004) auf die «Sex Pictures»-Serie (1992). Diese Gegenüberstellungen zeigen, wie die Künstlerin über viele Jahre hinweg mit einer beeindruckenden Konsistenz grundlegende Fragen der menschlichen Existenz thematisiert und dabei formal immer wieder neue Wege beschreitet. Die von Mirjam Varadinis kuratierte und in Kooperation mit dem Astrup Fearnley Museet, Oslo, und dem Moderna Museet, Stockholm entstandene Präsentation folgt keiner linear-chronologischen Hängung, sondern wird mit unerwarteten Kombinationen einen frischen Blick auf das Schaffen dieser wichtigen Künstlerin eröffnen.
UNTITLED HORRORS AUCH ALS BUCH
Ebenso neue Wege geht auch die Publikation, die zur Ausstellung erscheint. Sie ist kein klassischer Katalog mit kunsthistorischen Texten. Stattdessen wurden Künstler und Schriftsteller aus Europa und den USA eingeladen, von Cindy Shermans Kunst ausgehend Texte zu schreiben, die das Werk in Beziehung zu Literatur, Musik, Schauspiel und Film stellen. Miranda July (Künstlerin, Schauspielerin), Lars Norén (Dramatiker, Lyriker), Sara Stridsberg (Journalistin), Sjón (Musik-Texter, Künstler) sowie die Schriftsteller Sibylle Berg, Karl Ove Knausgård und Kathy Acker sind mit Beiträgen in der bei Hatje Cantz erschienenen Publikation (232 Seiten, 135 Abbildungen) vertreten. Das Buch ist für CHF 49.- im Kunsthaus-Shop und im Buchhandel erhältlich.
ANGEBOTE DER KUNSTVERMITTLUNG
Shermans Bildsprache lässt niemanden unberührt. Um den Austausch mit den Besuchern zu fördern, entwickelt das Kunsthaus zur Ausstellung eigens eine App. Diese erlaubt dem Besucher aktiv zu werden – Kommentare zu hinterlassen und die Rolle des rein konsumierenden Besuchers zu verlassen. Zusätzlich dazu findet das von Kunst- und Theaterpädagoginnen entwickelte Vermittlungsprogramm «Menschenbilder» statt. Dieses Angebot aus der Reihe «Sommerwerkstatt» richtet sich an alle Generationen und vertieft den von Shermans Werken ausgehenden Diskurs mithilfe von Gemälden und Skulpturen aus der Sammlung des Kunsthauses.
Kunsthaus Zürich
Heimplatz 1
CH–8001 Zürich
kunsthaus.ch
Pressemitteilung
Kataloge/Medien zum Thema:
Cindy Sherman
Galerie im Tempelhof Museum
tunnel 19
Galerie HOTO
Verein Berliner Künstler
Galerie Parterre Berlin