2016 ging der Hans-Molfenter-Preis der Landeshauptstadt Stuttgart an Tino Sehgal. Anlässlich dieser Auszeichnung wird der Künstler nun eine Ausstellung im Kunstmuseum Stuttgart realisieren.
Mit seinen Arbeiten, die er »konstruierte Situationen« nennt, erprobt Tino Sehgal (*1976 in London, GB, lebt in Berlin, DE) einen neuartigen Ansatz live aufgeführter Kunst. Im Kunstmuseum Stuttgart wird Sehgal mit der Ausstellung auf den besonderen Standort des Museums im Herzen der Innenstadt reagieren. In unterschiedlichen Choreografien werden Akteure den öffentlichen Bereich vor dem Museum, das Foyer des Kunstmuseum Stuttgart und das museale Areal vor den Sammlungsräumen miteinander verbinden. Nach einer Ausstellung 2002 im Württembergischen Kunstverein ist es für den Künstler die zweite Präsentation in seiner Heimat, denn seine Jugend verbrachte er in Böblingen und Sindelfingen.
Soziale Interaktion, Tanz und Gesang sind die wesentlichen Elemente von Sehgals Werk. Die Arbeiten werden zwar vom Künstler präzise konzipiert und die Akteure akribisch eingewiesen, doch die Situationen entwickeln zumeist eine Eigendynamik, reagieren auf den Ort und die Besucher. In der Stuttgarter Präsentation werden die einzelnen Werke des Künstlers darüber hinaus zu Szenen oder Momenten, die sich – in Reaktion auf die spezifischen Umstände, wie etwa die Tageszeit, die Anzahl der Besucher oder die situative Stimmung – immer wieder neu transformieren und ineinander übergehen. Anstelle von autonomen Werken, die durch ebenso distinkt gedachte Besucher wahrgenommen werden, schafft Tino Sehgal damit lebendige soziale Situationen, die darauf zielen, Subjekt-Objekt-Dualismen in Frage zu stellen, auf denen das moderne Verständnis von Kunst und das westliche Denken wesentlich beruhen: Modalitäten der Trennung, die sich im Konzept des autonomen Individuums ebenso manifestieren wie in der Vorstellung von der Autonomie der Kunst.
Aufgeführt von: Alexandre Achour, Margherita D'Adamo, Descha Daemgen, Sandhya Daemgen, Nestor Garcia Diaz, Josh Johnson, Leah Katz, Justin Kennedy, Liz Kinoshita, Florian Lenz, Davide de Lillis, Thomas Proksch, Claire Vivianne Sobottke, Lizzie Sells und Cathy Walsh.
2005 gestaltete Sehgal zusammen mit Thomas Scheibitz den deutschen Pavillon bei der Biennale in Venedig. 2012 nahm er an der dOCUMENTA (13) teil. 2013 wurde er mit dem Goldenen Löwen der Venedig-Biennale ausgezeichnet. Seine Werke wurden in zahlreichen internationalen Museen präsentiert: 2007 im Walker Art Center, Minneapolis, USA, 2009 im Kunsthaus Zürich, CH, 2010 im Guggenheim Museum, New York, USA, 2012 in der Tate Modern, London, GB, 2013 im Ullens Center, Beijing, CHN, 2014 in der Pinacoteca in São Paolo, 2015, BRA, im Martin-Gropius-Bau, Berlin, DE, 2016 im Palais des Tokyo, Paris, FR, und 2017 in der Fondation Beyeler, Basel, CH.
Der mit 16.000 Euro dotierte Hans-Molfenter-Preis zeichnet seit 1983 – anfangs alle zwei Jahre, seit 1995 alle drei Jahre – herausragende Künstlerinnen und Künstler aus, die mit der Stadt Stuttgart und der Region verbunden sind. Finanziert wird der Preis aus dem nachgelassenen Vermögen des Stuttgarter Malers Hans Molfenter (1884–1979).
Bisherige Preisträger sind: 1983 Ben Willikens - 1985 Hans Schreiner - 1987 K.R.H. Sonderborg - 1989 Horst Antes - 1991 Anton Stankowski - 1993 Günter Behnisch - 1995 Walter Stöhrer - 1998 Dieter Krieg - 2005 Rebecca Horn - 2008 Joan Jonas - 2011 Georg Winter - 2016 Tino Sehgal
Der Hans-Molfenter-Preis wird von der Landeshauptstadt Stuttgart vergeben.
Stiftung Kunstmuseum Stuttgart gGmbH
Kleiner Schlossplatz 13,
D - 70173 Stuttgart
Internet: kunstmuseum-stuttgart.de
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